Hamburg. Hanse Merkur geht bei Kundengewinnung neue Wege. Mitarbeiter bekommen 2000 Euro Prämie wegen der guten Geschäftsentwicklung.
Die Hamburger Versicherungsgruppe Hanse Merkur will in ihrem Hauptgeschäftsfeld Gesundheit und Pflege mit Innovationen weiterwachsen. Als erstes Unternehmen bringt sie eine Krebsversicherung auf den Markt, die bei der Diagnose eine Sofortleistung von 10.000 Euro auszahlt und zudem die Versicherten bei der Krebstherapie bis zum Lebensende so stellt, als wären sie Privatpatienten. „Es gibt vier Bausteine in dieser Versicherung, die beliebig gewählt werden können“, sagt Eberhard Sautter, Vorstandsvorsitzender der Hanse Merkur. Jeder zweite Bundesbürger erkranke im Laufe seines Lebens an Krebs. „Die Deutschen fürchten sich vor drei Krankheiten: Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall“, sagt Sautter.
Dennoch hat sich die Versicherung nur auf eine Krankheit konzentriert. Sonst wäre es versicherungstechnisch und mit Blick auf die Gesundheitsfragen ein zu kompliziertes Produkt geworden.
Schwere Krankheiten wie Krebs, Herzinfarkt oder Erkrankungen des Nervensystems können bisher schon in sogenannten Dread-Disease-Policen (Schwere-Krankheiten-Policen) versichert werden, die aber bisher wenig bekannt sind und nur auf eine verhaltene Nachfrage stoßen. Die Zusammenführung vieler Krankheiten macht das Produkt zudem sehr teuer. Hanse Merkur beziffert die Monatsbeiträge für die neue Krebspolice auf 20 bis 30 Euro. Das gilt aber nur für jüngere Kunden. Ein 55-jähriger Mann zahlt bereits 107 Euro im Monat, wenn er alle vier Leistungen vom Diagnosegeld (bei definierten Krebserkrankungen) über Chefarztbehandlung, ambulante Kostenerstattung und Vor- und Nachsorge in Anspruch nehmen will. Neben den 10.000 Euro Sofortleistung bei der Diagnose Krebs dürfte die ambulante Kostenerstattung (Status als Privatpatient) das wichtigste Element der neuen Zusatzversicherung sein. Es ist auch der teuerste Baustein.
Von den 2,04 Milliarden Euro Beitragseinnahmen im Jahr 2015 (plus 15 Prozent) entfallen bei der Hanse Merkur rund 1,3 Milliarden Euro auf das Geschäftsfeld Gesundheit und Pflege. Zum Angebot gehören private Krankenvoll- und Krankenzusatzversicherungen, aber auch Brillenpolicen aus einer Kooperation mit der Hamburger Optikerkette Fielmann. Während die Versicherungsbranche im Krankenbereich nur auf ein Wachstum von 1,4 Prozent kommt, verzeichnet Hanse Merkur ein Plus von 12,1 Prozent.
„Auch in das laufende Jahr sind wir sehr gut gestartet“, sagt Sautter. Die Krankenversicherung verzeichnet im Neugeschäft ein Plus von zwölf Prozent im ersten Quartal 2016 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Einen ordentlichen Zuwachs im laufenden Jahr zeigen auch das Sachversicherungsgeschäft und die Reiseversicherungen. Nur in der Altersvorsorge will Sautter „den Fuß vom Gas im Vertrieb nehmen“. Denn die Verunsicherung der Verbraucher sei in den vergangenen Wochen durch die politische Diskussion um die gesetzliche Rente und die private Vorsorge mit Riester-Verträgen zu groß geworden.
Nach Sautters Einschätzung hat sich aber nichts an der Notwendigkeit der privaten Altersvorsorge geändert. „Mit einer Geburtenrate von 1,3 Kindern ist das Umlageverfahren bei der gesetzlichen Rente nicht solide finanzierbar“, sagt Sautter. Die durchschnittlichen Altersbezüge der Neurentner lägen nur noch bei 770 Euro. Das zeige, wie notwendig eine zusätzliche Vorsorge sei. Bis 2030 drohten auf Grund des Demografiefaktors weitere Einschnitte bei der gesetzlichen Rente. „Im Moment kann man nicht erkennen, wo die Linie der Bundesregierung bei der Altersvorsorge verläuft, aber ein Mix aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge für das Alter ist auch künftig unerlässlich.“
Im Bereich der Altersvorsorge stiegen die Beitragseinnahmen der Hanse Merkur 2015 um 28 Prozent auf 483 Millionen Euro, während die Branche einen leichten Rückgang verzeichnete. „Das lag vor allem am starken Einmalgeschäft in der Lebensversicherung“, sagt Sautter. Die Kunden zahlen hohe Summen für einen Zeitraum von mindestens zwölf Jahren (aus steuerlichen Gründen) ein und beziehen dann eine Rente oder eine Kapitalabfindung. Grund für diese Entwicklung war, dass die Rendite bei der Versicherung immer noch wesentlich attraktiver ist als bei Bankeinlagen. „Doch wir haben schon nach dem ersten Quartal 2015 dieses Geschäft gedrosselt, indem wir die Konditionen verändert haben“, sagt Sautter. Denn auch der Hanse Merkur fällt es angesichts der niedrigen Zinsen immer schwerer die versprochenen Renditen zu erwirtschaften. „Das Leben-Geschäft ist auch für den Versicherer aufgrund der Rahmenbedingungen sehr unattraktiv geworden“, sagt Sautter. Um die niedrigen Zinsen auszugleichen, wird verstärkt in Aktien und Immobilien investiert. Für bis zu 300 Millionen Euro sollen in diesem Jahr Wohnungen, Bürohäuser und Einkaufscenter erworben werden.
Innerhalb von fünf Jahren konnte die Hanse Merkur ihre Beitragseinnahmen verdoppeln. Beim Überschuss wurde mit 265,3 Millionen Euro das zweitbeste Ergebnis in der Unternehmensgeschichte erreicht. Die 2061 Mitarbeiter profitieren davon, indem jeder eine Bonuszahlung von 2000 Euro erhält. Die Prämie in dieser Höhe gibt es bereits das zweite Jahr in Folge.