Neustadt. Ein 36-Jähriger wollte mit einer Waffe ins Strafjustizgebäude. Nun steht der Mann vor Gericht und versucht sich zu erklären.

„Ich wollte hier keinen Rambo machen oder so.“ Im Nachhinein scheint dem Mann klar zu sein, wie sein Auftritt gewirkt haben könnte. Einem Actionfilm-Helden ähnlich, mit einer unverdächtig aussehenden Tasche unter dem Arm, ein Gebäude zu betreten – und auf diese Weise eine Waffe hineinschmuggeln zu wollen. Rambo lässt grüßen. Auch wenn Berat P. (Name geändert) im richtigen Leben steht und weit von irgendwelchen Rächer-Ambitionen entfernt ist: Was der 36-Jährige sich geleistet hat, geht gar nicht.

Vor allem dann nicht, wenn das Gebäude, an dessen Eingang eine Waffe bei ihm gefunden wurde, ein besonders geschützter Bereich ist, nämlich das Strafjustizgebäude, wo sich Straftäter vor Gericht verantworten müssen, wo es eine Sicherheitsschleuse ähnlich der am Flughafen gibt und wo schon zierliche Taschenmesser oder Nagelscheren nichts zu suchen haben. Eine Schusswaffe hier durch die Einlasskontrolle mitnehmen zu wollen, bedarf schon eines üppigen Maßes an Dreistigkeit. Oder war es doch nur Schusseligkeit? Der 36-Jährige behauptet jedenfalls, er habe schlicht vergessen, dass er einen mit Gummigeschossen geladenen Revolver bei sich trug, als er das Gebäude betreten wollte. „Ganz ehrlich“, sagt er, „das war keine Absicht.“

„Das ist meine eigene Blödheit gewesen“

Ziemlich entspannt wirkt der wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagte Gabelstaplerfahrer im Prozess vor dem Amtsgericht, mit lässiger Haltung und weitschweifigen Gesten, die wohl vor allem eines sagen sollen: Alles nicht so schlimm. An jenem Tag im November vergangenen Jahres habe er einen Kumpel abholen wollen, der eine Verhandlung im Strafjustizgebäude hatte, um anschließend mit ihm zum Fitnesstraining zu gehen. „Doch sein Prozess dauerte länger, da wollte ich zu ihm rein“, sagt der drahtige Mann mit dem Dreitagebart. Dass er noch eine Waffe in seiner geräumigen Sporttasche hatte, habe er einfach nicht bedacht. „Ich hatte einige Zeit vorher einen Umzug, da hatte ich alles in die Tasche reingestopft, auch die Schreckschusswaffe.“ Und weil sie in einem Seitenfach steckte, in das er üblicherweise nicht reinguckt, habe er sie auch nicht gesehen. Sonst hätte er wohl kaum versucht, argumentiert er, ausgerechnet ein Gebäude zu betreten, in dem Recht gesprochen werde. „Das ist meine eigene Blödheit gewesen.“ Die Waffe habe er „vor sechs oder sieben Jahren gekauft. Ich habe nie damit geschossen.“

Auf den Hinweis der Amtsrichterin, dass er so einen Revolver überhaupt nicht ohne den Kleinen Waffenschein tragen dürfe, kontert Berat P.: „Wenn wir alle die Gesetze einhalten würden, würde die Justiz gar nicht existieren.“ Man müsse bedenken: „Das war ja gar keine scharfe Waffe. Das war eine Weintraube im Gegensatz zu einer Melone.“

Solche bildhaften Vergleiche können gleichwohl die Verletzungsgefahr auch durch eine Schreckschusswaffe mit Gummigeschossen nicht kaschieren. „Schön ist das bestimmt nicht, wenn man so ein Geschoss abbekommt“, belehrt die Richterin den Angeklagten. Insbesondere wenn es auf Weichteile oder die Augen treffe. „Dann kann das richtig gefährlich werden.“

„Hunde, die bellen, beißen nicht“

Zumal es einen Hinweis gibt, dass Berat P. eine Affinität zu Waffen hat – und ein ausdrückliches Verbot, welche zu besitzen. Hintergrund ist eine frühere Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung, damals bekam er sechs Monate Haft auf Bewährung. Der Hamburger hatte einen massiven Übergriff auf seine Ex-Freundin verübt. Laut Urteil rastete er aus, als sie ihm nicht ihr Smartphone zu Kontrollzwecken aushändigen wollte, schlug sie und würgte sie, bis sie Sternchen sah. Und er drohte demnach, er werde „ihr ins Bein schießen“.

„Es gibt Menschen, die reden viel, tun aber nichts. Hunde, die bellen, beißen nicht“, fällt Berat P. dazu ein. „Auch wenn ich aggressiv bin, weiß ich, was ich tue. Das war nur eine leere Drohung.“

Sie nehme es dem Angeklagten nicht ab, dass er die Waffe schlicht vergessen habe, sagt die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Und schließlich sei auch die Schreckschusspistole gefährlich. Zudem habe den Angeklagten seine frühere Verurteilung wohl nicht sonderlich beeindruckt: „Offenbar hat er Bewährung mit Freispruch verwechselt.“ Die Anklägerin fordert drei Monate Haft, ohne Bewährung. Berat P. wirkt angesichts der Möglichkeit, dass er im Gefängnis landen könnte, erstmals in diesem Prozess beunruhigt. „Es wäre sehr hart, wenn ich das bekäme.“ Die Amtsrichterin meint schließlich, dass eine Geldstrafe noch ausreichend sei. 90 Tagessätze zu 40 Euro lautet ihr Urteil. „Auch Schreckschusswaffen sind nicht erlaubt, und die Trommel war geladen“, ermahnt sie den Angeklagten. Nicht vergessen dürfe man seine Vorstrafe, bei der er massive Aggressivität gezeigt habe. „Gewaltdelikte und Waffen sind eine schlechte Kombination.“