Hamburg. 64 Prozent der Hamburger sehen darin laut neuer Studie Hauptgrund für Verzicht auf Nachwuchs
Angst ist der Grund für die niedrigen Geburtenraten in Hamburg und im Rest der Republik. Zu diesem Ergebnis kommt die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen in einer entsprechenden bundesweiten Umfrage unter mehr als 2000 Teilnehmern. Demnach geben 64 Prozent der Hamburger an, dass die Sorge vor (zu hohen) Kosten der Hauptgrund sei, weshalb Paare keine Kinder bekämen.
Ebenfalls 64 Prozent der Hamburger befürchten, durch Kinder würde man Unabhängigkeit und Freiheit verlieren, 58 Prozent sorgen sich um die Karriere, und 42 Prozent sehen einer unsicheren Zukunft für die eigenen Kinder entgegen. „Es ist die viel zitierte German Angst. Die Angst der Menschen, Kinder zu bekommen“, sagte der wissenschaftliche Leiter der Studie, Professor Ulrich Reinhardt bei der Vorstellung. Nur 22 Prozent gaben an, Kinder seien kein erfüllender Lebensinhalt.
In Deutschland bekommt eine Frau durchschnittlich 1,47 Kinder. Damit liegt die Bundesrepublik im EU-Vergleich auf Platz 17. In Hamburg selbst ist die Quote noch geringer. Hier sind es nur 1,41 Kinder pro Frau. Unterdurchschnittlich ist auch der Anteil der Familienhaushalte. Bundesweit liegt deren Anteil bei 29 Prozent, in Hamburg sind es nur 18 Prozent. „Hamburg ist somit ängstlicher als der Bundesdurchschnitt“, so Reinhardt.
Er betonte allerdings, dass es sich bei diesen Zahlen nicht um ein typisches Hamburger Phänomen handele. Vielmehr seien in allen deutschen Metropolen ähnliche Zahlen zu verzeichnen. Gründe dafür seien die überdurchschnittlichen Anteile von kinderlosen Paaren und Single-Haushalten in Großstädten.
CDU-Fraktionschef André Trepoll nahm die Studie zum Anlass, eine „aktivere Familienpolitik“ zu fordern. „Es ist Aufgabe der Politik, sich diesem Trend entgegenzustellen. Deutschland und Hamburg müssen familienfreundlicher werden. Wir brauchen ein Klima, in dem Paare wieder den Mut finden, sich für Kinder zu entscheiden“, sagte Trepoll. Die CDU wolle Hamburg zur „Kinder- und Familienstadt“ machen. Dafür müsse etwa familiengerechtes Wohnen gefördert und Kita-Zeiten flexibler werden, um für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu sorgen. Und Marcus Weinberg, familienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, forderte eine Entlastung von Familien mit mittleren Einkommen bei Steuern und Abgaben.
Professor Reinhardt sieht sowohl Politik als auch Unternehmen in der Pflicht, den Bürgern die Ängste zu nehmen. „Die Politik muss weiter konsequent die Rahmenbedingungen für Familiengründungen verbessern. Unternehmen sollten die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch leben.“
Gleichzeitig müssten sich die Bürger fragen, ob bei allen Ängsten und Sorgen, Einschränkungen und Kompromissen Kinder nicht dennoch zu deutlich mehr Lebensqualität und persönlichem Glück beitragen als Geld, Freiheit oder eine Karriere. „Zunehmend mehr scheinen dies auch genauso zu sehen: Im letzten Jahr wurden 737.575 Kinder geboren und damit rund zehn Prozent mehr als noch vor fünf Jahren“, so Reinhardt.
Auch die Hamburger Kliniken verzeichneten einen Anstieg: Im ersten Halbjahr dieses Jahres kamen 12.510 Kinder in der Hansestadt zur Welt – 1073 mehr als im Vorjahreszeitraum. Allerdings, so Professor Reinhardt, müssten Paare mindestens zwei Kinder bekommen, damit die Bevölkerungszahl nicht weiter schrumpfe.