Hamburg. Deutsche Werften spüren zunehmend den Konkurrenzdruck, sagt der Geschäftsführer der Lürssen Werft im Interview.

Trotz allgemeiner Krisenstimmung ist die Hamburger Schiffbaumesse SMM am Freitag mit einer Rekordbeteiligung bei den Ausstellern zu Ende gegangen. Auf den Messeständen wurden Aufträge in Milliardenhöhe unterzeichnet. Der Geschäftsführer der Bremer Lürssen Werft und ehemalige Chef des Hamburger Konkurrenten Blohm+Voss, Klaus Borgschulte, zieht Bilanz und blickt in die Zukunft des Schiffbaus. Militäraufträge laufen besser als Yachten sagt er und erklärt wie Lürssen darauf mit einer Erneuerung der internen Strukturen reagiert.

Herr Borgschulte, allgemein heißt es, dass es den Werften weltweit schlecht geht, die deutschen Schiffbauer mit ihrer Fokussierung auf den Spezialschiffbau aber ganz gut wegkommen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Klaus Borgschulte: Vom Grundsatz her ist es richtig, dass die Marktsituation für den Spezialschiffbau besser ist als die im Handelsschiffbau. Gleichwohl stellen wir fest, dass aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung auch hier eine Marktberuhigung eintritt.

Was heißt Marktberuhigung?

Wir merken es im Yachtbau seit ein bis zwei Jahren an den Anfragen, die an uns gerichtet werden. Die Lage ist für uns nicht dramatisch, wir haben immer noch auskömmlich zu tun, aber die Auftragslage ist nicht mit der von 2012/2013 vergleichbar.

Was sind die Gründe dafür?

Die wirtschaftlich schwierige Situation in einigen Regionen wie zum Beispiel Osteuropa oder dem Mittleren Osten, aus denen viele unserer potenziellen Kunden ‎kommen, wirkt sich auch auf das Yachtgeschäft aus.

Was ist mit dem Yachtmarkt in den USA?

Dieser war nach der Finanzkrise fast völlig weggebrochen. Inzwischen hat er sich etwas erholt, aber nicht so stark, dass er die sinkende Nachfrage aus den anderen Regionen komplett kompensieren kann.

Auch in China gibt es eine wachsende Oberschicht, kommt denn von dort keine Nachfrage?

China ist da noch ganz am Anfang. Dort werden derzeit kaum Yachten gebaut, und wenn, dann nur kleinere. Insgesamt ist China für uns noch nicht so interessant.

Merken sie das geringere finanzielle Budget ihrer Kunden auch an billigeren Bestellungen zur Ausstattung der Yachten?

Nein. Aber wir stellen fest, dass härter über Preise und Lieferzeiten verhandelt wird. Kunden wollen ihr Produkt in zwei oder drei Jahren haben, nicht erst in fünf. Wir haben intensiv an unseren Abläufen gearbeitet, um uns darauf einzustellen.

Ihr Konkurrent Blohm + Voss hat die „Yacht von der Stange“ entwickelt, um auf die geänderten Lieferfristen zu reagieren. Wäre das nichts für Sie?

Unsere Kunden legen derzeit Wert auf höchste Individualität – von der Kon­struktion bis zur Fertigung. Wir beobachten dieses alternative Angebot aber mit Interesse.

Was tut Lürssen, um den Rückgang im Yachtgeschäft zu kompensieren?

Wir haben uns über Generationen immer wieder neuen Herausforderungen gestellt und diese auch erfolgreich gemeistert. Neben dem Yachtgeschäft haben wir zwei weitere Standbeine: den Marineschiffbau sowie das Reparatur- und Refitgeschäft. Bei internen strukturellen Anpassungen achten wir darauf, uns so aufzustellen, dass wir unsere Ressourcen optimal auslasten. Gibt es im Yachtbau freie Kapazitäten, können Mitarbeiter in den Marineschiffbau wechseln und umgekehrt.

Wie das?

Der Unterschied zwischen den beiden Sparten Yachten und Marineschiffe ist tatsächlich gar nicht so groß. In der Ausstattung sind sie selbstverständlich völlig unterschiedlich, hinsichtlich ihrer grundsätzlichen technischen Systeme aber durchaus ähnlich.

Sie bauen derzeit Küstenschutzboote für Saudi-Arabien und die Fregatten für die Bundesmarine. Gibt es andere Aufträge der Militärschiff-Sparte, über die Sie sprechen können?

Aktuell beteiligen wir uns an der Ausschreibung zum Bau neuer Einheiten für die Bundespolizei See und bewerben uns gemeinsam mit ThyssenKrupp Marine Systems für den Neubau der geplanten Mehrzweckkampfschiffe für die Deutsche Marine. Hierzu werden wir dem Auftraggeber gemeinsam mit unserem Partner ein umfassendes und schlüssiges Gesamtpaket mit hoher Kommunalität zu bestehenden Systemen bei der Deutschen Marine vorlegen und unsere gemeinsamen, Jahrzehnte umfassenden Erfahrungen in der Kon­struktion und der Fertigung hochkomplexer Marineeinheiten einbringen.

Wie wird es mit dem Schiffbau in Deutschland weitergehen? Wird er weiter wachsen?

Ich gehe davon aus, dass wir vorerst am oberen Ende angelangt sind und sich der Konkurrenzdruck auch im Spezialschiffbau verstärken wird. Meine Einschätzung ist, dass der Offshore-Gas-, Öl- und Windenergiemarkt, der praktisch zum Erliegen gekommen ist, auf mittlere Sicht wieder an Stärke gewinnen wird.

Auf der SMM wurden etliche neue Antriebsformen vorgestellt, von der Brennstoffzelle über Flüssigerdgas bis hin zur Vision vom reinen E-Motor mit Batterien. Was davon ist für Mega-Yachten einsetzbar, und womit befasst sich Lürssen in diesem Zusammenhang?

Die Entwicklung und Integration fortschrittlichster Umwelttechnologien – vom Antrieb bis zum gesamten Energiemanagement an Bord – werden zunehmend nachgefragt und dürften in Zukunft im Fokus neuer Aufträge stehen. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes GasPax haben wir bereits vor einigen Jahren Yachtentwürfe mit LNG-Antrieb entwickelt. Zusätzlich beteiligen wir uns an dem Forschungsvorhaben e4ships zum Einsatz von Brennstoffzellen als Ersatz zu Dieselaggregaten während das Schiff beispielsweise vor Anker liegt. Batterien werden zukünftig ergänzend als Energiepuffer für besondere Last­anforderungen oder spezielle Betriebsmodi eingesetzt werden. Den reinen Batteriebetrieb von größeren Yachten sehen wir in absehbarer Zukunft nicht.