Hamburg. Markus Mosa kritisiert Preispolitik der großen Molkereien scharf. Umsatz und Gewinn des Handelskonzerns steigen.

Für den Verfall der Milchpreisewerden vielfach die Einzelhandelskonzerne verantwortlich gemacht. Insbesondere den Discountern wird eine Preispolitik vorgeworfen, die viele Milchbauern an den Rand ihrer Existenz bringt. Edeka-Chef Markus Mosa macht hingegen andere Marktteilnehmer für die niedrigen Milchpreise verantwortlich: die Molkereien.

„Der Preisverfall ist auch für uns eine irre Herausforderung“, sagte Mosa im Rahmen der Edeka-Bilanzvorstellung am Dienstag in Hamburg. „Wir sind überhaupt nicht daran interessiert, dass der Rohstoff Milch verramscht wird. Und könnten wir unmittelbar mit den Bauern verhandeln, würde das die Situation sicher entspannen.“ Der Lebensmittelhandel müsse aber mit den Molkereien verhandeln, und der Markt werde von einer Hand voll großer Anbieter diktiert. „Schauen Sie in deren Geschäftsabschlüsse. Die machen alle Rekordgewinne“, sagte Mosa. Edeka sei deshalb dazu übergegangen, kleineren Molkereien höhere Preise zu bezahlen als anderen Anbietern. Einfach, um sie am Markt zu halten. Seit Aufhebung der Milchquote sind die Preise um rund ein Drittel gesunken. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) befürchtet, dass der Erzeugerpreis für einen Liter Milch in den nächsten Monaten sogar auf unter 20 Cent abstürzt.

Nicht nur den Molkerei-Oligopolen, auch Edeka selbst geht es ökonomisch gut. Der Gesamtumsatz des Verbundes, der aus den selbstständigen Edeka-Kaufleuten sowie dem Discounter Netto besteht, stieg im vergangenen Jahr um 2,7 Prozent auf 48,4 Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss betrug nach Abzug der Gewinne der selbstständigen Einzelhändler 344 Millionen Euro und war damit um 22 Prozent höher als 2014, obgleich sich die Preise kaum bewegt haben. Für den starken Anstieg war nicht nur das tägliche Geschäft verantwortlich, sondern auch Sondereffekte führten zu dem positiven Verlauf. Zudem gelang es Edeka, trotz höherer Personalausgaben die Kosten stabil zu halten, weil die Energiepreise sanken.

Auch aus anderen Gründen kann Mosa auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Sowohl Edeka wie auch Netto haben einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zufolge ihren Marktanteil leicht steigern können. Demnach liegt der gesamte Verbund mit mehr als 27 Prozent unangefochten an der Spitze, gefolgt von Aldi (16,2), Rewe (15,0) und Lidl (10,1 Prozent). Noch nicht mit eingerechnet ist der Marktanteil, den die langwierige Übernahme von Kaiser’s Tengelmann mit sich bringt.

Edeka will bis Ende Mai mit den Gewerkschaften eine Einigung über die Übernahme der rund 450 Märkte erzielen. Dazu führt der Konzern parallel in fünf regionalen Tarifkommissionen Verhandlungen mit den Gewerkschaften Ver.di und NGG. In München und im Bereich Nordrhein seien die Verhandlungen „herausfordernd“, sagte Mosa. Die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann war zunächst vom Kartellamt verboten worden, dann hatte jedoch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mit einer Ministererlaubnis den Weg dafür frei gemacht. Geknüpft ist die Erlaubnis an mehrere Bedingungen, die Edeka in den Verhandlungen mit den Gewerkschaften erfüllen muss.

„Für Edeka ist die Übernahme ex­trem wichtig“, sagte Mosa. „Sie bringt uns in der Expansion um viele Jahre nach vorne in München und mit Abstrichen auch in Berlin.“ Dabei schmerze Edeka vor allem die Vorgabe des Ministers, die übernommenen Märkte frühestens nach fünf Jahren zu privatisieren. „Das widerspricht unserem Unternehmensmodell“, erklärte der Chef der Zentrale. Edeka setze auf die Selbstständigkeit der Einzelhändler. In der genossenschaftlichen Gruppe sind rund 4000 Kaufleute mit 6000 Märkten organisiert. Dazu kommen mehr als 1200 Standorte, die unter der Regie der Edeka-Genossenschaften arbeiten, Großhandelsbetriebe, eigene Produktionstöchter sowie der Discounthändler Netto mit nochmals mehr als 4000 Märkten. Insgesamt arbeiteten zum Jahresende 346.800 Mitarbeiter im Verbund – 10.700 mehr als 2014. In Hamburg zählt Edeka derzeit 5600 Mitarbeiter, verteilt auf die Konzernzentrale sowie die einzelnen Edeka-Märkte und Netto-Filialen.

Im laufenden Jahr wollen die Edeka-Unternehmen rund 1,7 Milliarden Euro investieren und den Umsatz um mindestens zwei Prozent steigern, sagte Mosa. Er erwarte jedoch nicht, dass der Online-Handel mit Lebensmitteln dazu einen nennenswerten Beitrag leiste: „Bis heute ist der Beleg für ein funktionierendes Geschäftsmodell noch nicht erbracht.“ Die Versuche des klassischen Online-Händlers Amazon, in die Lebensmittellieferung einzusteigen, sieht Mosa gelassen: „Wir wollen nicht Amazon spielen, und wir werden denen auch nicht unsere Eigenmarken überlassen“, sagte der Edeka-Chef mit Blick auf das Versprechen Amazons, jedes Produkt liefern zu können.