Hamburg. Wissenschaftsrat: Geistes- und Sozialwissenschaften an der Universität sollten Englisch als Unterrichtssprache einführen.

Donald Trump ist in diesen Tagen allgegenwärtig. So führt auch Universitätspräsident Dieter Lenzen den neuen amerikanischen Präsidenten als Beleg dafür an, wie wichtig die Geistes- und Sozialwissenschaften für die Gesellschaft seien, nachdem „Unterkomplexität vielfach zur Regel“ zu werden drohe. Und an der Universität Hamburg sind die Geistes- und Sozialwissenschaften, so die frohe Botschaft, recht gut aufgestellt.

Durchaus gutes Zeugnis

Vor einem Jahr hatte der Wissenschaftsrat, eines der wichtigsten Hochschul-Beratungsgremien in Deutschland, die mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Fachbereiche in Hamburg untersucht. Daraufhin beauftragte ihn die Wissenschaftsbehörde, auch die geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereiche unter die Lupe zunehmen, denen CDU-geführte Vorgängersenate wenig Potenzial zugebilligt hatten. Der Wissenschaftsrat stellt den Geistes- und Sozialwissenschaften nun ein durchaus gutes Zeugnis aus.

In den vergangenen zehn Jahren hätten sie sich teils sehr gut entwickelt, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgruppe des Wissenschaftsrats, Prof. Jörg Rüpke von der Universität Erfurt, am Montag bei der Vorstellung eines Gutachtens. Er nennt etwa den Forschungsbereich Manuskriptkulturen oder die Beteiligung von Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern am Exzellenzcluster zur Klimaforschung. Als charakteristische Stärke der Universität sehen die Experten die Interdisziplinarität, also die fächerübergreifende Zusammenarbeit, in der Forschung, die große Fächervielfalt und eine Lehre, die hochschulweit durch die Breite des Angebots und die Vielzahl an Kombinationsmöglichkeiten geprägt ist.

Bessere Positionierung angemahnt

Herausstechend sei auch die Internationalität der Universität. Das sollte Anlass sein, so die Empfehlung, darüber nachzudenken, im Masterbereich Englisch als Unterrichtssprache einzuführen. Gleichwohl sieht das Expertengremium in einigen Bereichen Verbesserungsbedarf: So müsse sich die Universität in den Geistes- und Sozialwissenschaften mit einer klareren Gesamtstrategie aufstellen. Erforderlich sei „die Entwicklung eines differenzierten Gesamtprofils“, mit der sich die Uni in der deutschen und internationalen Hochschullandschaft deutlicher positioniere. Der Wissenschaftsrat konstatiert, dass die Geistes- und Sozialwissenschaften insgesamt noch zu wenig sichtbar hinsichtlich ihrer Forschungsleistung sind und das Profil der Universität noch nicht stark genug prägen.

Input-Output-Quote bei 53 Prozent

Intensiv gesprochen werden müsse auch darüber, ob es nicht zu viele kleine Fächer in diesem Bereich an der Universität gebe. So sollte die große Spezialisierung einiger geisteswissenschaftlicher Fächer im Bachelor-Studium gesenkt werden. „Volluniversität heißt nicht, dass man schlichtweg alle Fächer hat.“ Rüpkes Fazit: „Die Geistes- und Sozialwissenschaften haben sich auf den Weg gemacht, aber sie sind diesen Weg auch erst zur Hälfte gegangen.“ Offenbar schließt allerdings nur etwa jeder zweite, der in Hamburg ein geistes- oder sozialwissenschaftliches Studium beginnt, diesen Studiengang auch in der Hansestadt ab. So lag die sogenannte Input-Output-Quote, die das Verhältnis von Bachelor-Studienanfängern und Absolventen zu einem bestimmten Zeitpunkt angibt, im Wintersemester 2015/16 bei 53 Prozent. Das ist insoweit bemerkenswert, als die Universität hierzu in der Vergangenheit nur wenig Angaben gemacht hat.

Auch die erwähnte Quote ist nur bedingt aussagefähig, da sie keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob ein Student das Fach oder den Studienort gewechselt oder tatsächlich das Studium abgebrochen hat. Dazu wäre es notwendig, den Studienverlauf bei einer Gruppe von Studenten über vier Jahre zu verfolgen. Das ist erst jetzt nach einer gesetzlichen Änderung von Datenschutzrichtlinien möglich. Präsident Lenzen kündigte an, dass eine entsprechende Untersuchung nach der Gesetzesänderung jetzt an der Universität Hamburg starte – Ergebnisse gibt es allerdings erst in vier Jahren. Eine Studienerfolgsquote von nur 53 Prozent deute allerdings „trotz ihrer eingeschränkten Aussagekraft auf Probleme im Studienverlauf hin“, gibt der Wissenschaftsrat der Universität in seinem Gutachten bereits mit auf den Weg.

Geistes- und Sozialwissenschaften hätten sich konsolidiert

Universitätspräsident Lenzen und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank wollen sich die Bewertungen und Empfehlungen nun genau ansehen. „Der Bericht zeigt, wo wir gut sind, welche Schätze es zu geben gibt und wo noch Luft nach oben ist“, sagt die Grünen-Politikerin. „Er gibt gute Orientierung und fordert dazu auf, uns weiter selbstbewusst als Universitätsmetropole zu entwickeln.“ Lenzen sah seinen Kurs bestätigt. „Ich glaube, dass die Stadt zunehmend sieht, was sie an der Wissenschaft hat, was sie an der Universität hat.“ Die Geistes- und Sozialwissenschaften hätten sich konsolidiert.