Hamburg. Die Hamburgische Bürgerschaft will attraktiver werden – und hat deshalb Neuerungen beschlossen. Es gibt einen “heißen Stuhl“.

So viel Gemeinsamkeit ist selten in der Hamburgischen Bürgerschaft: Alle sechs Fraktionen haben sich auf neue Regeln zum Ablauf der Plenarsitzungen geeinigt. Am Mittwoch werden sie zum ersten Mal angewandt.

„Wir wollen mehr Aufmerksamkeit als Parlament. Wir wollen die öffentliche Wahrnehmung stärken und den Wert unserer Demokratie erfahrbarer machen“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) am Dienstagmittag im Rathaus.

Bürgerschaftssitzungen beginnen früher

Und so wollen die Abgeordneten ihre Ziele erreichen: Die Sitzungen beginnen künftig schon um 13.30 Uhr statt, wie bislang, um 15 Uhr. Der frühere Beginn soll unter anderem eine umfangreichere Berichterstattung der Medien ermöglichen.

Als neues Instrument wird die Senatsbefragung eingeführt. Zwei Fraktionen erhalten pro Sitzungstag die Möglichkeit, dem Bürgermeister oder einem Senator eine Frage zu stellen. Die Fragen müssen zwei Tage vorher schriftlich eingereicht und dem Senat vorgelegt werden. Eine Zusatzfrage sowie spontane Nachfragen der anderen Fraktionen sind zugelassen. Der Senat entscheidet, welches seiner Mitglieder im Plenarsaal antwortet – in der Regel wird es der fachlich zuständige Behördenchef sein.

Abgeordnete nur zwei statt fünf Minuten Redezeit

Für die beiden Fragenkomplexe stehen jeweils 20 Minuten im Anschluss an die regulären Debatten zur Verfügung. Die Premiere des neuen Instruments bestreiten morgen die Grünen mit einer Frage nach dem Grün im innerstädtischen Bereich und die Linken mit der Sicherheitslage in Afghanistan.

Kurzdebatten sollen für mehr Dynamik und mehr verbalen Schlagabtausch sorgen: Jeder Abgeordnete hat nur zwei statt fünf Minuten Redezeit zur Verfügung. Gerade die kleineren Fraktion profitieren von der Regelung, weil sie dadurch statt einer nun zwei Debatten anmelden können.

Mehr externe Gutachten als Entscheidungsgrundlage

Auch in der aktuellen Stunde zu Beginn jeder Bürgerschaftssitzung verkürzt sich die Redezeit: Während die Redner der ersten Runde bei jedem Thema nach wie vor fünf Minuten zur Verfügung haben, sind es in der zweiten Runde nur noch drei Minuten.

Die Bürgerschaft soll mehr externe Gutachten zu komplexen Themen in Auftrag geben können, um fundierter entscheiden zu können. Voraussetzung ist ein Beschluss mit Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Fraktionen der Bürgerschaft fordern den Senat auf, häufiger Regierungserklärungen abzugeben, die dann von den Abgeordneten diskutiert werden.

Ein Impuls der Opposition

Das Landesparlament tagt künftig alle 14 Tage am Mittwoch mit Ausnahme der Schulferien. Doppelsitzungen, die den Donnerstag einschließen, gibt es nicht mehr.

„Es kommt nicht häufig vor, dass ein Impuls der Opposition aufgegriffen wird und eine so gute Umsetzung findet“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll, der die Reform nach der Bürgerschaftswahl 2015 angestoßen hatte. „Es ist gut, dass sich alle Fraktionen gerade in dieser bewegten politischen Zeit zusammensetzen. Viele Menschen sehen sich an, wie wir als Parlamentarier miteinander umgehen“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel.

AfD für mehr Minderheitenrechte

„Wir wollen die Debatten in die Bürgerschaft holen und hoffen auf mehr freie Reden und ein lebendigeres Parlament“, so Farid Müller, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Ähnlich äußerten sich auf die Fraktionsvorsitzenden Katja Suding (FDP) und Sabine Boeddinghaus (Linke).

Auch die AfD trägt die Reform mit. „Wir hätten uns aber mehr Minderheitenrechte gewünscht, zum Beispiel bei der Überweisung von Anträgen in die Ausschüsse. Unsere Anträge werden in der Regel von der Mehrheit abgebügelt“, sagte AfD-Fraktionschef Jörn Kruse. Bis Ende März 2018 sollen die neuen Regeln erprobt und dann entschieden werden, was dauerhaft in die Geschäftsordnung übernommen wird.