Hamburg. Der Superstar enttäuscht auf seinem elften Album, da hilft auch ein Blitzauftritt bei Markus Lanz in Hamburg nicht.
250 Fans sind eine illustre Runde, wenn es um einen Star wie Robbie Williams geht. So nah wie am Donnerstagabend kamen jene Fans ihrem Idol wohl noch nie. Williams gab ein Geheimkonzert. Geheimkonzerte sind Konzerte, die im kleinen, fast intimen Rahmen stattfinden. Es muss immer ein paar geben, die nicht ins Konzert kommen. Durchgesickert ist der Ort aber erst spät: Williams trat in einem TV-Studio in Bahrenfeld auf.
Nämlich dort, wo Markus Lanz seine ZDF-Sendung produziert. Der Talkmaster plauderte mit dem britischen Weltstar, der anschließend zwei Lieder zum Besten gab und nach der Aufzeichnung so schnell vom Produktionsgelände im Phoenixhof an der Stahltwiete verschwand, wie er gekommen war.
Glück lässt künstlerische Potenz erschlaffen
Der ganz große Ruhm hat ihn verlassen, vor circa zehn Jahren schon. Die Alben wurden flüchtiger, die Konzertlokationen kleiner, der Robbie an sich jedoch glücklicher. Er wurde sogar sehr glücklich. Eine schöne Frau und zwei Kinder kamen zum materiellen Erfolg dazu. Was macht das Glück mit der künstlerischen Potenz? Es lässt sie erschlaffen. Heute erscheint „The Heavy Entertainment Show“, das elfte Album des Pop-Darlings. Er ist 42 mittlerweile, bemüht zwischendurch auch den Schönheitschirurgen und macht uns alle, Hand aufs Herz, bisweilen traurig. Denn die Vergänglichkeit betrifft ja uns ebenso, eben noch tanzten wir nur halbironisch zu „Rock DJ“, jetzt hören wir beinah schon den Oldiesender.
Was hat uns Robbie Williams noch zu geben? Zunächst einmal nach „Swing Both Ways“ von vor drei Jahren wieder ein reguläres Pop-Album; freilich eines, das in dem Titelsong mit einem deftigen Bläsersatz loslegt. Doch, das Entrée zum frischen, in der Deluxeversion 15 Stücke umfassenden Songreigen ist ein Williams gemäßes.
Melodien klingen bemerkenswert billig
„Guten Abend, Kinder des kulturellen Verlassenseins/Ihr habt den Retter gesucht, hier ist er/Und während die Besten derzeit so schnell sterben/Bin ich noch hier, also habt Spaß mit mir, solange ihr noch könnt“, singt Williams mit wunderbarer Großmäuligkeit. Er will mit seiner neuen Platte an die Super-Entertainer anknüpfen, die in der Lage sind, die Nation vor dem Fernseher zu versammeln.
Melodien für Millionen: Man findet sie durchaus auf „The Heavy Entertainment Show“. Aber sie klingen bemerkenswert billig und zum Beispiel so wie „Party Like A Russian“, jener Negativversion der Pet Shop Boys – Kirmes-Kappes der allerschlimmsten Sorte. Wahrscheinlich, weil aus einer Art „Go East“ eben nie ein „Go West“ werden kann. Das Album ist wahrscheinlich die unzusammenhängendste Liedersammlung, die Williams je veröffentlichte. Allerdings hat er den Song schon immer über das Werk gestellt.
Diesmal singt er mit Rufus Wainwright und John Grant, er arbeitete mit Guy Chambers, Ed Sheeran und Stuart Price zusammen. Mit dem Resultat, dass lauwarmes Popwerk wie „Love my Life“ und „Sensitive“ dabei herauskommen. Robbie Williams 2016, das ist der Verzicht auf wirklich große Songs. Es gibt sie nicht mehr, und vielleicht ist damit auch schon alles erklärt, was man heute über Robbie wissen muss. Er will es selbst nämlich eigentlich nicht mehr wissen. Schade.