Hamburg. Sie soll das sauberste Kreuzfahrtschiff sein. Doch Umweltschützer messen hohe Rußpartikelwerte. Reederei: EU hat Genehmigung für Reinigungsanlage noch nicht erteilt
Hamburgs neues Kreuzfahrtschiff „Aidaprima“ ist noch nicht getauft, da gibt es auch schon Ärger: Während bei Deutschlands größter Kreuzfahrtreederei Aida die Vorbereitung für die feierliche Taufzeremonie als Höhepunkt des Hafengeburtstags am heutigen Sonnabendabend auf Hochtouren laufen, schießt der Naturschutzbund Nabu quer und bezeichnet das schwimmende Hotel als „dreckige Abgasschleuder“.
Dabei soll die „Aidaprima“ eigentlich das sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt sein – ein Schiff, dass als Effizienzvorreiter „neue Maßstäbe im Klima- und Umweltschutz setzt“, wie Aida Cruises seinen Kunden verspricht. Dazu hat die Reederei in ihrem neuen Flaggschiff ein umfangreiches Abgasreinigungssystem installiert. Stickoxide werden in einem Katalysator gebunden und Ruß- und Brennstoffrückstände in einem Filter ausgefällt. Die Schwefeloxide werden ohne Zusatz von Chemikalien in einem Wäscher entfernt, verspricht Aida. Doch die Umweltschützer vom Nabu haben vor einigen Tagen auf der Höhe Altona die Abgase der auf der Elbe vorbeiziehenden „Aidaprima“ gemessen. Und die sind bislang alles andere als sauber.
„Wir haben eine besorgniserregende Konzentration ultrafeiner Partikel festgestellt“, sagt Nabu-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger. „Bis zu 160.000 Partikel je Kubikzentimeter zeigten die Messgeräte an. Das ist ein extrem hoher Wert, der rund 150-mal über den Werten sauberer Luft liegt“, so Oeliger. Seine Vermutung ist, dass die Abgasreinigungsanlage gar nicht in Betrieb ist. Dies wird von Aida auch nicht bestritten. „Das habe ich den Umweltschützern vom Nabu auch ausführlich dargelegt“, sagt Aida-Direktorin für Umwelt und Gesellschaft – die Mitbegründerin von Greenpeace-Deutschland und frühere niedersächsische Umweltministerin – Monika Griefahn. „Wir befinden uns noch in der Erprobung des Abgasreinigungssystems, für das wir noch gar keine Genehmigung haben.“ Das ist für die Naturschützer schwer zu glauben: „Auf dem Schiff ist jede Toilette und jeder Rettungsring beantragt und genehmigt worden. Ausgerechnet für so etwas Zentrales wie die Abgasreinigung fehlt die Genehmigung, wie kann das sein?“, fragt Oeliger. Zumal es bereits Schiffe mit Rußpartikelfiltern gäbe und Konkurrent TUI-Cruises in seinen neuen Schiffen Abgaswäscher, sogenannte Scrubber, betreibt.
Griefahn kontert: „Es handelt sich um ein völlig neues System, für dessen Zertifizierung es keine Standards gibt“. Rußpartikel, Schwefel und Stickoxide sollen auf der „Aidaprima“ in drei ineinandergreifenden Schritten mit Wasser aus den Abgasen gefiltert werden. Das Waschwasser soll anschließend ins Meer oder beispielsweise in die Elbe geleitet werden. „Dazu bedarf es einer Genehmigung nach der Wasserrahmenrichtlinie der EU, die liegt noch nicht vor“, so Griefahn.
Einen Zeitplan für die Inbetriebnahme der Abgaswäsche nennt Aida nicht
Wann sie mit der Genehmigung rechne, mag Griefahn nicht sagen. „Wir sind seit einem Jahr in Gesprächen mit der EU. Die „Aidaprima“ sei dennoch das derzeit sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt, sagt die Aida-Umweltdirektorin. Während ihrer Liegezeit im Hafen werde die „Aidaprima“ nämlich Flüssigerdgas (LNG) verbrennen. „Den Ausstoß von Rußpartikeln vermeiden wir damit gänzlich. Die Emission von Stickoxiden verringert sich um bis zu 80 Prozent, der Ausstoß von Kohlendioxid um weitere 20 Prozent“, verspricht Griefahn. Umweltschützer Oeliger zweifelt: „Das ist auch noch nicht gemessen worden.“