Hamburg . Oppositionspolitiker und Anwohner in Övelgönne wehren sich dagegen, dass die lange geplante Strecke doch noch kommt

    Bei gutem Wetter gibt es am Elbstrand bei Övelgönne kein Halten mehr. Da treffen Sonnenbader, auf Familien, Sportler und Hundebesitzer. Da sitzen Ausflügler neben Erholungssuchenden, die in Gesellschaft ein kühles Getränk genießen wollen. Genau hier, direkt an der Strandperle entlang, ist ein Radweg geplant. Das von SPD und Grünen unterstützte Millionenprojekt soll die Schiebestrecke auf dem viel befahrenen Elbradweg zwischen Himmelsleiter und Museumshafen ersetzen. So der Plan, der 2012 gefasst wurde. Passiert ist seitdem nichts. Und genau so soll es bleiben, wenn es nach den Övelgönnern geht.

    Denn viele Anwohner wehren sich gegen die Strandstrecke. „Ich weiß nicht, wer sich solch einen Quatsch ausdenkt“, sagt Gerhard Ibel. Er befürchtet, dass der Radweg gar nicht befahrbar sein wird, weil ihn die zahlreichen Spaziergänger nutzen oder queren. Johannes Marg sieht das ähnlich. Der 48-Jährige ist in Övelgönne aufgewachsen und lebt wie viele seiner Geschwister hier. Marg bezweifelt, dass der Weg technisch machbar ist. Ständig würde der Weg überflutet und unterspült. „Das Projekt ist auf Sand gebaut. Das funktioniert nicht“, kritisiert Marg.

    Rückendeckung bekommen sie von der FDP. Die Altonaer Bezirksfraktion hat kürzlich beschlossen, sich dafür einzusetzen, dass auch im Haushalt 2017/18 kein Geld für die Strecke eingeplant beziehungsweise ausgegeben wird. „Das ist eine reine Geldverschwendung“, sagt Fraktionschef Lorenz Flemming. Das Projekt sei mit etwa zwei Millionen Euro viel zu teuer und aufgrund der Überflutungsgefahr unsinnig. Angesichts der Bemühungen des Senats, das Radewegenetz auszubauen, fürchten die Liberalen, dass das Projekt wieder an Fahrt aufnehmen könnte. Geld zur Finanzierung sei laut Auskunft der Wirtschaftsbehörde da, berichtet Flemming.

    Die Idee einer Umfahrungsstrecke ist nicht neu. Vor rund 25 Jahren wurde bereits geplant, das „Nadelöhr Övelgönne“ zu entschärfen und der Schiebestrecke ein Ende zu setzen. Denn auf dem schmalen Weg entlang der beschaulichen alten Lotsenhäuser ist es eng. So eng, dass den Radlern das Schieben verordnet werden muss. Theoretisch. Praktisch halten sich die wenigsten daran. Oft geht das nicht gut aus. Verbale Entgleisungen sind noch das Harmloseste. Auch Anwohner berichten von Kollisionen, wenn sie aus der Haustür traten und somit direkt auf der umkämpften Strecke standen.

    2011 gab es einen erneuten politischen Vorstoß, dem ein Ende zu setzen. Ein beauftragtes Planungsbüro erarbeitete, wie der Elbradweg aussehen könnte. Demnach verliefe die 424 Meter lange Trasse am „Knick“ westlich der Himmelsleiter am Strand weiter. Entlang der Mauer würde der Weg geführt, an der Terrasse der Strandperle und dem benachbarten Ahoi vorbei bis zur Övelgönner Pyramide.

    Mit einer Million Euro bezifferte das Planungsbüro 2011 bereits die Kosten, wies allerdings gleich darauf hin, dass eine verlässliche Ermittlung aufgrund der Rahmenbedingungen eines Sandstrands im Tidebereich als Baugrund schwer möglich sei. Weiterer Knackpunkt: Der Weg würde über Privatgrund führen. 18 Eigentümer wären betroffen, zu deren Grundstücke etwa sechs Meter des Strands gehören.

    Einer von ihnen ist Tobias Jäger. Der Mediziner im Ruhestand ist auch Vereinschef von „Erhaltet Övelgönne“ und macht deutlich, dass ein Grundstücksverkauf keine Option für ihn darstellt. „Ich lebe hier seit 50 Jahren und habe beobachtet, was sich alles auf der anderen Elbseite verändert hat. Nur Övelgönne ist so geblieben. Deshalb wehren wir uns dagegen, wenn dieser Charakter verändert werden soll“, sagt er. Ein auf einem Wall geführter Radweg wäre aus seiner Sicht ein starker Eingriff in das Landschaftsbild von Övelgönne.

    Unerwartete Unterstützung gibt es sogar von den Fahrrad-Lobbyisten. Sabine Hartmann, Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) im Bezirk Altona, kann sich mit den Aussichten nicht anfreunden. Auch sie hegt Zweifel an der Realisierbarkeit. „Aufgrund vieler noch zu klärender Fragen, technischer, aber auch finanzieller Art, sehen wir als ADFC derzeit keine Chance für eine zügige Umsetzung dieses Projekts.“ Andere Strecken hätten Priorität. „Altona ist der Bezirk mit dem höchsten Radverkehrsanteil, und man muss sagen: trotz der schlechten Begebenheiten. Es gibt viel zu tun.“

    FDP und ADFC wollen Radfahrer auf die beruhigte Elbchaussee bringen

    Vielleicht liegt es auch an der bröckelnden Lobby, dass der Plan vom Bezirk nicht weiterverfolgt und keine der politisch gewollten Voruntersuchungen zur Trasse bis heute vorliegen. „Aufgrund der begrenzten Arbeits­kapazität und des technisch komplexen Themas ist das Projekt in den Hintergrund gerückt“, räumt Martin Roehl als Sprecher des Bezirksamts Altona ein.

    Damit die auf Eis liegenden Planungen nun nicht doch wieder aufgewärmt werden, wollen die Altonaer Liberalen über ihre Mitglieder in der Bürgerschaft verhindern, dass auch nur ein Cent in das Projekt fließt. Gleichzeitig fordert die FDP, die vor fünf Jahren vorgelegte Planung zur Ertüchtigung der Elbchaussee für Radfahrer umzusetzen.

    Das freut auch den ADFC, der gleichzeitig die Einführung von Tempo 30 auf der Elbchaussee für ein zügiges und sicheres Vorwärtskommen von Radfahrern an der Elbe fordert. Wer schnell vorwärts kommen möchte, könnte dann oben radeln. Und alle anderen? Die blieben beim Schieben.