Hamburg. Die Zahl der Kindner steigt seit 2010. Die FDP macht Einführung der Inklusion verantwortlich. Die Behörde weist den Vorwurf zurück.
Die Zahl der Schüler, die zu Hause oder im Krankenhaus unterrichtet werden, ist in den vergangenen Jahren um rund ein Drittel gestiegen. Im Schuljahr 2010/11 erhielten 1546 Jungen und Mädchen – zumeist zeitlich begrenzt – Unterricht außerhalb der Schule. Im jetzt abgelaufenen Schuljahr waren es 2035 Kinder.
Das hat der Senat auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein geantwortet. Die Schulpolitikerin vermutet einen Zusammenhang mit der Einführung der Inklusion, also des Rechts behinderter Kinder auf den Besuch einer Regelschule, vor fünf Jahren.
„Der Steigerung des Haus- und Krankenunterrichts legt den Verdacht nahe, dass durch die Inklusion vermehrt Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gar nicht mehr auf eine reguläre Schule gehen, weil sie dort überfordert sind und die Förderschulen politisch ins Abseits gedrängt werden“, sagt Treuenfels-Frowein. Die Idee der Inklusion werde so ins Absurde geführt. „Inklusion wird so zur Exklusion.“
Aus der Schulbehörde kommt entschiedener Widerspruch. „Der Anstieg hat nichts mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu tun“, sagt Roland Willner, Grundsatzreferent von Schulsenator Ties Rabe (SPD). Das spezielle Angebot des Unterrichts außerhalb der Schulen richte sich an Kinder und Jugendliche, die an Krebs erkrankten, an schweren chronischen Krankheiten oder Depressionen litten, die einen regulären Schulbesuch ausschlössen.
Neue Struktur des Unterrichts sei der Grund
Willner führt die Steigerung der Fallzahlen auf die neue Struktur des Unterrichts außerhalb der Schule zurück. Vor sechs Jahren wurde das Bildungs- und Beratungszentrum Pädagogik bei Krankheit (BBZ) gegründet, das den Haus- und Krankenunterricht alter Prägung abgelöst hat. „Das BBZ liefert individuelle Angebote, die den Schulunterricht temporär kompensieren und manchmal auch nur wenige Stunden umfassen können“, sagt Willner. Früher sei bei einer schweren Erkrankung häufig entschieden worden, dass erst einmal gar kein Unterricht mehr stattfinde.
„Außerdem hat die Bekanntheit des BBZ in den zurückliegenden Jahren zugenommen, sodass mehr Eltern betroffener Kinder auf die Angebote zurückgreifen“, sagt Willner. Wenn ein Schüler für längere Zeit oder auf Dauer erkrankt ist, können die Eltern einen Antrag auf Beschulung durch das BBZ stellen. Letztlich entscheiden die Sorgeberechtigten zusammen mit Ärzten und Therapeuten über den richtigen Weg.
Nach Angaben von Willner ist das Personal des BBZ deutlich aufgestockt worden, um den gestiegenen Bedarf abdecken zu können: Von 65 Pädagogenstellen vor drei Jahren auf jetzt 85. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass erkrankte Kinder im BBZ – einzeln oder in kleinen Gruppen – zu Hause oder im Krankenhaus unterrichtet werden. Neben Lehrern unterschiedlicher Schulformen und Fachrichtungen sind auch Sonder- und Sozialpädagogen sowie Psychologen im Einsatz.