Hamburg. Nach Aus für drei Proficlubs: Opposition sieht Hamburg auf Abstiegsplatz. Senator Grote kritisiert Kosten des Sportbundes

    Es dürfte eher selten sein, dass ein Senator zu Beginn der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft ausdrücklich von einem Vertreter der Opposition für seine Politik gelobt wird. Doch es wäre des Guten wohl zu viel, wenn Mehmet Yildiz, der sportpolitische Sprecher der Linken, die Preisung des ehemaligen Sportsenators Michael Neumann (SPD) nicht mit der unmissverständlichen Aufforderung an dessen Nachfolger Andy Grote (SPD) verbunden hätte, es ihm gleichzutun.

    Yildiz machte deutlich, dass er Grote dies schon nach drei Monaten im Amt nicht mehr zutraut: „Ich fordere Sie auf, dem Hamburger Sportbund (HSB) und dem Hamburger FußballVerband (HFV) endlich ein vernünftiges Angebot zu machen, damit die Verbände ihre Arbeit in den nächsten Jahren erfolgreich fortsetzen können.“

    Auf Antrag von Linken, FDP und AfD befasste sich die Bürgerschaft mit dem Thema „Sportstadt Hamburg“. Aus Sicht der Opposition stehen der Sport und die Sportförderung seit der Olympia-Absage am 29. November vergangenen Jahres auf einem „Abstiegsplatz“. Das jähe Ende der Hamburg Freezers, die Insolvenz der HSV-Handballer Mitte Januar, der Zwangsabstieg der Volleyballerinnen des VT Aurubis in die Zweite Bundesliga im April und die derzeit stockenden Verhandlungen der Stadt mit dem HSB und dem Fußball-Verband über einen neuen Sportfördervertrag für die Jahre 2017/2018 befeuerten nach Meinung von CDU, AfD und FDP diese These.

    Thomas Kreuzmann, sportpolitischer Sprecher der CDU, forderte den Senat auf, sich nicht immer mit Verweis auf das europäische Wettbewerbsrecht aus dem Sportsponsoring der Proficlubs zurückzuziehen, sondern es Düsseldorf gleichzutun, das mit städtischen Unternehmen (Sparkasse und Stadtwerke) dem Fußballclub Fortuna und dem Eishockeyteam DEG aus wirtschaftlichen Nöten half.

    Die Linken wiederum mahnten an, die Sanierungsoffensive für öffentliche und vereinseigene Sportstätten fortzuführen. Eine gute Infrastruktur für den Breitensport ist für sie der entscheidende Gradmesser der Qualität einer Sportstadt, „nicht die bedauerliche Tatsache, dass Profiteams aus Profitinteressen stillgelegt werden“, wie Yildiz sagte. Ähnlich sah es Daniel Oetzel (FDP): „Sanierte Sportanlagen, moderne Trainingsstätten, Vorreiter im Spitzen- und Breitensport, Events von Weltrang – vollmundige Ankündigungen, aus denen nichts wurde. Noch schlimmer: Sportsenator Grote kann oder will den Absturz nicht stoppen. Der Traum von einer Sportstadt ist unter diesem Senat geplatzt.“

    Dem musste Grote widersprechen. Er tat es in seiner ersten Grundsatz­rede vor der Bürgerschaft als Sport­senator, die weit länger dauerte, als es die strengen Regeln der Hausordnung eigentlich zulassen. „Wir sehen ein grundsätzliches Problem der Finanzierung des Profisports abseits des Fußballs, vor allem wenn diese von einem einzigen Investor abhängt“, sagte der SPD-Politiker. Die Stadt könne nur Rahmenbedingungen schaffen, wie für das Basketballteam der Towers, für das die Gartenschau-Blumenhalle in Wilhelmsburg in die Inselparkhalle verwandelt wurde. Trotz der bedauer­lichen Abgänge der drei Proficlubs sieht Grote den von ihm zu verantwortenden Bereich auf einem guten Weg: „Der Sport ist als Lebensgefühl in unserer Stadt besser verankert als je zuvor. Die Sportstadt Hamburg lebt!“

    Grote kündigte an, die Sanierungsoffensive für Sportanlagen fortzusetzen, den Bau des seit 2008 geplanten Landesleistungszentrums für Judo und Handball am Olympiastützpunkt Dulsberg zu beginnen, neue Großveranstaltungen wie den Ironman (2017), die Handball-WM der Männer 2019 sowie die Spring- und Dressurreiter-EM 2021 nach Hamburg zu holen – und Vereine und Verbände mit den nötigen Mitteln auszustatten, damit sie auf „verläss­licher Grundlage“ weiter ihren gesellschaftlichen Aufgaben nachkommen können: „Die Clubs sind das Rückgrat der Sportstadt.“ Die Offerte der Senats, künftig zusätzlich 150.000 Euro an den HSB und 50.000 Euro an den FußballVerband für Integrations- und Inklusionsangebote zu zahlen, sei eine Verdopplung der bisherigen Zuwendungen. Seit 2011 hat die Stadt rund 400 Millionen Euro für Sportförderung und -infrastruktur ausgegeben.

    Der Senator sparte aber auch nicht mit Kritik am HSB. Ziel des Sport­fördervertrags müsse es sein, dass möglichst viel Geld bei den Vereinen ankomme und möglichst wenig in der Bürokratie versickere. Der Sportbund sei in der Pflicht, dass die Förderzwecke erreicht werden. Was Grote nicht direkt sagte: Die Verwaltungsausgaben des HSB in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro seien unangemessen hoch. Ähnlich hatten sich die 27 Hamburger Großsportvereine kürzlich geäußert.

    Für Christiane Blömeke, sportpolitische Sprecherin der Grünen, ist bei den Verhandlungen mit HSB und HFV ohnehin nicht das letzte Wort gesprochen, weil auch die Beratungen der Bürgerschaft über den Doppelhaushalt 2017/2018 gerade erst begonnen haben. „Der Sport in seiner großen Vielfalt ist zweifellos wichtig, und wir tun auch viel für ihn, aber er ist nicht das Einzige in unserer Stadt“, sagte Blömeke.