Hamburg. Einigung bei der Initiative und den Fraktionschefs Dressel und Tjarks. Und die umfasst weit mehr als nur Fragen zur Unterbringung.
240 eng bedruckte Seiten – was die Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ und die Bürgerschaftsfraktionschefs Andreas Dressel (SPD) und Anjes Tjarks (Grüne) ausgehandelt und die beiden Fraktionen einstimmig beschlossen haben, ist ein ungewöhnlich umfangreicher Bürgerschaftsantrag. Die Vereinbarung deckt weit mehr ab, als das Thema Flüchtlingsunterbringung vermuten lässt.
Das Wohnungsbauprogramm des Senats mit jährlich 10.000 neuen Wohnungen spielt ebenso eine Rolle wie die Nachverdichtung vorhandenen Wohnraums. Auch in den Bereichen Kita, Schule sowie Arbeit und Ausbildung haben sich beide Seiten unter dem Vorzeichen der Integration verständigt.
Ein wesentlicher Baustein der Verständigung sind neun Bürgerverträge, die zwischen dem Senat, den örtlichen Bürgerinitiativen sowie dem jeweiligen Bezirksamt, der Bezirksversammlung sowie der Bürgerschaft geschlossen werden sollen. Vorbild ist der Bürgervertrag für Neugraben-Fischbek, der bereits vor zwei Wochen abgeschlossen wurde. In diesen Verträgen wird nicht nur präzise festgelegt, wie viele Plätze für Flüchtlinge an welchem Standort innerhalb welchen Zeitraums geschaffen werden sollen, sondern auch konkrete Schritte zur Integration vor Ort vereinbart. In der Regel gehört auch die Festlegung einer Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtlingen für den jeweiligen Stadtteil dazu.
Soziale Überlastungen sollen vermieden werden
Außer Neugraben-Fischbek sind Bürgerverträge für Poppenbüttel, Lemsahl, Klein Borstel, Langenhorn, Eimsbüttel, Rissen, Eppendorf sowie gemeinsam für Lurup, Osdorf und Bahrenfeld verhandelt worden. Beim Projekt Mittlerer Landweg im Bezirk Bergedorf kam es lediglich zu einer Teilverständigung. Für das Projekt Rehagen in Hummelsbüttel ist keine Einigung zustande gekommen.
Die Verbesserung der Infrastruktur rund um die Flüchtlingsunterkünfte und die Integration der zugewanderten Menschen kostet Geld. Eine seriöse Bezifferung von Haushaltsmitteln sei jedoch derzeit nicht möglich, heißt es in dem Papier. Allerdings sei man sich einig, dass die Mehrkosten für die Integrations- und Unterbringungspolitik nicht zulasten anderer Bereiche gehe.
Bei der Planung künftiger Standorte solle darauf geachtet werden, „soziale Überlastungen in Stadtteilen mit besonderen Problemlagen zu vermeiden“. Wenn Flüchtlingseinrichtungen in sozial belasteten Stadtteilen geschaffen werden, werde die soziale Infrastruktur ausgebaut. Die Verhandlungspartner einigten sich darauf, einen „Hamburger Verteilungsschlüssel“ zu erarbeiten, in dem unterschiedliche Kriterien berücksichtigt werden.
Um eine hohe Qualität der Betreuung der Flüchtlinge zu gewährleisten, sollen künftig auch Folgeunterkünfte von erfahrenen Hilfsorganisationen wie dem ASB, dem DRK oder den Johannitern betrieben werden dürfen. Bislang liegen die Folgeunterkünfte ausschließlich in der Regie der städtischen Gesellschaft „Fördern + Wohnen“.
CDU-Fraktionsvize Karin Prien begrüßte die Einigung: „Wir sind heilfroh, dass unserer Stadt, ihren Bürgern und den Flüchtlingen die von SPD und Grünen geplanten integrationsfeindlichen Massenunterkünfte nun weitgehend erspart bleiben.“ Eine „Riesensauerei“ sei dagegen der Umgang von SPD und Grünen mit den anderen Fraktionen, weil die Zeit zur Beratung viel zu kurz sei. Damit werde die parlamentarische Kontrollfunktion der Bürgerschaft faktisch ausgeschaltet.