Hamburg. Über 90 Prozent der Berechtigten nehmen Ansprüche nicht wahr. Internetportale helfen, die Entschädigung bei den Airlines einzutreiben.

Hunderte Millionen Euro an Entschädigung könnten Passagiere in Deutschland jedes Jahr für verspätete Flüge von den Airlines einfordern, laut Fluggast-Helferportal Airhelp 13 Millionen davon allein für Starts und Landungen in Fuhlsbüttel. Doch bislang verschenken über 90 Prozent aller Berechtigten ihre Ansprüche, weil sie von den Fluggesellschaften keine Zahlung nach den schon seit 2005 geltenden EU-Fluggastrechten einfordern.

Dabei ist es dank neuer Internet-Unternehmen gar nicht mehr schwer, gegen Provision Ansprüche prüfen und durchsetzen zu lassen. Wer auf eigene Faust agiert, kann sich schwertun.

Welche Rechte haben Flugpassagiere grundsätzlich?

EU-Recht gilt, wenn der Flug in der EU startet oder zu einem Zielflughafen in der EU führt, wobei in diesem Fall der Flug auch von einer in der EU beheimateten Fluggesellschaft durchgeführt worden sein muss. Ist ein Flug annulliert oder überbucht, gibt es zunächst einen Anspruch auf eine vergleichbare alternative Beförderung oder auf Erstattung des Flugscheins.

Das wird von den Airlines in der Regel auch zügig umgesetzt, ebenso sorgen die Fluglinien bei größeren Verspätungen meistens auch für Erfrischungen, Mahlzeiten und, wenn nötig, adäquate Übernachtungen. Zäh wird es hingegen oft, wenn es um die zusätzliche monetäre Entschädigung geht, die je nach Strecke und Verspätung bei 250 bis 600 Euro pro Passagier liegt.

Wann hat man Anspruch auf eine Geldzahlung?

Bei Flügen, die unter EU-Recht fallen, sind Entschädigungen bei Verspätungen ab drei Stunden vorgeschrieben. Auf Strecken innerhalb der EU bis 1500 Kilometer gibt es 250 Euro, über 1500 Kilometer 400 Euro.

Bei Flügen zwischen einem EU-Land und einem Land außerhalb der EU wird genauso entschädigt, ist die Strecke allerdings mehr als 3500 Kilometer lang, gibt es 600 Euro. Hat die Gesellschaft einen Ersatzflug in einem ähnlichen Zeitraum angeboten, kann die Entschädigungszahlung um 50 Prozent verringert werden. Ansprüche können bis zu drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden.

Muss Airline bei Verspätung stets entschädigen?

Nein, es gibt auch Fälle, die anders einzustufen sind. Kein Anspruch besteht bei „höherer Gewalt“, also wenn der Flug etwa wegen schlechten Wetters, einer Sicherheitsbedrohung oder eines Streiks unpünktlich war. Wurde mindestens 14 Tage im Voraus über eine Änderung der Flugzeiten informiert, gibt es ebenfalls kein Geld. Liegen hingegen technische Probleme vor, ist die Airline dafür verantwortlich.

Wie lassen sich Ansprüche durchsetzen?

Versucht man auf eigene Faust, an sein Geld zu kommen, blocken die Fluglinien meistens ab oder versuchen, einen mit relativ niedrigen Vergleichsangeboten abzuspeisen. Es gibt im Internet auf www.europa.eu ein EU-Beschwerdeformular, welches man bei der entsprechenden Airline einreichen kann.

Falls diese nicht antwortet oder der Passagier mit der Antwort nicht zufrieden ist, wird empfohlen, sich an nationale Behörden zu wenden – Ausgang offen. Schaltet man einen Anwalt ein, riskiert man, auf den Kosten sitzenzubleiben. Als Alternative empfiehlt sich die Nutzung eines Entschädigungsportals im Internet (siehe rechts).

Wie arbeiten Internetportale für Passagiere?

Flightright, Airhelp, EUClaim, Refund.me, EUFlight und andere Anbieter bieten im Internet ähnliche Dienste an: Zunächst wird anhand der Flugdaten geprüft, ob Anspruch auf Entschädigung bestehen könnte. Falls ja, übernimmt der Anbieter das Eintreiben der Forderungen.

Hat das Unternehmen Erfolg, behält es 25 bis 30 Prozent der Entschädigung als Honorar ein. Andere Kosten sollten nicht entstehen. Einen Vergleich aller Anbieter gibt es auf www.finanztip.de. Da es oft Monate, manchmal sogar Jahre, dauern kann, bis Geld gezahlt wird, sind neuerdings wirkaufendeinenflug.de (aus Hamburg) und flightcash.de (von Flightright) Alternativen. Hier wird dem Passagier sofort sein Entschädigungsanspruch abgekauft, man bekommt etwa zwei Drittel der potenziellen Entschädigungssumme ausgezahlt.