Hamburg. Beata und Chris Bahrrevolutionieren die Zubereitung. Um expandieren zu können, wollen sie 175.000 Euro über Crowdfunding einsammeln

Beata Bahr zelebriert die Zubereitung ihres Lieblingsgetränks. Sie hat eine silberne Kanne in der Hand und gießt das heiße Wasser langsam und kreisförmig über das Kaffeepulver, damit sich die Aromen optimal entfalten. Im Becher hängt an zwei Flügelärmchen ihr Coffeebag, ein teebeutelähnlicher weißer Filter mit gemahlenem Pulver. Vor drei Jahren hat sich das Ehepaar Beata und Chris Bahr mit dem Produkt selbstständig gemacht. Nun soll der nächste große Expansionsschritt kommen.

Für den Mai planen die beiden mit ihrer Marke Life is you ein Crowdinvesting auf der Plattform Seedmatch. Die Unterlagen werden gerade vorbereitet. 175.000 Euro wollen sie binnen 90 Tagen einnehmen. Im Gegenzug erhalten die Investoren 20 Prozent der Firmenanteile. Mit dem Geld sollen die eigene Website und das Design verbessert, das Warensortiment erweitert, der Umzug in eigene Geschäftsräume finanziert – und vor allem eine Produktionsmaschine gekauft werden, die den gemahlenen Kaffee in die Coffeebags abfüllt und einzeln verpackt.

In der kleinen Manufaktur, die derzeit noch im Haus eines Freundes in Heimfeld untergebracht ist, wird jeder Filterbeutel per Hand befüllt. Doch die Produktion müsse hochgefahren werden, um die Nachfrage zu erfüllen. „Es gibt Anfragen von mindestens 20 Hotels und mehreren Biomarktketten“, sagt Chris Bahr. Auch Anfragen von Edeka habe er schon. „Momentan sind wir noch eine kleine Manufaktur mit kleinen Stückzahlen. Für Supermärkte sind wir noch nicht bereit.“

Bisher beliefern die Japanologin und der promovierte Biochemiker vor allem kleine Biogeschäfte und alle Filialen der Ketten Erdkorn und Globetrotter. Von Privatleuten gehen über Amazon und die eigene Website Bestellungen ein. „60 Prozent sind Stammkunden. Die meisten bestellen für das Büro“, sagt Beata Bahr. Ursprünglich war das anders gedacht. Auf den Markt brachten sie den Coffeebag, weil sie selbst viel gereist sind und unterwegs guten, frisch aufgebrühten Kaffee trinken wollten.

Derzeit verarbeiten sie jeden Monat 250 Kilo Kaffee. Für die Zubereitung eines Beutels empfehlen sie 300 Milliliter Wasser. Eine Packung enthält fünf oder 15 Stück. Die größere Packung kostet zwischen 8,50 und elf Euro – je nach Sorte. Der Kaffee kommt aus Äthiopien, Mexiko, Peru, Guatemala und Thailand. Alles sei Bioqualität, allerdings fehlt den Bauern in den letzten beiden Ländern noch das Geld, um sich biozertifizieren zu lassen. Und alles komme aus fairem Handel, sodass bei den Farmern auch mehr Geld verbleibe. Das erklärt auch die relativ hohen Preise.

Schließlich kosten 300 Milliliter Kaffee umgerechnet 57 bis 73 Cent. Zum Vergleich: Nespresso verlangt für eine Kapsel 37 Cent, allerdings ist das darin enthaltene Pulver auch für eine deutlich geringere Menge gedacht. „In Deutschland gibt es eine hohe Bereitschaft für qualitativ hochwertigen Kaffee“, sagt Beata Bahr. „Und die Leute wollen frisch per Hand aufgebrühten Kaffee trinken.“ Die Zahlen des Deutschen Kaffeeverbandes belegen das. Mit einem Marktanteil von 64 Prozent bleibt Filterkaffee das mit Abstand stärkste Segment, auch wenn Kapseln und Pads immer noch stark zulegen.

Filterkaffeebeutel zum Mitnehmen; Life is You - Coffee Bags zum Mitnehmen; GF Beata und Chris Bahr; Wir, Horch
Filterkaffeebeutel zum Mitnehmen; Life is You - Coffee Bags zum Mitnehmen; GF Beata und Chris Bahr; Wir, Horch © Andreas Laible | Andreas Laible

162 Liter Kaffee trinkt jeder Bundesbürger im Schnitt. Daraus ergibt sich ein hohes Kundenpotenzial. Wie stark die Nachfrage sein kann, hat das Ehepaar im Oktober 2015 überrascht. Als der Auftritt in der Vox-Sendung „Die Höhle des Löwen“ gezeigt wurde, brach der Server ihrer Website zusammen. Mehr als 40.000 Zugriffe in der Minute überforderten die Technik. Der Hamburger Reiseunternehmer Vural Öger wollte 150.000 Euro investieren und sollte im Gegenzug ein Drittel der Firmenanteile erhalten. Zum Einstieg kam es aber nicht. „Wir hätten zu viel verändern müssen“, sagt Chris Bahr. Sie sollten den Namen Life is you aufgeben, das Produkt günstiger anbieten und auf große Stückzahlen auslegen. Vor allem an ihrem Frischeversprechen wollten die beiden nicht rütteln. Spätestens 72 Stunden nach der Röstung in der Hammerbroker Firma Maya soll die Ware versandt werden. „Sofort nach der Röstung verliert Kaffee kontinuierlich an Aromen“, sagt Beata Bahr. Haltbar ist er dann sechs Monate lang.

Aus der Fernsehshow nahmen sie dennoch viel mit – eine wahre Bestellflut. Im Schnitt drei bis vier Packungen mit den Coffeebags ordern die Kunden, aber auch 250- und 500-Gramm-Pakete mit ganzen Bohnen oder gemahlenem Kaffee sind im Sortiment. Der Umsatz habe sich vervielfacht, im Spitzenmonat lag er bei 30.000 Euro. „Wir sind profitabel und können von unserem Geschäft leben“, sagen die Bahrs.

Das dürfte vor allem potenzielle Anleger interessieren, denn beim Crowdinvesting besteht die Möglichkeit des Totalverlustes des Kapitals, wenn eine Firma scheitert – das erwarten die Bahrs nicht. „Der Lackmustest für guten Kaffee ist, ihn erkalten zu lassen: Auch dann sollte er noch lecker schmecken und nicht sauer – so wie bei uns alle Sorten“, so Chris Bahr.