Hamburg/London. Britische Anti-Korruptions-Behörde überprüft Praktiken beim Flugzeugverkauf. Die Aktie von Airbus gibt nach.
Dem größten Arbeitgeber Hamburgs droht Ungemach aus der britischen Hauptstadt. Die Anti-Korruptions-Behörde Serious Fraud Office (SFO) ermittelt wegen des Verdachts auf Bestechung, Betrug und Korruption bei der Airbus Group, teilte sie jetzt in London mit. Womöglich hat der Flugzeugbauer neue Kunden für seine Jets mit unsauberen Praktiken gewonnen.
Der Behörde zufolge traten die Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Beratern einer „dritten Partei“ auf. Die Ermittlungen seien bereits im Juli eingeleitet worden. Weitere Details wollte die Behörde nicht nennen. Airbus hatte sich nach eigenen Angaben selbst angezeigt. Es soll um Fehler bei Anträgen auf Finanzierungshilfen für seine Kunden gehen. Teilweise wurden solche Geschäfte zwischenzeitlich gestoppt. „Das ist etwas, was wir selbst aufgedeckt haben“, sagte Airbus-Sprecher Jeremy Greaves. Die Informationen, die den Ermittlungen zugrunde liegen, habe der Konzern bereits im April an die zuständigen Behörden gegeben. Dies zeige, dass das Management entschlossen sei, die Vorfälle aufzuklären, da sie nicht den Firmengrundsätzen entsprächen. Um wie viele Flugzeuge es gehe und welche Kunden in welchem Zeitraum betroffen sind, wollte Airbus nicht mitteilen. Das SFO ist in Großbritannien für die Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität zuständig.
Airbus bietet vielen Fluggesellschaften Hilfe bei der Finanzierung ihrer Bestellungen an, etwa wenn die Käufer die notwendigen Kredite gar nicht oder nur zu schlechteren Konditionen erhalten könnten. Teilweise kommen dabei staatliche Exportkreditgarantien zum Einsatz. Dem Vernehmen nach sollen in den Finanzierungsanträgen beteiligte Vermittler oder Berater nicht genannt worden sein. In Großbritannien, Deutschland und Frankreich hatten die Behörden Kreditabsicherungen für Airbus daher bereits vorläufig gestoppt.
Für finanzschwache Kunden sind Exportgarantien wichtig
Seit mehr als 60 Jahren gibt es hierzulande die sogenannten Hermesdeckungen. Diese Exportgarantien organisiert der Kreditversicherer Euler Hermes im Auftrag des Bundes. Er sichert dabei deutsche Unternehmen gegen Zahlungsausfall aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen ab, wenn diese ihre Waren ins Ausland verkaufen. Das Risiko des Forderungsausfalls wird so auf den Staat übertragen. Im Gegenzug muss eine Prämie gezahlt werden, die in der Luftfahrtbranche nach Insiderangaben im hohen einstelligen Prozentbereich liegt.
Für den multinationalen Konzern gibt es eine EU-weit einheitliche sogenannte Airbusgarantie von Euler Hermes und den Partnerinstituten Coface (Frankreich) und UK Export Finance (Großbritannien). Nach der weltweiten Wirtschaftskrise mit ihren Verwerfungen auf den Finanzmärkten wurde das Instrument sehr häufig genutzt. Im Jahr 2010 wurden beispielsweise von 510 ausgelieferten Jets noch 196 über die Airbusgarantie abgewickelt.
Im vergangenen Jahr waren es bei 635 Flugzeugverkäufen nur noch 45, also sieben Prozent. Bezogen auf die ausgelieferten Flugzeuge sei die Zahl zwar gering, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Abendblatt. Die Airbusgarantie sei insbesondere für kleine Airlines und Leasinggesellschaften aus wirtschaftlich schwächeren Staaten aber extrem wichtig. „Gerade wenn es um Kunden geht, die Schwierigkeiten haben, auf normalem Wege Kredite zu erhalten oder günstigere Konditionen erreichen möchten.“ Er schätzt, dass 25 bis 30 Prozent der Kunden solche Kreditabsicherungen nutzen, während die Käufer großer Stückzahlen eine ausreichende Kapitalstärke hätten und nicht darauf angewiesen seien. Airbus hofft, noch vor Jahresende die Garantien wieder anbieten zu können.
Auch der Hauptkonkurrent Boeing setze solche Absicherungen im Kampf um die Kunden ein, sagte Großbongardt. „Das ist ein Instrument im Wettbewerb, um die Refinanzierungskosten runterzuschrauben.“ In den Vereinigten Staaten stellt die US Export Import (EXIM) Bank solche Absicherungen aus.
An der Börse kam die Ankündigung der britischen Behörde nicht gut an. Die Airbus-Aktie verlor in einem insgesamt positiven Marktumfeld rund 1,3 Prozent. „Für die Aktien ist es sicherlich nicht positiv, wenn sich die Ermittlungen nun intensivieren“, sagte ein Händler.
Die Airbus Group ist der größte europäische Flugzeug- und Rüstungskonzern, kam im vergangenen Jahr auf einen Umsatz von 64,5 Milliarden Euro und beschäftigt 136.600 Mitarbeiter, darunter rund 12.500 in Hamburg.