Ohlstedt. Der HLKV will den Grünen Beine machen und das Verbandsklagerecht erreichen
Die Natur, so empfinden es die Naturschützer Niels Hanßen und Michael Schütt, hat keine Lobby mehr in der Stadt. Die Grünen? „Sind eingemeindet, seit sie in der Regierung sitzen“, sagen sie. Die Naturschutzverbände Nabu und BUND? Zu nah dran an den Grünen und in der Führung oft persönlich eng verbandelt mit den Mächtigen. „Sie schweigen immer öfter“, sagen Hanßen und Schütt.
„Ohne grüne Regierungsbeteiligung wäre der Protest gegen die Bebauung der geschützten Landschaftsachsen riesengroß“, sagt Hanßen. „Jetzt sind die Grünen dafür und die Proteste von Nabu und BUND ein laues Lüftchen.“
Hanßen, ein Ex-Grünen-Politiker, und Schütt vom Wohldorfer Wald Hilfsfonds haben deshalb den „Hamburger Landschafts- und Klimaschutzverband“ (HLKV) aus der Taufe gehoben, einen neuen Dachverband für Umweltschützer. Mitglieder sind die Fluglärmschutz-Initiativen, Natürlich Mittendrin, Initiative Rahlstedt, Initiative Volksdorf, Verein zum Erhalt der Hummelsbütteler Feldmark und Wohldorfer Wald Hilfsfonds e. V. Drei weitere Vereine haben Interesse bekundet.
Das erklärte Ziel: das Verbandsklagerecht erreichen. Am Anfang stehen drei Jahre Sperrfrist, am Ende eine von der Umweltbehörde zu erteilende Genehmigung. Größtes Ärgernis für den des HLKV ist der Wohnungsbau, den die Naturschützer aus den Grüngebieten heraushalten wollen. „Viele Betroffene haben gar kein Klagerecht, weil sie im fraglichen Gebiet kein Eigentum haben“, sagt Hanßen. „Für diese Betroffenen wollen wir sprechen und gegebenenfalls klagen können“, sagt Schütt.
Die noch von der Hamburger Stadtplanungsikone Fritz Schumacher stammende Grünachsenplanung sieht sternförmige Kaltluftleitbahnen vom Stadtrand ins Zentrum vor, um das Stadtklima sauerstoffreich und kühl zu halten. Zwei von ihnen sollen nach den Senatsplänen in Hummelsbüttel und Öjendorf mit Wohnungsbau unterbrochen werden. Diese Landschaftsachsen sind im rot-grünen Koalitionsvertrag vom Frühjahr 2015 ausdrücklich für tabu erklärt worden. Im Zuge der Flüchtlinskrise aber rückten auch die Grünen davon ab. Allein aus humanitäten Gründen, wie sie erklärten. Trotzdem setzten sie nicht nur die übergangsweise, sondern die dauerhafte Besiedlung der kritischen Gebiete mit durch.
In Rahlstedt wird der Landschaftschutz für Gewerbe auf rund 40 Hektar aufgehoben. In Billwerder sind auf der grünen Wiese bis zu 7000 Wohnungen für bis zu 15.000 Menschen geplant. „Ein Getto“, sagt Schütt. Die vom Senat ausgegebene Zielzahl von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr sei viel zu hoch und nütze vor allem der Wirtschaft.
Der HLKV fordert eine nachhaltige Stadtplanung für die nächsten 50 Jahre. Es gelte zum Beispiel, die 1943 im Feuersturm untergegangen Viertel Hammerbrook, Hamm und Rothenburgsort fürs Wohnen zurückzugewinnen. Derzeit sitzt dort viel sogenanntes flächenfressendes Gewerbe. Schütt: „Für das Olympiadorf auf dem kleinen Grasbrook war der Senat bereit, den halben Hafen umzusiedeln. Warum soll es nicht möglich sein, jetzt einmal für die Bürger weite Teile der Innenstadt frei zu machen?“