Am 17. Mai feiert der Panik-Rocker seinen 70. Geburtstag. Vorher gibt’s die TV-Doku , in der viele Weggefährten zu Wort kommen.

Rockstar Udo Lindenberg ist am Dienstagabend gleich doppelt gefeiert worden: auf der Leinwand und auf der Bühne. Im Hamburger Passage-Kino stellte Filmemacher Falko Korth seine Dokumentation über den Musiker vor, die Das Erste am Sonntagabend um 21.45 Uhr gleich im Anschluss an den „Tatort“ zeigt, für dessen Titelmelodie Lindenberg einst beim Einspielen am Schlagzeug saß.

Der 90-minütige Streifen, der wie das in dieser Woche erscheinende Lindenberg-Album den Titel „Stärker als die Zeit“ trägt, gibt Einblicke in das Leben des Künstlers. Er habe einen Udo Lindenberg zeigen wollen, sagt Filmemacher Falko Korth, „der ein bisschen hinter seiner Silhouette vorlugt - hinter dem Hut, hinter der Zigarre, hinter dem Gang“. Es ist nicht sein erster Streifen über den Musiker, doch es ist einer, in dem der Rockstar durchaus Nähe zugelassen hat. „Danke, dass du mich so nah an dich rangelassen hast, dass ich an deiner Oberfläche kratzen durfte, dass ich in deine Panikfamilie gucken durfte“, sagte Korth nach der Premierenvorführung.

Freundin spricht über seine Alkoholabstürze

Lindenberg selbst sah den Film erstmals vollständig. „Ich bin schwer bewegt, schwer berührt. Ich bin sehr dankbar“, sagte er nach der Vorstellung auf der Bühne. Bei der Doku-Vorführung habe er gedacht: „Moment mal, was ist das für ein Leben? Ach, das bin ich ja.“ Er sehe in dem Film eine „Hommage an so eine Art von Leben und natürlich auch eine Hommage an meine Eltern, Hermine und Gustav“. Von seinem Vater habe er die „Craziness“ geerbt, von seiner Mutter die Sensibilität, sagte Lindenberg vor begeistertem Publikum.

Der Musiker Udo Lindenberg bei der Preview der Doku über sein Leben im Passage-Kino
Der Musiker Udo Lindenberg bei der Preview der Doku über sein Leben im Passage-Kino © dpa | Christian Charisius

Seine Mutter habe ihm geraten, sich die „feinen Antennen“ da draußen in der Welt zu bewahren, erzählte der Musiker. „Und die musst du auch schützen, deswegen musst du manchmal auch einen auf cool machen. Cool ist auch ein bisschen Schutz, ein kleiner Panzer manchmal, damit nicht an meiner Seele so endlos rumgefleddert werden kann.“

Das Aufwachsen im westfälischen Gronau ist eines der zentralen Themen in Korths Film. Lindenberg und seine Schwester Inge erzählen vor der Kamera über Kindheit und Jugend, gemeinsam mit zwei weiteren Geschwistern bei den Eltern, die einen Installateur- und Sanitärhandel betreiben. Über Mutter Hermine, rastlos und aufopfernd, und Vater Gustav, unbeständig, schwankend, dem Alkohol zugeneigt.

Über seine eigenen bekannten Alkoholabstürze spricht nicht nur Lindenberg selbst, sondern auch Freundin Tine Acke, die er seine Komplizin nennt. In jener schwierigen Zeit Ende der 90er Jahre war sie zu seiner engsten Vertrauten geworden. „Unsere Herzen sind sehr nah“ sagt er. Sehr bewegend spricht die Fotografin, die seither immer an seiner Seite ist, über die dunklen Momente: „Es gibt lustige alkoholische Zeiten und es gibt unlustige. Bei den unlustigen war ich eigentlich immer dabei, wo kein anderer mehr dabei war. Die haben sich dann auch alle verabschiedet.“ In einem Jahr habe Udo 20 Mal ins Krankenhaus zum Entzug eingeliefert werden müssen.

Am 20. Mai startet er seine Stadiontour

„Sie hat immer zu mir gehalten“, sagt Lindenberg. „Durch diese harten Zeiten hat sie mich begleitet mit ihrer Power - und auch mit ihrem Glauben, dass ich da wieder rauskomme und es wieder nach oben geht.“ Neben Schwester Inge und Freundin Tine kommen weitere Mitglieder der „Panikfamilie“ zu Wort. Ebenso wie Vertraute aus Anfangstagen, Ex- Freundinnen oder prominente Kollegen. „Udo Lindenberg hat uns in der deutschsprachigen Rockmusik vorgemacht, wie es gehen kann“, sagt etwa Nina Hagen. Und Jan Delay erzählt: Die Leute fragten ihn manchmal über Udo: „Ist der bescheuert, dass der immer so redet?“ Delay: „Deshalb denkt man immer irgendwie, der hat 'nen Triller unterm Pony. Aber hat er nicht.“

Lindenberg spricht mit Korth über seinen Werdegang, aber auch über Altern, Sorgen und Ängste. „Im Laufe seines Künstlerlebens hat sich Lindenberg einen Kosmos aus Phantasiegestalten und eigener Ausdrucksweise geschaffen. Irgendwann sind Mensch und Kunstfigur zum Gesamtkunstwerk Udo Lindenberg verschmolzen“, heißt es im Film über den Musiker, dem in Deutschland das gelungen ist, was nur wenige schaffen, wie sein Kollege Jim Voxx betont: „Es gibt nicht viele Leute, die man kennt, von denen du nur eine Schattensilhouette siehst und du weißt: Das ist Udo, das ist Michael Jackson, und das ist Lemmy von Motörhead, wenn er am Mikrofon steht. Du brauchst von den Leuten nur den Schatten zu sehen und du weißt, das ist die Spitze des Images.“

Lindenbergs 36. Studioalbum wird am Freitag veröffentlicht, am 17. Mai feiert er seinen 70. Geburtstag, am 20. Mai startet er seine Stadiontour.