Hamburg. Der 60-Jährige arbeitete an einer Grundschule südlich der Elbe. Er soll drei neunjährige Mädchen sexuell missbraucht haben.

Es war offenbar leicht, den Unterricht dieses besonderen Lehrers zu mögen. Die Drittklässler durften am Computer spielen, das ist immer interessant, und irgendwelchen Druck durch Hausaufgaben oder Klassenarbeiten gab es nicht. Nur ein reizvolles Punktesystem, das fleißiges Lesen belohnt. Darüber hinaus war Antonio T. (Name geändert) auch noch der nette Typ, der Fußball-Sammelbilder verteilte. Schließlich lief gerade die Europameisterschaft, und die Grundschüler waren ganz wild auf die kleinen Fotos mit ihren Sport­idolen. Doch hinter dieser Fassade des überaus angenehmen Lehrers lauerte eine böse Gefahr, der drei neunjährige Mädchen zum Opfer fielen. Die Schülerinnen wurden von dem 60-Jährigen sexuell missbraucht.

Seit sich die Kinder gegenüber ihren Eltern offenbarten, ging alles ganz schnell: Antonio T. verlor nicht nur umgehend seinen Job an der Grundschule südlich der Elbe. Er verlor auch seine Freiheit. An Handschellen wird der ehemalige Medienassistent der Schule nun aus der Untersuchungshaft in den Verhandlungssaal des Landgerichts geführt, wo er sich wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern sowie wegen der Herstellung von Kinderpornografie verantworten muss. Im Einzelnen wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, die Mädchen, die jeweils allein mit ihm im Computerraum waren, an der Brust und im Intimbereich berührt zu haben, oberhalb und auch unter der Kleidung. Eine Neunjährige soll er zudem dazu überredet haben, ihren Unterleib zu entkleiden, um dann kinderpornografische Fotos von dem Mädchen anzufertigen.

Lehrer ist bereit, ein umfassendes Geständnis abzulegen

Nun sitzt der Angeklagte, ein blasser Mann mit Brille und fliehendem Kinn, vor den Richtern, knetet die Hände und ringt nach Worten. Grundsätzlich sei er bereit, ein umfassendes Geständnis abzulegen, und er bereue seine Taten, signalisiert sein Verteidiger. So könnte auch den missbrauchten Kindern, die bereits gegenüber der Polizei eine auf Video dokumentierte Aussage gemacht haben, ein Auftritt im Prozess erspart werden. Weil nicht nur privateste Details aus dem Leben des 60-Jährigen, sondern auch über seine Opfer zur Sprache kommen, schließt das Gericht die Öffentlichkeit für die Dauer seiner Aussage aus. Antonio T. muss sich ausführlich zu den einzelnen Anklagepunkten äußern.

Auch die Videos mit den Vernehmungen der Mädchen werden nur den Verfahrensbeteiligten gezeigt. Was die Kinder bei den Taten empfunden haben, ihre Scham und ihre Gefühle des Aus­geliefertseins gegenüber ihrem Lehrer, bringt im Anschluss die Anwältin zur Sprache, die die Opferfamilien im Prozess vertritt. „Sie waren verschämt und unangenehm berührt bei ihrer Aussage.“ Ein Mädchen erzählte demnach auch: „Ich wusste, dass es falsch war.“ Doch weil die Kinder „mit einer Respektsperson allein waren, taten sie Dinge, die sie nicht wollten.“

Angeklagter will sich Sexualtherapie unterziehen

Warum Antonio T. die Kinder missbrauchte, versteht der Angeklagte nach eigener Darstellung selber nicht. „Fühlen Sie sich zu kleinen Kindern hin­gezogen?“, möchte der Vorsitzende Richter von dem Familienvater wissen. Der schüttelt nur langsam, aber unmissverständlich den Kopf. Auf jeden Fall sei er bereit, sich einer Sexualtherapie zu unterziehen, verspricht er. Erste Termine sind schon vereinbart.

Am Ende verurteilt das Landgericht den Angeklagten zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden. Auflage ist, dass der 60-Jährige eine Psycho­therapie absolviert und zudem 3600 Euro zahlt, die an die Opferschutzorganisation Weißer Ring fließen. Das umfassende Geständnis von Antonio T. habe gezeigt, „dass Sie begriffen haben, dass Sie etwas Falsches gemacht haben, und die Taten bereuen“, so der Vorsitzende Richter. „Wir wollen uns aber nicht vorstellen, wie weit Sie gegangen wären, wenn die Kinder lange geschwiegen hätten.“ Besonders gravierend sei, dass der Mann seine „Vertrauensstellung bei den Kindern, die Sie mochten, ausgenutzt haben. Sie haben die Taten in der Schule begangen. Und Eltern müssen erwarten können, dass ihre Kinder dort geschützt sind.“