Für Sir Andrew Lloyd Webber brach zwar nicht gleich eine Welt zusammen, als er von seinem Partner Fritz Kurz erfahren musste, dass sein „Phantom der Oper“, das sie gemeinsam nach Hamburg holen wollten, wegen der anhaltenden Anwohnerproteste sein Unwesen doch nicht in der alten Flora am Schulterblatt treiben würde. Aber der Londoner empfand es als rüden Akt, dass man ihn, den Musical-Komponisten der Superlative, in Hamburg so unfreundlich behandelte. Daher musste für diese tragische Liebesgeschichte an der Stresemannstraße, etwa 400 Meter Luftlinie entfernt, extra ein neues Musical-Theater gebaut werden. Doch die geladenen Premierengäste wurden am 29. Juni 1990 auf der Treppe der Neuen Flora von einem Wurfhagel aus Eiern und Farbbeuteln empfangen. Musical galt ja als „rein kommerzialisierte Kunst“ – obwohl die erste Besetzung des Stücks mit zwei ­Weltstars – Anna Maria Kaufmann und Peter Hofmann – aufwartete. Doch der Vorhang fürs „Phantom“ sollte sich in der Neuen Flora noch sagenhafte elf Jahre heben.

In seiner Musik-affinen Familieentwickelte Andrew Lloyd Webber, der am 22. März 1948 in London geboren wurde, schon in jungen Jahren sein Talent zur Komposition. Besonders prägend war seine Tante Vi, eine Schauspielerin, die ihren Neffen häufig zu Musical-Aufführungen ins Londoner West End mitnahm und in dem hochbegabten, hyperaktiven Jungen das Feuer für dieses Genre entfachte.

Heute darf man ihn fraglos auf eine Stufe mit dem vor ihm weltweit erfolgreichsten Komponisten Richard Rodgers stellen. Aber Webber wird nicht müde zu betonen, dass ein erfolgreiches Musical „in höchstem Maße Teamarbeit“ sei. So steht hinter seinen deutschen Mega-Erfolgen die produktive Zusammenarbeit mit dem Storyarchitekten und Librettisten Michael Kunze, der die deutschen Versionen von „Evita“, „Cats“, „Das Phantom der Oper“, „Aspects Of Love“ oder „Sunset Boulevard“ betreute. Als bisher einzigem Komponisten gelang es Webber, dass gleich mehrere seiner Musicals parallel am Broadway in New York und im Londoner West End liefen. Seine Ideen trafen bisher offenbar immer präzise den Geist der jeweiligen Zeit, in der sie auf die Bühne kamen. Dennoch wehrt sich Webber vehement gegen den Vorwurf, er orientiere sich am Massengeschmack: „Der Moment, in dem man anfängt zu schreiben, was das Publikum angeblich will, ist der Moment, in dem alles in die Irre führt.“ Sein Vermögen wird inzwischen auf mehr als eine Milliarde Euro geschätzt. Über sich selbst sagte er: „Ich bin mir dessen bewusst, dass es singulär ist, was ich tue und wie ich es tue. Dazu gibt es im Musiktheater derzeit nichts Vergleichbares.“