Hamburg. An den Autobahnen informieren Schilder darüber, wie lange der Autofahrer zu wichtigen Zielen noch braucht
Noch 27 Minuten bis zum Hamburger Flughafen. Das Hinweisschild wenige Hundert Meter vor dem Elbtunnel verspricht: Heute gibt es ausnahmsweise einmal keinen Stau bis zum Airport. Da wären die zusätzlichen 45 Minuten, die man vorsichtshalber eingeplant hatte, nicht notwendig gewesen. Aber besser ist besser.
„Wir haben derzeit an fünf Autobahnstandorten rund um Hamburg drei mobile und zwei fest errichtete Informationstafeln im Einsatz“, sagt Andree Poggendorf, der für den Betrieb des Elbtunnels zuständig ist. „Diese Tafeln zeigen die Zeit an, die Autofahrer bis zu bestimmten Standorten in Hamburg noch benötigen.“ Der Flughafen ist dabei, das Stadtzentrum auch. „Jeder kann dann selbst entscheiden, ob er einen Umweg in Kauf nimmt oder auf der Autobahn bleibt.“
Hintergrund dieses Verkehrsleitkonzepts, „das die Bürger bestmöglich informieren soll“, sind die vielen Baustellen auf der Autobahn 7, die gerade in den vergangenen Wochen für kilometerlange Staus und viel Verdruss bei Autofahrern gesorgt haben. Bis Mitte des kommenden Jahrzehnts wird an der in die Jahre gekommenen Trasse gebaut. Bis hoch zum Bordesholmer Kreuz in Schleswig-Holstein wird saniert und es kommen zwei Fahrstreifen hinzu.
Auf Hamburger Gebiet wird man nach Ende der Bauarbeiten bis zum Nordwestkreuz auf acht Fahrspuren, weiter nördlich auf sechs Spuren unterwegs sein können. Zudem werden in Hamburg drei Lärmschutztunnel errichtet, die vor allem in Stellingen und Schnelsen die Lage der Anwohner nachhaltig verbessern sollen.
Angesichts der vielen durch die Baustellen verursachten Staus sei es unverzichtbar, die Autofahrer umfassend zu informieren, sagt Poggendorf. „Wir leben in einer Informationsgesellschaft, und die Menschen wollen möglichst rasch Bescheid wissen.“ So wächst die Zahl jener Autofahrer, die ihre Route ändern und so einen Stau umfahren. „Vor allem jene, die nur an Hamburg vorbeifahren wollen, nehmen die angezeigten Informationen sehr ernst“, sagt Poggendorf. Sie würden sich oftmals für eine andere Fahrtstrecke entscheiden, wenn Verzögerungen drohen.
Daneben haben die Informationstafeln einen psychologischen Effekt. „Studien haben gezeigt, dass viele Autofahrer einen Stau leichter ertragen können, wenn sie wissen, wie lange es noch bis zum Ziel dauert.“ Das sei ähnlich wie in verspäteten Zügen. Wenn die Fahrgäste wüssten, woran die Verspätung liege, werde die Stimmung zwar nicht gut, aber besser.
Voraussetzung für den Erfolg der Informationstafeln ist, dass die angezeigten Angaben stimmen. Bei dem Verkehrsleitprojekt arbeitet Hamburg mit dem Unternehmen Nokia zusammen, das Rohdaten aus verschiedenen Quellen zu der dann angezeigten Information verarbeitet. Die Zeiten werden auf der Grundlage unterschiedlicher Daten errechnet. „Ein Teil der Rohdaten kommen von den in den Straßen verlegten ‚Schleifen‘“, sagt Marc Lenuweit, der für das System zuständig ist. Diese würden die Zahl der Fahrzeuge und deren Geschwindigkeit messen, die gerade unterwegs seien.
Zudem würden anonymisierte Daten von Mobilfunkunternehmen und Betreibern von Navigationssoftware verarbeitet. „Auf Grundlage dieser Angaben erhalten wir ein Bild der realen Verkehrslage“, sagt Lenuweit. So lässt sich die notwendige Zeit für eine vordefinierte Strecke berechnen und anzeigen. „Zu 99,9 Prozent sind die Angaben stimmig.“
Der bestechende Vorteil des Verkehrsleitsystems liegt darin, dass von der Tunnelzentrale aus, dort, wo alle Informationen zusammenlaufen, diese mit wenigen Mausklicks den Autofahrern zugänglich gemacht werden können und Verkehrsströme sich damit beeinflussen lassen.
An zwei Standorten wurden bereits feste (und größere) dynamische Anzeigetafeln errichtet. „Auf diesen können auch Stauinformationen und Vorschläge für die Umfahrung angezeigt werden“, sagt Poggendorf. Im kommenden Jahr würden weitere „feste Schilder“ aufgebaut. „Bis dahin nutzen wir die mobilen Geräte.“
Eines können die kleinen Informationstafeln allerdings nicht leisten: Staus verhindern. Vor allem dann, wenn – wie zuletzt geschehen – die A 7 für 55 Stunden gesperrt werden muss, weil mehrere Brücken abgerissen werden. Dann heißt es, längere Fahrzeiten in Kauf zu nehmen oder ganz auf das Auto zu verzichten.