Langenhorn. Wie Stiftungsmitarbeiter versuchen, das Archiv des Ex-Kanzlers zu erschließen
Seit dem Tod Helmut Schmidts im November 2015 ist das von außen unscheinbare Anwesen in Langenhorn unbewohnt. Aber verändert hat sich seitdem nahezu nichts. Das Messingschild „Helmut Schmidt“ über der Klingel hat seine Patina behalten. Die Schmidts hatten die geklinkerte Doppelhaushälfte 1961 gekauft – und sich immer weiter ausgebreitet. Das Haus bekam einen Anbau, die zweite Hälfte wurde dazugekauft. Mittlerweile erstreckt sich das Anwesen auf vier Grundstücke, sagt Stefan Herms, Geschäftsführer der Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung. Auf der einen Seite ist das Doppelhaus, in dem das Paar wohnte, und gegenüber das Archiv. Viel zu sichten für die Mitarbeiter der Stiftung.
Die Wände des Wohnzimmers sind fast bis zum letzten Quadratzentimeter mit Büchern vollgestellt. Die Regale biegen sich unter der Last der schweren Bildbände und der ledergebundenen Nachschlagewerke, wie etwa die „Propyläen Geschichte Europas“. Da, wo die Bücherregale noch Platz gelassen haben, sind die Wände über und über bedeckt mit Bildern: Nolde, Chagall, Heckel, Heisig, Kokoschka und August Macke, Grafiken von Dalí, Miró oder Picasso. „Es sind Originale, viele davon Zeichnungen und Drucke in limitierter Auflage“, sagt Herms. „Eine bemerkenswerte Sammlung, aber keine echte Konkurrenz für die Kunsthalle.“
Gegenüber dem Wohnhaus ist der Archivbau mit dem Büro der Helmut-und-Loki-Schmidt-Stiftung. Heike Lemke, die Archivarin der Stiftung, schätzt, dass der Nachlass mehr als 25.000 Bücher umfasst. Dazu komme alles aus den Büros des Ex-Kanzlers und Ex-Herausgebers der „Zeit“. Überall stehen Kartons, die noch ausgepackt werden müssen. Einen eigenen großen Raum nimmt das Archiv Helmut Schmidts ein. Mehr als 2500 Aktenordner. „Es ist ein sehr persönliches Archiv“, sagt Lemke. „Helmut Schmidt hat hier ein Presseecho angelegt, das bis 1953 zurückreicht.“ Dazu kommen Briefwechsel, Vorträge, Unterlagen aus Jahrzehnten, vieles davon handschriftlich.
Das ist einerseits eine Fundgrube für Historiker. Andererseits bestehen viele Akten aus säurehaltigem Papier. „Wir müssen das Archiv erst vollständig erschließen und dann sichern, bevor die Papiere zerbröseln“, skizziert Lemke die Aufgaben der Stiftung in der nächsten Zeit. Und digitale Aufzeichnungen? „Helmut Schmidt hat keinen Computer benutzt. Wir standen hier immer mit einem Bein in der Steinzeit.“