Rio de Janeiro. Senator Grote verteidigt 50.000 Euro teure Rio-Reise
Eins musste Andy Grote eingestehen: Es gibt schlechtere Orte, um den Job als Innen- und Sportsenator auszuüben, als die brasilianische Sechs-Millionen-Metropole Rio de Janeiro, in der noch bis zum Sonntag die Olympischen Sommerspiele ausgetragen werden. An der Copacabana, dem wohl berühmtesten Strand der Welt, feierte Grote das Gold der HSV-Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst. Nicht einmal zwölf Stunden später stand der 48-Jährige in Shorts und Flip-Flops an der Guanabara-Bucht am Fuße des Zuckerhuts und sah, wie die 49er-Segler Erik Heil/Thomas Plößel Bronze für Hamburg aus dem trüben Wasser fischten.
Dass es sich bei seiner Mission nicht um eine Lustreise handelt, wie der innenpolitische Sprecher der Hamburger CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, das „Treffen unter Palmen“ gebrandmarkt hatte, davon kündet der straff durchgetaktete Terminplan, den der SPD-Politiker mit Sportstaatsrat Christoph Holstein und Sportreferentin Cindy Schönfelder abarbeitet. Mehr als 30 Treffen mit Vertretern nationaler und internationaler Sportverbände sind innerhalb der sechs Tage – die Delegation ist seit Dienstagmorgen in Brasilien und reist am frühen Montagmorgen zurück – anberaumt. „Und es kommen spontan immer noch welche hinzu“, sagt Holstein (52).
Warum sich Hamburg angesichts der von der Bevölkerung im Referendum Ende November 2015 einkassierten Bewerbung um die Sommerspiele 2024 überhaupt noch präsentieren müsse, fragen Kritiker. Grote hat die Antwort darauf in Rio gefunden. „Weil wir hier aufklären können, dass Hamburg sich weiter als internationale Sportmetropole präsentieren möchte. Daran gab es nach dem negativen Referendum viele Zweifel, und die können wir in vielen Gesprächen ausräumen.“ Die Resonanz, die man erhalte, sei extrem positiv. „Alle finden es gut, dass wir dieses Zeichen setzen und uns nicht verstecken“, sagt Holstein.
Tatsächlich freuen sich die Hamburger Athleten über die Aufmerksamkeit, die ihnen entgegengebracht wird. „Viele Politiker sind ja nicht nach Rio gereist. Es ist ein wichtiges Zeichen für uns, dass unsere Erfolge wahrgenommen werden“, sagt Hockeystar Moritz Fürste vom Uhlenhorster HC. Grote ist vom Abschneiden des 34 Starter großen Hamburger Teams absolut begeistert. „In fast allen Sportarten, in denen sie angetreten sind, haben unsere Athleten Medaillen geholt. Das zeigt, dass unser Weg, Schwerpunktsportarten zu fördern, Früchte trägt“, sagt er.
Natürlich habe man Kritik an der Reise erwartet, sagt Grote. Wie berichtet kostet der Südamerika-Trip 50.000 Euro, da aufgrund von polizeilichen Vorgaben auch vier eigene Sicherheitskräfte gebucht und ein eigenes Auto zur Fortbewegung in der bisweilen chaotisch verstopften Stadt gemietet werden musste. „Aber wenn ich all diese Gespräche abseits von Olympia, wo alle Funktionäre geballt zu treffen sind, führen wollte, bräuchte ich ein halbes Jahr und mehr Geld. Ich kann ja nicht erwarten, dass die alle nach Hamburg kommen“, sagt er. Olympia sei nun mal die größte Messe des Sports.
Wie sinnvoll Gespräche mit nationalen und internationalen Verbandsvertretern seien, könne man an den Ergebnissen ablesen, die bereits erzielt wurden. Mit dem Veranstalter der hoch dotierten Beachvolleyball-Major-Serie, dem Österreicher Hannes Jagerhofer, wurde vereinbart, das Anfang Juni am Rothenbaum ausgetragene Turnier dauerhaft in der Stadt auszurichten. Grote würde darüber hinaus – in Zusammenarbeit mit dem Olympiastützpunkt (OSP) in Dulsberg – Hamburg gern zur Hauptstadt des Beachvolleyballs ausbauen. Mit Vertretern des Basketball-Weltverbands und von Nordamerikas Superliga NBA wurden Möglichkeiten ausgelotet, um NBA-Spiele nach Hamburg zu holen. Mit Vertretern des Boxweltverbands sollen noch Details zur Amateur-WM besprochen werden, die im September 2017 in der Sporthalle Hamburg in Winterhude ausgetragen wird. Grote: „All das sind wichtige Bausteine für uns, um in unseren Schwerpunktsportarten unsere Position als Sportstadt zu festigen.“
Holstein verhehlt nicht, dass ihn in diesen Tagen bisweilen auch die Wehmut packt. Weil die infrastrukturellen Probleme, die die weit über Rio verteilten Sportstätten verursachen, vor Augen führen, welche Maßstäbe die Spiele 2024 in Hamburg hätten setzen können. Dennoch: „Wir haben das Gefühl, dass die Brasilianer sich alle Mühe geben, und das honorieren wir“, sagt er.