Altstadt. Chinas Botschafter zu Gast beim Außenpolitischen Salon von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und dem Hamburger Abendblatt

    Chinas Botschafter in Deutschland, Shi Mingde, nahm kein Blatt vor den Mund. Die neue Seidenstraße solle keine kleine Privatstraße werden, sondern allen Beteiligten zugutekommen. Und was das Misstrauen im Ausland gegenüber Chinas Absichten mit diesem Jahrhundertprojekt angehe, so meinte der glänzend Deutsch sprechende Diplomat lediglich, dass das eine Denkweise aus der Zeit des Kalten Krieges sei. Jetzt befinde man sich in einer Zeit, in der weltweit jeder auf jeden angewiesen sei.

    Gut 60 Gäste waren am Mittwochabend der Einladung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und des Hamburger Abendblatts in das Hotel Atlantic zum fünften „Außenpolitischen Salon“ gefolgt. Die in Zusammenarbeit mit den Hamburger Bundestagsabgeordneten Niels Annen (SPD) und Jürgen Klinke (CDU) organisierte Veranstaltung findet alle zwei Monate statt. Ziel der Diskussion sei es, „Deutschlands Rolle in der Welt“ aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten, sagte Annen.

    Am Mittwoch wurde die Idee diskutiert, das Erbe der mehr als 2000 Jahre alten Seidenstraße wiederzubeleben. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte zum ersten Mal im September 2013 bei einem Besuch in Kasachstan davon gesprochen. Im Kern geht es darum, eine Art Wirtschafts- und Transportkorridor zwischen Asien und Europa zu schaffen. Neben einem maritimen Abschnitt soll ein kontinentaler Teil entstehen. Diese „Handelsroute“ würde 65 Länder und 4,4 Milliarden Menschen berühren.

    Auf der mehrere Tausend Kilometer langen Verbindungsstrecke soll die bislang fehlende Infrastruktur geschaffen werden: von Straßen und Eisenbahnverbindungen über Flughäfen bis hin zu Telekommunikation und Kraftwerken. Die maritime Route, die vom Südchinesischen Meer durch den Indischen Ozean in Richtung Ostafrika und Mittelmeer führt, soll durch moderne Hafeninfrastruktur wettbewerbsfähig gemacht werden.

    In anderen Ländern gibt es die Befürchtung, dass China mit der Seidenstraßenstrategie hauptsächlich das Ziel verfolgt, seinen Einfluss in Zentralasien, Südasien und in der Region am Indischen Ozean zu erweitern. Dem widersprach Botschafter Shi Mingde bei seinem Besuch in Hamburg deutlich. China wolle anderen Ländern nichts aufzwingen, sondern setze auf Zusammenarbeit und Gegenseitigkeit.Dafür sei auch die im Jahr 2014 geschaffene Asiatische Infrastrukturinvestmentbank von großer Bedeutung, an der auch Deutschland beteiligt ist.

    Der Bundestagsabgeordnete Niels Annen verwies auf die enormen wirtschaftlichen Chancen, die sich für Hamburg durch eine erfolgreiche Umsetzung der neuen Seidenstraße ergeben könnten. Hamburg sei für China das „Tor zu Europa“. In der Hansestadt würden die Endpunkte des maritimen und des kontinentalen Stranges wieder verbunden. Von hier aus könnten in China hergestellte Produkte bestens verteilt werden.

    Ähnlich sieht es Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Bereits jetzt sei Hamburg über den Landweg eng mit China verbunden, erklärte der Senator auf Anfrage. So habe China mit der Strecke zwischen Harbin und Hamburg bereits die längste Güterzugroute der Welt gebaut. Container brauchten für die 9820 Kilometer nur 15 Tage – halb so lange wie auf dem Seeweg. Auf diese Erfolgsgeschichte verwies auch Botschafter Shi Mingde. Im vergangenen Jahr verkehrten zwischen China und Europa 815 Züge; für mehr als 400 sei Deutschland Ziel- oder Abfahrtsort gewesen. Die Aussichten seien blendend: Im Jahr 2020 sollen jährlich rund 100.000 Container auf dem Schienenweg unterwegs sein – gut dreimal so viele wie heute.