Hamburg. 34 Fahrzeuge prallen auf Autobahn 1 zusammen, 73-Jährige stirbt. Schnee kann weiter für Gefahren sorgen

Juliane Kmieciak Finn Fischer

Die Polizisten waren bereits vor Ort – aber sie konnten beim Aufprall nur zusehen. Gerade haben die Beamten am Sonnabend gegen 13.20 Uhr eine Spur der A 1 zwischen Bargteheide und Bad Oldesloe nach einem Glätteunfall wieder freigegeben. Da bricht ein brachialer Hagelschauer herein. Die gesamte Autobahn verschwindet im Weiß. Binnen Sekunden krachen in Richtung Norden 34 Fahrzeuge ineinander. Eine 73-jährige Frau stirbt, 18 weitere Menschen werden verletzt, sechs davon schwer. Das ist der traurige Höhepunkt der Eisglätte am Wochenende im Norden.

„Trümmerteile der Schadenstelle flogen durch die Luft auf die Gegenfahrbahn und sorgten dort für weitere Gefährdungen“, sagt Joachim Hollweg, Sprecher der Bargteheider Feuerwehr. Erst Minuten nach dem Unfall beruhigt sich die Situation. Die Autobahn wird sofort voll gesperrt, die höchste Rettungsalarmstufe ausgerufen. Es bildet sich auf beiden Seiten ein mindestens 20 Kilometer langer Rückstau ab der Unfallstelle bei Lasbek. Vereinzelt kommt es dadurch zu Folgeunfällen.

Die Unfallstelle selbst gleicht einem Schlachtfeld. Unter den unfallbeteiligten Fahrzeugen waren auch ein Sprinter und drei Sattelzüge, wovon einer mit Gefahrgut beladen war. 120 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst kümmern sich um die Bergung und die Betreuung der Verletzten. 30 Polizisten sichern die Unfallstelle ab. Die Autobahn 1 bleibt für volle sechs Stunden gesperrt.

Die Schwerverletzten werden mit Hubschraubern in Krankenhäuser gebracht, der Großteil der unverletzten Beteiligten zunächst von Hilfswerken in einem beheizbaren Zelt und später in einer Schule betreut. Die 73-jährige Frau kann nur noch tot aus ihrem Tesla geborgen werden. Auch die Rettungskräfte sind erschrocken. „Das ist ein besonders schwerer Unfall“, sagt Oliver Renter vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). In vergangenen Jahren habe es nichts Vergleichbares gegeben.

Zeitgleich kommt es in großen Teilen Norddeutschlands – und vor allem im westlichen Niedersachsen – am Sonnabend zu zahlreichen Unfällen mit mindestens einer weiteren Schwerverletzten. Verantwortlich für das ungemütliche Schmuddelwetter ist Tief „Caius“. Es folgte direkt auf Sturmtief „Egon“, das unter anderem auf der Nordsee für starken Seegang und meterhohe Wellen sorgte. Auf der „AIDAprima“, die am Freitagabend in Richtung Hamburg unterwegs war, sorgte ,Egon‘ für Überschwemmungen, umherfliegende Möbel und mindestens drei verletzte Passagiere.

100 Streufahrzeuge in Hamburg im Einsatz

Im Hamburger Stadtgebiet hielten sich die Auswirkungen in Grenzen. „Wir hatten am Sonnabend keine Häufung von Unfällen durch die Wetterlage“, so ein Polizeisprecher. Im Gegenteil: Viele Hamburger genossen am Sonntag den Sonnenschein. Nach starkem Schneefall rückten jedoch am Morgen wegen glatter und verschneiter Straßen 100 Streufahrzeuge des Winterdienstes der Stadtreinigung aus. Schwerpunkt des Einsatzes seien vor allem die Bezirke im Süden, Südosten und Westen der Stadt, weil es dort in der Nacht stärker geschneit habe – dort sei auch die Gefahr von Unfällen am größten.

Insgesamt verteilten die Fahrzeuge Feuchtsalz auf einer Straßenlänge von rund 2670 Kilometern. Bei Lufttemperaturen um den Gefrierpunkt sowie Fahrbahntemperaturen darunter sei das Risiko für Glatt-und Blitzeis den gesamten Sonntag über besonders hoch. Bis zum frühen Abend blieben schwere Glätteunfalle jedoch aus. In den kommenden Tagen soll sich die Wetterlage im Norden zunächst wieder entschärfen. „Mit neuen Niederschlägen ist erst einmal nicht zu rechnen“, so Meteorologe Peter Schwarz vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation. Tagsüber würden die Temperaturen am Montag wieder über dem Gefrierpunkt liegen, nachts in Hamburg bei etwa minus vier Grad, im Umland auch darunter. „Glatt kann es dann vor allen Dingen dort werden, wo Schnee liegen geblieben ist“, so Schwarz weiter. „Auch am Dienstagmorgen kann es morgens durch Nebel zu Reifglätte kommen.“ Wie es ab der Wochenmitte weitergeht, sei unklar. „Hier sind die Modelle noch gegenläufig. Entweder es kommt neuer Schnee, oder es setzt eine Tauphase ein.“