Wie stark sind Kontakte der Partei in rechtsextreme Milieus?

Man kann über den Landesverband der AfD so oder so denken. Eines haben die Hamburger Deutsch-Alternativen aber allen anderen voraus: In ihren Reihen gibt es eine Originalwaffe des verstorbenen Gründers der rechtsextremen DVU und Nationalzeitungs-Herausgebers Gerhard Frey. Es handelt sich nach Abendblatt-Informationen um eine Pistole des Typs Sig Sauer P228, und sie befindet sich im Besitz von Alexander Wolf, dem Hamburger AfD-Parteivize und parlamentarischen Geschäftsführer der Bürgerschaftsfraktion.

Wolf bestätigte den Besitz auf Nachfrage. Er habe Gerhard Frey junior, den Sohn des DVU-Gründers, während des Studiums in München kennengelernt. „Dieser Kontakt ist nie ganz abgerissen, wobei die unterschiedlichen politischen Auffassungen keine Rolle spielten“, so Wolf. „Nach dem Tod seines Vaters erinnerte sich Herr Frey junior dann wohl daran, dass ich als Jäger möglicherweise Verwendung für eine ihm hinterlassene Waffe hätte, für die er selbst keine Verwendung hatte.“ Mit dem Senior aber habe er nie zu tun gehabt, so Wolf.

Nun sagt diese Anekdote nicht unbedingt viel über die Ausrichtung der AfD. Gleichwohl zeigt sie, dass es auch in der als vergleichsweise moderat geltenden Hamburger Partei Grenzgänger in rechtsextreme Milieus gibt. Wolf hatte ja nicht nur diesen Kontakt. Während des Studiums gründete er den Hochschulverband der „Republikaner“, die nach seinem Austritt ab 1992 vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, und trat in die ebenfalls beobachtete Burschenschaft Danubia ein, der er als „Alter Herr“ bis heute angehört. Über Danubia-Studenten heißt es im bayerischen Verfassungsschutzbericht, dass einige „Beziehungen zur rechtsextremistischen Szene unterhalten oder ... unterhalten haben“. Zudem träten bei Danubia „Referenten aus dem rechts­extremistischen Bereich auf“. Wolf war auch Mitglied der Verbindung „Waffenring“ in Namibia (früher: Deutsch-Südwest), dementiert aber jede politische Arbeit, etwa im Zuge der Konflikte um die Apartheid.

In jeder Hinsicht als Grenzgänger muss man wohl den Bürgerschaftsabgeordneten Ludwig Flocken bezeichnen, der im Februar einem Ausschluss aus der AfD-Fraktion durch Austritt zuvorkam. Wie Flocken denkt, zeigen Kleine Anfragen, in denen er etwa von „nach Deutschland eingedrungenen Ethnien“ schrieb und Bürgerschaftsreden, in denen er Muslime bezeichnete als „Menschen, die sich von Gottesgelehrten belehren lassen, wie sie ihre Frauen zu schlagen und ihre Babys sexuell zu missbrauchen haben“. Laut AfD läuft nun auch ein Parteiausschlussverfahren gegen Ludwig Flocken.

Eindeutig die Grenze zum Rechts­radikalen überschritten hat das Hamburger AfD-Mitglied Björn Neumann. Neumann war laut Verfassungsschutz DVU-Mitglied und später einer der Spitzenkandidaten der NPD in Hamburg. Laut AfD hat er sein Vorleben verschwiegen, und es laufe auch gegen ihn ein Ausschlussverfahren. Das hinderte Neumann nicht daran, kürzlich an einer AfD-Veranstaltung in Schwerin teilzunehmen und sich neben Bundesvize Alexander Gauland fotografieren zu lassen.

Mit Torsten Uhrhammer, derzeit Mitarbeiter der Bürgerschaftsfraktion und laut Parteiauskunft nur „Fördermitglied“ der AfD, findet sich ein weiteres früheres DVU-Mitglied im Umfeld der Hamburger AfD. Uhrhammer spielte schon beim Aufbau der Schill-Partei eine tragende Rolle. Mit dem kurzzeitigen Innensenator Dirk Nockemann, der sich zwischenzeitlich erfolglos für die „Deutsche Zentrumspartei“ engagierte, sitzt nun ein einstmals enger Schill-Vertrauter für die AfD in der Bürgerschaft. Die Ex-Schill-Abgeordneten Norbert Frühauf, Peter Lorkowski und Bodo Adolphi sind heute AfD-Bezirksabgeordnete. Karina Weber, ebenfalls Ex-Schill-Abgeordnete, scheiterte nur knapp am Einzug in die Bürgerschaft für die AfD.

Hamburgs Verfassungsschutzchef Torsten Voß sieht momentan keinen Anlass, die AfD in Hamburg beobachten zu lassen. „Es liegen bisher keine Anhaltspunkte vor, dass die Partei die freiheitliche demokratische Grundordnung abschaffen will“, so Voß. Die bundesweite Entwicklung müsse jedoch einbezogen werden. So müsse geprüft werden, ob es Tendenzen in der AfD gebe, die Religionsfreiheit einschränken zu wollen. Hinzu komme die AfD-Diskussion über Antisemitismus. Auch „Kontakte zum Rechtsextremismus“ müssten betrachtet werden.

„Mit Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass in der ,Patriotischen Plattform‘ der AfD taktische Tipps gegeben werden, um eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu vermeiden“, so Voß. „Wenn ich all das betrachte, will ich nicht ausschließen, dass sich extremistische Teilstrukturen in der AfD entwickeln, die in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten.“

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