HafenCity. Nach eher verhaltenem Beginn stürmen die Menschen am ersten Wochenende die Elbphilharmonie Plaza – und staunen trotz Nebels über die tolle Aussicht

Das passt irgendwie. Nach fast zehn Jahren Bauzeit öffnet die Elbphilharmonie ihre Türen – und pünktlich zum Start schickt der Himmel Nebel und Nieselregen. Also tröpfeln auch die Besucher am Sonnabend um 9 Uhr eher vereinzelt in das gewaltige Backsteingebäude mit dem überdimensionalen Zelt aus Glas, das alle Stürme überstanden hat. Und dessen Aussichten auf Fertigstellung zeitweise ebenfalls sehr diesig waren.

Der Vorteil des zunächst ausbleibenden Ansturms: Im Besucherzentrum gibt es in den ersten drei Stunden pro­blemlos Tickets für die ersten Neugierigen. „Was kostet das?“, fragt Walter Schmitt, der mit seiner Frau und den beiden Kindern aus dem Süden der Republik an die Elbe gekommen ist. „Gar nichts“, lautet die Antwort für den erstaunten Touristen. Schließlich werden nur bei einer Online-Buchung 2 Euro Gebühr erhoben. Was dann auch die Garantie beinhaltet, dass man zur gewünschten Zeit tatsächlich ins Gebäude kommt. Am Sonnabend lagen 9000 Vorbuchungen vor, bis um 24 Uhr wurden 13.104 Besucher gezählt.

Die Ersten halten fast stolz ihr Plaza-Ticket in der Hand: „05.11.2016. 9–10 Uhr.“ Das Zeitfenster für den Besuch ist also begrenzt. Und: „Bei Überfüllung der Plaza“, so steht es da, „behält sich der Betreiber vor, den Einlass bis zu einem späteren Zeitpunkt zu unterbinden.“ Schließlich sollen nicht mehr als 1200 Gäste gleichzeitig auf der Plaza sein. „Wohlfühlfaktor“ nennen das die Verantwortlichen. Der ist, trotz oder wegen des Schmuddelwetters, garantiert. Die Plaza-Gäste haben genug Zeit und Platz zum Staunen. Alles beginnt mit einem Tunnel-Blick. Die Reaktionen auf die weltweit einzigartige 80,2 Meter lange gebogene Rolltreppe, die den Besucher in zweieinhalb Minuten durch eine Röhre in den sechsten Stock führt, sind unterschiedlich. „Wahnsinn“, „ein bisschen kalt“, „voll cool.“ Einer bemängelt, dass an den verputzten Wänden wohl ein paar Glaspailletten fehlen würden. „Das soll so“, wird er belehrt.

Oben aber dominiert die Sprach­losigkeit. Das gewaltige Panoramafenster in 30 Metern Höhe sorgt für offene Münder – und vorsichtiges Herantasten: „O Gott, ist da auch wirklich eine Scheibe drin?“ Gefühlt liegt den Besuchern an diesem beinahe magischen Ort, der Backstein und Glas, Hafen und Stadt, Container und Kirchen verbindet, die Elbe bis hin zur Nordsee zu Füßen.

Gegen Mittag wird es voll. Keine kostenlosen Tickets mehr vor 19 Uhr, heißt es unten jetzt. Die zweite, 21 Meter lange Rolltreppe spült die Menschen jetzt minütlich nach oben auf die Plaza, wo sie musikalisch von Les Hommes du Swing mit hinreißendem Gipsy Jazz aus Hamburg eingestimmt werden.

Gedränge auch im Shop. Mit dem Kauf einer CD von Bruckner oder Tschaikowsky stimmt sich so mancher vielleicht schon auf die Konzertbesuche ein, die vom 11. Januar 2017 an im Großen und im Kleinen Saal stattfinden. „Schade, dass man heute noch nicht in die Säle kommt“, sagt Ina Kühnemund (34), während ihre beiden Kinder Pippa (4) und Max (7) sich an der runden Infothek über die Kopfhörer hermachen.

Draußen auf der Plaza pfeift der Wind. Hamburg halt. Simone Heinrich, Ilse Rohde und Birgit Mewes genießen die Rund-um-Aussicht. Sie sind mit dem Schiff angereist. „Wir kommen aus Finkenwerder. Die Fahrt mit der Fähre bis zu den Landungsbrücken dauert 30 Minuten, dann noch mal fünf Minuten mit der nächsten direkt zum Anleger Elbphilharmonie.“ Besser geht es nicht.

Auch Sabrina Janke (26) und Christopher Ostrowski (29) gehören zu den Premierenbesuchern. Die Hamburger haben den teuren Bauprozess kritisch begleitet. Und nun? „Das Gebäude ist wirklich schön“, finden sie. Sehr moderne Architektur sei das. Nicht wirklich gemütlich, aber das werde im Sommer bestimmt anders, wenn die Besucher auch draußen sitzen könnten.

Am Sonntag waren bis um 21 Uhr ebenfalls 13.000 Besucher auf der Plaza (also am Wochenende insgesamt rund 26.000 Menschen). Machen wie wild Fotos, auch wenn die Motive nur zu erahnen sind. Selbst der Michel hüllt sich in Nebel, als gönne er dem kleinen Wahrzeichen-Bruder zur Geburt erst einmal die ungeteilte Aufmerksamkeit.