Am Tag des offenen Denkmals können Besucher Hamburger Geschichte erleben. Diese neun Denkmäler können Sie am Wochenende besuchen.
Was weg ist, ist weg. Wenn sich niemand für die Erhaltung von Baudenkmälern engagiert, können sie auf Nimmerwiedersehen aus dem Stadtbild verschwinden. Dann gehen Kirchen und Geschäftshäuser, Verwaltungsgebäude und Speicher, aber auch Schiffe und Kräne, Fabriken und Verkehrsbauten, die mit ihrer Gestaltung und Architektur Zeugnis von einer bestimmten Epoche ablegen, für immer verloren. Manchmal sind uns Denkmäler so vertraut, dass wir gar nicht darüber nachdenken und sie vielleicht erst dann wertschätzen, wenn sie auf einmal fehlen.
Damit das möglichst nicht geschieht, gibt es glücklicherweise in unserer Stadt viele Akteure, die sich gemeinsam darum bemühen, die Zeugnisse der Baukultur für die Zukunft zu erhalten.
„Für dieses Anliegen engagieren sich ja in Wahrheit viele Partner, nicht nur das Denkmalschutzamt“, sagt Andreas Kellner, der Leiter des Hamburger Denkmalschutzamtes, und zählt auf: „Investoren und Behörden, Eigentümer und Architekten, Stiftungen und Vereine, Kunsthistoriker und Journalisten. Je mehr sie alle an einem Strang ziehen, umso besser gelingt es, Denkmäler zu erhalten.“
Und genau darum geht es beim Tag des offenen Denkmals, der in diesem Jahr unter dem Motto „Gemeinsam Denkmäler erhalten“ steht. Dass das nicht immer einfach ist, weiß Andreas Kellner aus seiner täglichen Praxis: „Es stimmt schon, dass hier mitunter divergierende Interessen sichtbar werden, dass ein Investor anders mit einem historischen Bauwerk umgehen möchte als ein Denkmalpfleger, aber fast immer gibt es einen Weg, die unterschiedlichen Standpunkte und Erwartungen in Einklang zu bringen.“ Das ist bei älteren Denkmälern in der Regel einfacher als bei Bauten, die erst in der Nachkriegszeit entstanden sind.
Wann gilt ein Objekt als denkmalwürdig?
Offenbar braucht es immer einen gewissen Abstand, damit sich ein unbefangenes Verhältnis zur Baukultur einer bestimmten Epoche entwickeln kann. Während zum Beispiel der Historismus in den 1960er- und 1970er-Jahren als monströse Verirrung ohne dauerhaften Wert betrachtet wurde, gelten heute neogotische oder neobarocke Gebäude als schön und selbstverständlich erhaltenswert.
„Als Denkmalpfleger müssen wir unserer Zeit immer etwas voraus sein und uns manchmal auch für die Erhaltung von Baudenkmälern einsetzen, die noch nicht allgemein akzeptiert sind, etwa für die Nachkriegsmoderne“, sagt Kellner, der spürt, dass jüngere Menschen etwa gegenüber Zeugnissen der 1950er-Jahre oft viel positiver eingestellt sind als die Generation, die die Erbauungszeit noch miterlebt hat.
„Das Motto ,Sharing Heritage‘, das die EU-Kommission für das Europäische Kulturerbejahr 2018 gewählt hat, bringt das Anliegen der Denkmalpflege auf einen guten Nenner: Es geht um ein gemeinsames Erbe, das nur gemeinsam erhalten werden kann. Dafür muss man es betrachten, kennenlernen und persönlich erfahren.
Der Tag des offenen Denkmals bietet am Wochenende dafür wieder viele Möglichkeiten“, sagt Kellner.
Vom Kasernendrill zur Kultur der Gemeinsamkeit
Von der 1878–83 entstandenen Kasernenanlage existiert nur noch der einstige Block III, in den 2010 der Verein für Kunst, Kultur und Gestaltung Frappant einzog. Mit dem Kollektiv Lux & Konsorten gründete er die fux eG, die das Denkmal 2015 kaufte, um es zu sanieren, umzubauen und zu erweitern. Seitdem entsteht hier ein gemeinsam betriebener Ort für Kunst, Kultur, Gestaltung, Gewerbe, Bildung und Soziales.
Ehemalige Viktoria-Kaserne, Bodenstedtstraße 16, Führungen: So lfd. 12–17 Uhr (zu Geschichte, Kunst, Projekt oder Baustelle)
Bauhausarchitektur für historische Puppenhäuser
1970 wurde sogar die Abrissgenehmigung erteilt, danach verfiel dieses großartige Beispiel des Neuen Bauens, das Karl Schneider 1923 errichtet hatte. Dass es sich heute wieder in hervorragendem Zustand befindet, ist der Galeristin Elke Dröscher zu danken, die die Ruine renoviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Heute befindet sich im Landhaus Michaelsen das Puppenmuseum Falkenstein mit einer Sammlung von 500 historischen Puppen.
