HafenCity. Festakt zur Eröffnung der Plaza mit 200 Bürgern, darunter 50 Abendblatt-Leser. Dank an die Hamburger für ihre Geduld
Fünf Minuten vor Beginn des Festaktes zur Eröffnung der Elbphilharmonie-Plaza um 14 Uhr kommen Pierre de Meuron und Marcelino Fernández Verdes die geschwungene Treppe, die zum Großen Konzertsaal führt, hinunter. Vertraut, plaudernd, wie zwei alte Freunde. Der Architekt aus der Schweiz und der Bauingenieur aus Spanien Arm in Arm. Es ist ein Bild mit Symbolcharakter.
Denn das partnerschaftliche Miteinander von Herzog-&-de-Meuron-Chef und Hochtief-Vorstand hat diesen Festtag erst möglich gemacht. Schon am Vorabend hatte Fernández in vertraulicher Runde bei Fisch und Gänsekeule im Vlet-Restaurant in der HafenCity diese neue „Partnerschaft“ zwischen Architekten und Ingenieuren als wichtigsten Punkt dafür genannt, dass Hamburg nach fast zehn Jahren Bauzeit nun doch noch ein Gebäude bekommen hat, das die Welt noch nicht gesehen hat. Einzigartig, atemberaubend. Ein Meisterwerk. „Dieses Gebäude wird Hamburg verwandeln“, so der Hochtief-Chef.
Auch den zweiten Grund für die Fertigstellung des Jahrhundertbauwerks nach heftigen Turbulenzen, Baustillstand und Kostenexplosion nannte Fernández beim (Vor-)Namen: „Lieber Olaf“, wandte er sich als erster Redner des Festaktes vor rund 200 Hamburgern direkt an Bürgermeister Scholz (SPD), „deine Idee, ein so komplexes Projekt neu zu organisieren, und dein Enthusiasmus beim Festlegen der Details einer neuen vertraglichen Grundlage sind das Fundament für den Erfolg, den wir heute feiern.“ Heute erwache „die Elphi“ zum Leben.
Das geschah im Wortsinn mit Pauken und Trompeten. Die Meute, eine elfköpfige Hamburger Techno-Marching-Band, war mit musikalischer Wucht über die beiden Rolltreppen auf die Plaza in 37 Metern Höhe gestürmt. Ein schlagkräftiger Auftakt. Festgehalten von den Besuchern auf ihren Handys, die überall in die Höhe gereckt wurden. Unter den ersten Plaza-Gästen waren auch Schüler der benachbarten Katharinenschule aus der HafenCity und sechs ehemalige Hafenarbeiter, die noch in dem alten Kaispeicher A gearbeitet haben.
Und außerdem Ute und Claus Klopfenstein aus Pinnberg. Die Abendblatt-Leser hatten zwei Tickets für den Festakt beim Gewinnspiel ergattert: „Toll, dass wir heute dabei sein können. Das Gebäude ist genial. Gigantisch.“ Für sie bleibe zwar der Michel das Wahrzeichen der Stadt. „Aber Hamburg hat jetzt ein zweites dazubekommen.“
Die Eröffnung mit so vielen Hamburgern dokumentiert das Hauptanliegen aller Beteiligten: Die Elbphilharmonie soll ein demokratischer Ort werden. Ein Platz für alle. „Ich freue mich sehr, dass wir die Reihe der offiziellen Eröffnungsfeiern auf der Plaza beginnen“, sagte Olaf Scholz. „Wir stehen hier im Hamburger Hafen, 37 Meter über dem Meeresspiegel auf dem höchsten öffentlichen Platz in Norddeutschland – und über uns schwebt ein Hochhaus. Die Elbphilharmonie ist ein Haus für alle. Sie ist wie das Parlament der Musikstadt Hamburg. Ein Konzerthaus, das die Welt begeistern wird.“ Die Plaza sei ein „Treffpunkt der Optimisten“ und „unser größter Balkon in der Stadt“.
Auch akustisch sei die Demokratie im Konzertsaal angekommen, so Scholz. Das günstigste Ticket koste so viel „wie eine Kinokarte“. Kein Platz sei weiter als 30 Meter vom Dirigenten entfernt, und auf jedem Platz habe man ein gleich gutes Klangerlebnis. Wobei „gut“ wohl stark untertrieben ist, glaubt man dem Bürgermeister.
Olaf Scholz erzählte die Geschichte von der ersten Probe des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter der Leitung von Thomas Hengelbrock im Großen Saal im September. „Ich kam erst zur Pause. Da hatte das Orchester schon eine Stunde geprobt. Und dann kamen mir die Musiker entgegen. Was soll ich Ihnen sagen? Ich habe nur in erleuchtete Gesichter geschaut.“
Scholz erzählte noch, er habe sich dann immer wieder auf verschiedene Plätze im Saal gesetzt. „Und überall das gleiche Klangerlebnis.“ Er ist sich sicher, dass die Experten aus aller Welt dem Saal ein großartiges Zeugnis ausstellen werden. „Und ich freue mich auf jeden einzelnen Ton.“
Von Fernández erhielt Scholz anschließend zwei Geschenke: die Elbphilharmonie unter Glas und einen roten Backstein mit der Aufschrift: Fertig. Auch das ein Symbol für etwas, das viele vor drei Jahren nicht mehr für möglich gehalten haben. Scholz und Fernández haben im Dezember 2013 hart um die Neuordnung gerungen. Als es nämlich darum ging, ob die Stadt den Vertrag mit Hochtief kündige oder mit dem Konzern weiterbaue – was das Bauwerk schließlich noch einmal um 200 Millionen auf insgesamt 789 Millionen Euro verteuerte. „Am Ende zählte wie bei Hamburger Kaufleuten das Wort und dass man sich aufeinander verlassen kann“, so Scholz.
Großen Anteil an der Lösung hatte damals auch die vor vier Wochen verstorbene Kultursenatorin Barbara Kisseler. „Wir werden uns immer an ihre Kraft, ihre Klugheit und ihren fürsorglichen Charakter erinnern“, sagt Fernández. „Wir hätten sie so gerne bei der Eröffnung dabei gehabt“, sagten Olaf Scholz und Pierre de Meuron.
Der Schweizer Architekt betonte außerdem, dass man ohne die Konzerthaus-Erfinder Alexander Gérard und Jana Marko „hier heute nicht stehen würde“. Und erwähnte schließlich die wichtigsten Beteiligten: „Am meisten beigetragen haben die Hamburger, weil der jahrelange Bauprozess extrem schmerzhaft war.“