Bielefeld . Ehemaliger Top-Manager arbeitet in Behindertenwerkstatt – und könnte so zum Freigänger werden. Lohn geht an den Insolvenzverwalter.
Vom Konzernlenker mit Millionengehalt zur Hilfskraft mit einem Bruttoverdienst von 1785 Euro: Heute will der Ex-Top-Manager Thomas Middelhoff seine neue Stelle in der Bodelschwinghschen Stiftung Bethel in Bielefeld antreten. Für den 62-jährigen früheren Chef des ehemaligen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor wird es eine ungewohnte Erfahrung sein. Als Konzernchef fädelte er Milliardengeschäfte ein und jettete im Privatflieger. In der Behindertenwerkstatt arbeitet er als Hilfskraft für die Betreuer und als Assistent für die dort Beschäftigten. Zu seine Aufgaben gehören laut Stiftung „Hilfsarbeiten, Materialtransport, Hauswirtschaft sowie Botendienste“.
Middelhoff, der 2014 vom Landgericht Essen wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt wurde und die Strafe in Kürze antreten soll, hatte nach Angaben der Stiftung selbst in Bethel wegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung angefragt. „Ein solches Anstellungsverhältnis würde ihm unter Umständen den Haftvollzug als Freigänger ermöglichen“, erklärte die Stiftung. Die diakonische Einrichtung helfe immer wieder Menschen in problematischen Lebenslagen und Situationen von Schuldverstrickung.
Das Geld geht direkt an den Insolvenzverwalter
Die Höhe des Lohns spielt für Middelhoff ohnehin keine Rolle. Das Geld geht direkt an den Insolvenzverwalter, wie sein Rechtsanwalt Hartmut Fromm erläutert. Denn Middelhoff hatte vor gut einem Jahr Privatinsolvenz anmelden müssen. Seine Gläubiger machen Millionenforderungen gegen ihn geltend. Während die Arbeit in Bethel eine neue Erfahrung für den Manager sein dürfte, hat er mit dem Aufenthalt im Gefängnis schon während seiner fünfmonatigen Untersuchungshaft Bekanntschaft gemacht. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung im November 2014 war Middelhoff noch im Gerichtssaal wegen Fluchtgefahr verhaftet worden.
Die danach folgende Haft in der Justizvollzugsanstalt Essen nahm den Manager sichtlich mit. Die Justiz sah in den ersten Haftwochen sogar Selbstmordgefahr. Nach Angaben seiner Anwälte erkrankte der Manager in dieser Zeit an einer Autoimmunkrankheit, die ihn heute noch quält. Die Anwälte zweifeln deshalb sogar an seiner Haftfähigkeit.
Middelhoff soll nach Angaben Fromms seine Haft am 6. Mai antreten. Als Freigänger im offenen Vollzug müsste Middelhoff zwar die Nächte in der Haftanstalt verbringen, könnte tagsüber aber in Bethel arbeiten. Und es gäbe für ihn früher oder später auch die Möglichkeit, am Wochenende zumindest hin und wieder Langzeitausgang von Sonnabendmorgen bis Sonntagabend zu erhalten.