Hamburg . Das Bodenpersonal am Flughafen wehrt sich gegen den Spardruck. Gewerkschaft fordert mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen.

Kontrollen macht Angela Bunge im Sekundentakt: Pass, Bordkarte, Einreisebestimmungen, Handgepäck. Der Nächste, bitte. „Es wird immer mehr, in immer kürzerer Zeit verlangt. Der Druck ist immens“, sagt die 56-Jährige. Seit 17 Jahren arbeitet sie am Hamburger Flughafen im Check-in und am Gate. Das Zeitfenster von der Landung einer Maschine bis zum nächsten Start beträgt im Schnitt kaum mehr als eine halbe Stunde, in der die Mitarbeiter des Bodenpersonals vom Ausstieg, über das Gepäck-Handling bis zur Abfertigung am Gate alles abwickeln müssen. „Da kann man den Sicherheitsstandards gar nicht immer so gerecht werden, wie man es möchte“, sagt Bunge.

Deshalb steht sie am Mittwochmittag gemeinsam mit einem Dutzend Kollegen hinter einem großen Spruchband in Terminal 1 des Hamburg Airports und verteilt Flugblätter. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hatte bundesweit zu der Protestaktion unter dem Motto „Damit Fliegen sicher bleibt“ aufgerufen, um auf die extreme Belastung und die niedrige Bezahlung bei den Bodenverkehrsdiensten aufmerksam zu machen. „Die Airlines machen Rekordgewinne, gleichzeitig werden die Kosten gedrückt. Das wirkt sich massiv auf die Beschäftigen aus“, sagt Ver.di-Gewerkschaftssekretär Björn Krings. „Billig, billig ist nicht sicher.“

Die Aktion ist zudem Auftakt für kommende Tarifrunden, die in den nächsten Monaten anstehen. Neben Standards für Qualifikation, Gesundheit und Sicherheit fordern die Arbeitnehmervertreter deutliche Lohnerhöhungen und den Abbau prekärer Arbeitsverhältnisse. Voraussichtlich müssten Fluggäste sich auch auf Streikmaßnahmen einstellen, so Krings.

Flughafen-Personal kriegt gerade mal den Mindestlohn

In Hamburg arbeiten nach Gewerkschaftsangaben viele der insgesamt mehr als 1000 Beschäftigen in den Bereichen Flugzeug- und Gepäckabfertigung, Reinigung, Fahrdienst und Check-in mit Miniteilzeitverträgen und für wenig Geld. Teilweise gibt es kaum mehr als den städtischen Hamburger Mindestlohn von 8,67 Euro. Auch Check-in-Mitarbeiterin Bunge, die beim Dienstleister AHS inzwischen im Betriebsrat ist, hat einen sogenannten Effektiv-Stundenvertrag, der ihr gerade mal 40 Arbeitsstunden im Monat garantiert. Aufgestockt wird nach Erfordernissen des Arbeitgebers.

Hintergrund ist eine Ausgründungswelle an den Flughäfen in den vergangenen Jahren. Die Fluggesellschaften, die Serviceleistungen am Boden an den Flughäfen einkaufen, wollen sparen und drücken auf die Kosten. Um Aufträge zu erhalten, unterbieten sich an vielen Flughäfen die Dienstleister gegenseitig – auch international. Die Folge: weniger Personal, zu kurze Schulungen, Lohndumping.

Gepäckabfertigung stark verzögert

„Unsere Geduld ist zu Ende“, sagt Georgios Konkoulis. Er arbeitet bei der Flughafen-Tochter Groundstars, verlädt jeden Tag bis zu 1000 Koffer. Und das im Schichtbetrieb. Wegen der schlechten Arbeitsbedingungen ist die Fluktuation groß, immer wieder werden Mitarbeiter gesucht. Das spüren auch die Passagiere, wenn sich gerade in der beginnenden Ferienzeit die Gepäckabfertigung verzögert. „Da muss sich was ändern“, sagt Konkoulis.

Mit dem Protesttag wollen die Gewerkschaften, die sich in dem internationalen Netzwerk Airports United zusammengeschlossen haben, den Druck vor der Jahreshauptversammlung der Internationalen Flug-Transport-Vereinigung IATA am heutigen Donnerstag in Dublin erhöhen.