Hamburg. Das Geldinstitut nimmt Strafgebühren für besonders hohe Einlagen von Versicherungen und Pensionskassen. Kreditgeschäft wächst.
Jetzt hat es die Banker der Hamburger Volksbank erstmalig selbst getroffen. Über Nacht mussten sie einen größeren Betrag bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken und dafür Zinsen bezahlen, anstatt welche zu bekommen. „Es kostete uns nur eine kleine Summe, aber das hat unsere Banker doch geärgert“, sagt Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank bei der Vorlage der Bilanz. Die Geldinstitute müssen einen Strafzins von 0,4 Prozent entrichten, wenn sie Geld bei der EZB parken.
Das bekommen inzwischen auch erste Großanleger der Hamburger Volksbank zu spüren. Dabei handelt es sich um andere Kreditinstitute, Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke etwa für Ärzte, die auf einen Schlag zehn bis 30 Millionen Euro bei der Volksbank parken. „Erst haben wir die Negativzinsen als Kontoführungsgebühren getarnt“, sagt Brüggestrat. Doch inzwischen werde das Kind beim Namen genannt. Die Negativzinsen bewegen sich unterhalb des Zinssatzes, den die EZB verlangt. Auch Firmen mit großer Liquidität kann es künftig treffen, denn die Volksbank muss auch bei der DZ Bank, dem Spitzeninstitut der Genossenschaftsbanken, Strafzinsen bezahlen, wenn sie Geld parkt.
„Wir stemmen uns so lange wie möglich gegen Negativzinsen für Privatkunden und unsere typische mittelständische Kundschaft“, sagt Brüggestrat. Er rechnet auch nicht damit, dass der Negativzins für Bankeinlagen bei der EZB weiter steigt. „Wir haben die volkswirtschaftliche Funktion, Geld sicher aufzubewahren“, sagt er. Bei Strafgebühren für Ersparnisse sieht Brüggestrat die Gefahr, dass Kunden ihre Einlagen abheben und zu Hause lagern. „Für eine solche Entwicklung möchte ich nicht verantwortlich sein.“
Angesichts der Zinsproblematik hilft es der Bank, wenn sich das Kreditgeschäft gut entwickelt. „Wir sind gut in das Jahr gestartet und rechnen mit einem zweistelligen prozentualen Wachstum in diesem Bereich“, sagt Brüggestrat. Dazu tragen Firmenkredite und private Baufinanzierungen bei. Im vergangenen Jahr hat die Bank ihr Kreditgeschäft um 9,7 Prozent auf 1,415 Milliarden Euro gesteigert, während das Wachstum im Hamburger Markt nur bei 0,9 Prozent lag.
Zwar werden die Margen im Kreditgeschäft immer geringer, aber der Bereich sichert Erträge, die in Form der Zinszahlungen über viele Jahre fließen. 80 Prozent der Kredite sind langfristig mit einer Laufzeit von mindestens fünf Jahren. Im vergangenen Jahr stieg der Zinsüberschuss um knapp eine Million Euro auf 48,2 Millionen Euro. Die andere Einnahmequelle einer Bank, der Provisionsüberschuss, legte von 20,5 auf 21,8 Millionen Euro zu. Immer mehr Kunden schließen Wertpapiersparpläne ab. Ihre Anzahl stieg im vergangenen Jahr um 44 Prozent. Monatlich wird ein fester Betrag in einen oder mehrere Investmentfonds häufig aus dem Aktienbereich investiert. „Es geht nicht darum, alle Spargelder in eine solche Anlage umzuschichten“, sagt Brüggestrat. „Aber wir wollen unsere Kunden dafür gewinnen, regelmäßig in Wertpapiere zu investieren.“ Nur so lasse sich für die Kunden noch eine Rendite erwirtschaften. Die Volksbank will auch ihre Beratungstätigkeit ausbauen, denn nur die Hälfte der Anleger besitzt Wissen über Wertpapiere, wie eine Studie jüngst ergab. Im vergangenen Jahr wurden 39.400 Finanzplangespräche mit den Kunden geführt.
In den kommenden Jahren will die Hamburger Volksbank die Digitalisierung des Geschäfts ausbauen. Apps sollen dabei helfen, den nächsten Geldautomaten zu finden, eine Überweisung zu tätigen oder Kontoumsätze abzurufen. Bisher gibt es verschiedene Apps dafür. „Ab Herbst werden wir ein einheitliches Produkt anbieten können“, sagt Brüggestrat. Während der Zahlungsverkehr immer stärker über das Online-Banking laufe, werde die Filiale zum Zentrum der Beratung.
# „Die Kunden erwarten dazu eine sehr diskrete und entspannende Atmosphäre, die wir aus Platzgründen nicht in jeder Filiale bieten können“, sagt Brüggestrat. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass in den nächsten Jahren noch die eine oder andere Filiale geschlossen wird. Gegenwärtig verfügt die Hamburger Volksbank über 38 Zweigstellen. Netto konnten im vergangenen Jahr 2000 Neukunden gewonnen werden. Das Institut hat insgesamt 115.000 Kunden.
Die Bilanzsumme der Hamburger Volksbank stieg im vergangenen Jahr um 10,8 Prozent auf 2,93 Milliarden Euro. Das Betriebsergebnis sank leicht um 1,2 Millionen Euro auf 15,6 Millionen Euro, was durch einen erhöhten einmaligen Aufwand für die Pensionen begründet ist. Der Jahresüberschuss betrug wie im Vorjahr 4,3 Millionen Euro. Die Kernkapitalquote lag bei 16,4 Prozent. Die 56.000 Mitglieder der Genossenschaftsbank erhalten auf ihre Anteile eine Dividende von fünf Prozent.