Hamburg. Die Mitglieder der New Kids sollen einen Polizisten zusammengeschlagen haben – Wohnungen durchsucht.

Er musste es mit zehn Männern aufnehmen – und wurde schwer verletzt. Ein Zivilpolizist traf am 31. Oktober nach Ende des Fußballspiels zwischen dem FC St.­ Pauli und dem 1. FC Nürnberg auf einen Pulk mutmaßlicher Anhänger der Kiez-Kicker. Die Situation eskalierte, und der 35 Jahre alte Polizist wurde krankenhausreif geschlagen. Sechs Wochen nach der Tat hat die Polizei drei Männer als Tatverdächtige ermittelt und ihre Wohnungen durchsucht. Gegen Daniel F. (33), Robin M. (23) und Jonas A. (23) ermittelt die Polizei nun wegen gefährlicher Körperverletzung.

Seinen Ursprung hatte der Angriff auf den Polizeibeamten offenbar in einer Verwechslung. Der 35 Jahre alte Zivilfahnder der Davidwache befand sich nach Spielende, gegen 22.30 Uhr, im Bereich Budapester Straße/Detlev-Bremer-Straße, als er aus einer größeren Gruppe von St.-Pauli-Anhängern heraus aggressiv angesprochen und bedrängt wurde – offenbar hielten sie ihn für einen Nürnberger Fußballfan.

Tritte gegen den Kopf

Weil die Situation immer bedrohlicher wurde und der Beamte mit einem Angriff rechnete, gab er sich als Polizist zu erkennen. „Etwa zehn Personen aus der Gruppe ließen nicht ab und nahmen weiter eine bedrohliche Haltung gegen ihn ein“, sagte ein Polizeisprecher kurz nach dem Vorfall. Als der Beamte flüchten wollte, verfolgte ihn die Gruppe und versperrte ihm den Fluchtweg.

Die drei jetzt ermittelten Täter sollen dann aus dem Mob heraus den Polizisten attackiert haben. Nach mehreren Fußtritten geriet der Zivilbeamte ins Straucheln und stürzte. Als er bereits auf dem Boden lag, traten und schlugen die Gewalttäter auf ihn ein – auch gegen seinen Kopf. „Die Täter ließen erst von dem Beamten ab, als sie von einer anderen Gruppe von St.-Pauli-Anhängern lautstark dazu aufgefordert wurden“, so der Polizeisprecher. Der Beamte war nicht der Einzige, der an diesem Abend von Fans attackiert worden war: Wenige Minuten vor dem Angriff auf den Polizisten war ein 41 Jahre alter Mann vor dem Stadion zusammengetreten worden. Er konnte verletzt in ein Taxi flüchten.

Wegen Gewalttaten polizeibekannt

Nach einem Zeugenaufruf hat die Polizei nun die drei Tatverdächtigen ermittelt. Am Dienstag durchsuchten Beamte ihre Wohnungen und stellten „diverses Beweismaterial“ sicher, darunter Kleidungsstücke. Die mutmaßlichen Schläger, die über einen festen Wohnsitz verfügen, seien nach erkennungsdienstlicher Behandlung wieder entlassen worden, so die Polizei. Sie sind wegen Gewalttaten polizeibekannt. Daniel F. (33) kommt aus Steilshoop und ist mit Körperverletzungs- und Raubdelikten bereits strafrechtlich in Erscheinung getreten. Die beiden 23 Jahre alten Männer stammen aus Eimsbüttel, alle drei werden von der Polizei als „Gewalttäter Fußball“ geführt.

Bei wenigstens einem der jüngeren mutmaßlichen Gewalttäter handelt es sich nach Abendblatt-Informationen um einen Angehörigen der 50 bis 70 Anhänger starken und fünf Jahre alten Gruppierung „New Kids Sankt Pauli“, die in der Vergangenheit immer wieder durch Gewalttaten aufgefallen ist und sich auch mit den etablierten Ultra-Fans des Vereins angelegt haben soll.

Eine Truppe, die so gar nicht passt zum ansonsten gewaltfernen Image der St.-Pauli-Fanszene. „Die New Kids machen nach den Spielen auf dem Kiez häufig Randale und greifen gezielt Fans der Gast-Teams an“, sagt ein Insider. So sollen sie auch die HSV-Kneipe „Tankstelle“ attackiert haben. In einem im Internet verfügbaren „Jubiläums­video“ sieht man Anhänger der New Kids bei Auseinandersetzungen mit Karlsruher Fußballfans. Der FC St. Pauli teilte auf Abendblatt-Anfrage mit, dass er „jegliche Form von gewalttätigen Übergriffen“ verurteile. Allerdings könne der Verein nichts zu den laufenden Ermittlungen sagen.

Letzter schwerer Vorfall vor zwei Jahren

Wie die Polizei auf Anfrage mitteilte, führt sie keine Statistik zu Angriffen auf Beamte im Zusammenhang mit Fußballspielen. Der letzte schwere Vorfall liegt mehr als zwei Jahre zurück: Im Mai 2014 waren sechs Polizisten vor und während des Spiels gegen den FC Bayern München von HSV-Fans unter anderem mit Flaschen beworfen und verletzt worden.

„Grundsätzlich müssen Angriffe auf Polizisten härter bestraft werden“, sagt Gerhard Kirsch, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Man verzeichne immer mehr Angriffe auf Polizeibeamte. Die Politik müsse „endlich handeln“ und – wie von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) angekündigt – Paragraf 113 des Strafgesetzbuches verschärfen. Dieser regelt den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Kirsch: „Der Gesetzgeber muss endlich ein klares Zeichen setzen.“