Landhaus Michaelsen, Grotiusweg 79, Öffnungszeit: So 11–17 Uhr
Schwimmen, bis der Arzt kommt
Der schwimmende Krankenwagen stammt von 1929. Bis in die 1980er-Jahre war die Hafenarztbarkasse im Einsatz. Später ist sie gesunken, wurde gehoben und teilweise restauriert, drohte aber dennoch zu verfallen. Gerettet wurde sie erst seit 2014, als sich ein gemeinnütziger Verein um die Restaurierung zu kümmern begann. Zum Hafengeburtstag 2016 tauchte sie erstmals wieder in der Öffentlichkeit auf.
Ehemalige Hafenarztbarkasse, Museumshafen Oevelgönne, Öffnungszeit: Sa/So 10–19 Uhr, Ausfahrten 11, 14 und 17 Uhr
Weltkulturerbe aus rotem Backstein
Bernhard Hanssen und Wilhelm Emil Meerwein hießen die zu ihrer Zeit sehr erfolgreichen Architekten, die den Warenspeicher Block R 2 am St. Annenufer im zweiten Bauabschnitt der Speicherstadt in den 1890er-Jahren errichteten. Glücklicherweise wurde der beispielhafte Backsteinbau mit seinem Tonnengewölbe im Keller und der Eichenholzkonstruktion während des Krieges nicht zerstört. Heute beherbergt er u. a. eine Kafferösterei.
Block R 2, St. Annenufer 2, Öffnungszeit: So ab 11 Uhr
Parkidylle im Osten der Hansestadt
Nicht anders als der Stadtpark wurde auch der kleinere Volkspark im Stadtteil Hamm nach den Grundsätzen des Reformgartens gestaltet. Hamburgs Gartendirektor Otto Linne gliederte das Areal unter Einbeziehung der früheren Landsitze der Familien Sieveking und Chapeaurouge in Schaugärten, Spiel und Sportanlagen. Seit 2005 wird dieses Gartendenkmal nach dem historischen Vorbild instand gesetzt.
Hammer Park, Sievekingsallee/Hammer Steindamm, ganztägig geöffnet, Führung:
So 14.30 Uhr, Treffpunkt Haupteingang
Harburger Eisenbahnromantik
In Harburg war Schluss. Wer mit der 1847 eröffneten Bahn von Hannover kam, musste hier aussteigen. Vom ersten Harburger Bahnhof sind nur noch zwei Gebäude aus den 1870er-Jahren erhalten, das zweigeschossige diente Verwaltungszwecken, das ebenerdige als Lokschuppen. Auch ein Teil der Halle und Gleise vor deren Tor haben die Zeit überdauert. Eine Ausstellung zur Eisenbahngeschichte ist in der Halle zu sehen.
Alter Lokschuppen, Schellerdamm 19–21, Öffnungszeit: So 12–18 Uhr
Reformarchitektur im Niendorfer Gehege
Das kurz vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Landhaus Puls bildet mit dem westlich angrenzenden Garten ein beispielhaftes Ensemble der Reformarchitektur. Bei dem Haus, das nach Entwürfen des Architekten Peter Saxen für den Postpferdehalter Max Puls erbaut wurde, dürfte es sich um das größte zu dieser Zeit im Niendorfer Gehege entstandenen Wohngebäude handeln. Heute wird es als Seniorenwohnanlage genutzt.
Ehemaliges Landhaus Puls mit Garten, Bondenwald 56, Öffnungszeiten: Fr und Sa 14–17.30 Uhr, Führung: Fr 14 Uhr
Eine evangelische Kirche, die zur Moschee wird
Die Wellen schlugen ziemlich hoch, als die seit 2004 nicht mehr gottesdienstlich genutzte Kapernaumkirche 2012 an die islamische Al-Nour-Gemeinde verkauft wurde. Seither wird sie zur Moschee umgestaltet. Was aus dem 1958–61 von dem Architekten Otto Kindt errichteten Sakralbau inzwischen geworden ist, können die Besucher des Denkmaltags bei einer Baustellen-Exkursion selbst feststellen.
Ehemalige Kapernaumkirche/Al-Nour Moschee, Sievekingsallee 191, Öffnungszeit: Sa 11–15 Uhr, Führung 11.30 Uhr
Neue Perspektiven für ein altes Bauernhaus
Das Hufnerhaus am Moorfleeter Deich in Allermöhe ist eine echte Rarität, denn es gehört in ganz Norddeutschland zu den letzten Beispielen eines niederdeutschen Hallenhauses aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg. Nachdem das Gebäude lange vom Verfall bedroht war, kaufte es die Jugendbauhütte Hamburg im Jahr 2015, um es mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zu erhalten. Hier soll das Zentrum der Jugendbauhütte entstehen.
Hufnerhaus, Moorfleeter Deich 483, Öffnungszeit: Sa/So 11–17 Uhr