Hamburg/Hannover. Premierenfahrt mit dem neuen ICE auf der Strecke von Hamburg nach München. Bis 2023 sollen 130 neue Züge eingesetzt werden.

„Ich sitze in dem neuen ICE 4. Mal sehen, was ich auf der Fahrt erlebe“, sagt ein Herr im schwarzen Blouson zu seinem Gesprächspartner am anderen Ende des Mobiltelefons.

Das Abenteuer kann beginnen. Es ist 10.03 Uhr. Mit zwei Minuten Verspätung startet das neue Flaggschiff der Deutschen Bahn mit der Zugnummer 787 vom Hamburger Hauptbahnhof zu seiner Premierenfahrt nach München. Zum ersten Mal fährt der 346 Meter lange ICE 4 mit „echten“ Fahrgästen. Per Lautsprecherdurchsage werden die Reisenden auf dieses freudige Ereignis aufmerksam gemacht.

Chaos im Bord-Restaurant

Doch der Blick in das Bord-Restaurant ist alles andere als erfreulich: Es sieht ein bisschen aus wie auf einem Schlachtfeld. Die Decken liegen kreuz und quer auf den Tischen. Das gilt auch für die Sets, auf denen das Speiseangebot steht. Die fehlen an einigen Plätzen: „Wir müssen dringend welche bestellen“, sagt der Kellner zu seiner Kollegin.

Das leuchtende Rot der Sitzbänke ist einem dezenten Weinrot gewichen. Ansonsten ähnelt der Speisewagen seinen Vorgängern, und dass es mit dem Service nicht reibungslos funktioniert, ist auch nicht neu. Die ersten Bestellungen nimmt der Mitarbeiter kurz vor Lüneburg auf: „Das ist nur noch frech“, sagt ein Gast.

Im Bistro, hier gibt es nur noch Stehtische, ist die Stimmung gelöst. Eine fröhliche Reisegruppe leert die ersten Biere: „Der Zug fährt viel ruhiger als seine Vorgänger, schwebt beinahe ein wenig“, sagt einer der Männer.

Spitzengeschwindigkeit von 250 Kilometer pro Stunde

Mit einer Geschwindigkeit um die 200 km/h gleitet der Zug mit seinen zwölf Wagen durch Niedersachsen. Der nächste Halt ist Hannover. Es soll der stärkste ICE aller Zeiten sein, er beschleunigt mit rund 13.400 PS. Allerdings ist er nicht der Schnellste: Tempo 250 ist die Spitzengeschwindigkeit, der ICE 3 fährt 330 km/h.

In der ersten Klasse gibt es an jedem Platz eine eigene Leselampe. Über einen Hebel kann die Sitztiefe justiert werden: „Ich finde die Sitze sehr bequem, und mir ist das neue Beleuchtungskonzept gleich positiv aufgefallen“, sagt Fahrgast Thomas Finger. Im ICE soll das LED-Band oberhalb der Sitzreihen für „Wohlfühlatmosphäre sorgen“. Jetzt am Vormittag erscheint das Licht ziemlich grell, „ideal zum Arbeiten“, findet Finger.

130 neue Züge bis 2023

Auf den Monitoren, die an der Decke hängen, wird nicht nur der Streckenverlauf angezeigt, es läuft zwischendurch auch ein Zeichentrickfilm. Was auffällt: „In der zweiten Klasse ist der Gang enger als in den anderen ICE-Typen. Aber ansonsten bin ich von dem Reisekomfort angetan“, sagt Eberhard Schulz aus Halle/Saale. Es gebe deutlich mehr Fläche, um das Gepäck abzulegen.

WLAN gibt es auch in der zweiten Klasse kostenlos. Um 11.17 Uhr, und damit vier Minuten früher als geplant, erreicht der ICE 4 Hannover. Der Zug startet täglich um 9.46 Uhr ab Bahnhof Altona nach München. Ein weiterer Zug der neuesten Generation startet um 13.40 Uhr ab München in Richtung Hansestadt. Bis 2023 sollen 130 neue Züge im Streckennetz eingesetzt werden.