Hamburg. Neues Personal und Zusammenhalt der Christdemokraten begünstigen die Trendwende.
Der größte Erfolg der Hamburger CDU im vergangenen Jahr war ihr Zusammenhalt. Ein innerparteiliches Zerfleischen wäre eigentlich die logische Folge gewesen nach der historischen Wahlniederlage mit 15,9 Prozent. Auf der einen Seite die Großstadtliberalen und auf der andere Seite die Konservativen. Offenbar war aber die Not so groß, dass sich die Partei zusammenriss.
Danach sah es anfangs nicht aus. Der glücklose Spitzenkandidat Dietrich Wersich hatte für den Geschmack vieler Christdemokraten eine Spur zu lange mit seinem Rückzug aus der ersten Reihe gewartet. Nur schwer konnte er sich von dem Posten des Fraktionschefs lösen. Am Ende verzichtete er auf die Kandidatur und machte damit den Weg frei für den Verfassungspolitiker André Trepoll.
Einer Kampfabstimmung ging auch der Eimsbütteler Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse bei der Nachfolge von Parteichef Marcus Weinberg aus dem Weg. Weinberg hatte bereits drei Tage nach dem Wahlsonntag seinen Rücktritt angekündigt. Kruse überließ Roland Heintze das Feld. Er begründete seinen Verzicht mit einer drohenden Spaltung der Partei.
Der mit nur einer Gegenstimme gewählte Fraktionschef Trepoll sah sich einer stark dezimierten Truppe gegenüber. Statt 28 nur noch 20 Abgeordnete, davon acht Neulinge. Trepoll hat es trotz der widrigen Voraussetzungen geschafft, schnell die Arbeitsfähigkeit der Fraktion wieder herzustellen.
Am auffälligsten ist Karin Prien, die sich unermüdlich am Thema Flüchtlingsunterbringung abarbeitet. Damit beackert sie zwar das wichtigste Thema dieser Zeit. Allerdings taugt es wenig dazu, es in politischen Erfolg umzumünzen. Ein Manko ist, dass dem CDU-Kernressort Wirtschaft ein auffälliger Kopf fehlt. Dazu kommt, dass ausgerechnet das Innere, in dem die CDU personell wohl besser als jede andere Fraktion aufgestellt ist, trotz der hohen Einbruchszahlen kein Thema bei den Hamburgern ist.
Eine von Trepolls Stärken aber ist, dass er sich nicht aus der Ruhe bringen lässt. Nach zwölf Jahren in der Bürgerschaft weiß er, dass sich die politische Großwetterlage schnell ändern kann. Er macht auch nicht den Fehler, sich vier Jahre vor der nächsten Wahl als Herausforderer von Scholz zu geben. Stattdessen kittet er die vernachlässigten Kontakte zur Wirtschaft. Dass ihn laut der jüngsten NDR-Umfrage 78 Prozent der Hamburger nicht kennen, irritiert ihn nicht. Noch nicht.
Hoffnung macht der Union das Plus in Höhe von 2,1 Prozentpunkten in derselben Umfrage. Schließlich hat man in der CDU schon oft gesagt, dass es schlimmer nicht mehr ginge – und dann kam es 2015 doch schlimmer. Insofern kann das Zwischenergebnis nach einem Jahr wohlwollend als Trendwende interpretiert werden. Von einem Politikwechsel aber ist die CDU in Hamburg noch Lichtjahre entfernt.