Hamburg. Im ersten Jahr setzten die Neulinge inhaltlich kaum Akzente. Aber die anderen Fraktionen bemühten sich auch nicht um ihre Integration.
Auch Wohlmeinende können nicht behaupten, dass die AfD in ihrem ersten Bürgerschaftsjahr viel durch inhaltliche Arbeit von sich reden gemacht hat. In einigen Ausschüssen, in denen die wesentliche fachliche Arbeit des Parlaments gemacht wird, meldeten sich ihre Abgeordneten im ersten Jahr nicht ein einziges Mal zu Wort, manche ihrer Parlamentarier trugen so gut wie gar nichts zu aktuellen Diskussionen bei. Parteichef und Fraktionsvize Bernd Baumann räumte denn auch kürzlich ein, dass die Politikneulinge mehr Einarbeitungszeit benötigt hätten als zunächst erhofft. Zugleich wies er darauf hin, dass die Fraktion jetzt mehr Anträge stelle. Auch die Öffentlichkeitsarbeit hat die Fraktion sichtbar professionalisiert. Am aktivsten waren die Abgeordneten zuletzt in den Bereichen Inneres und Verkehr.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die AfD in ihrem ersten Bürgerschaftsjahr viel mit sich selbst beschäftigt war. Da gab es zunächst den Streit um das Verhältnis zu Pegida und den schließlich aus der Partei gedrängten moderateren AfD-Gründer Bernd Lucke, der auch in der Bürgerschaftsfraktion zu Spannungen führte – vor allem zwischen dem Fraktionschef Jörn Kruse, der sich stets liberal und Lucke-nah gab, und seinem Stellvertreter, dem früheren Schill-Mitstreiter Dirk Nockemann, der als Hardliner gilt.
Für negative Schlagzeilen sorgte auch die Tatsache, dass sich Fraktionschef Kruse zu Jahresbeginn 2016 bei vollen Bezügen für drei Monate nach Kalifornien verabschiedete, um seine universitären Kontakte zu pflegen.
Im Februar verlor die AfD-Fraktion einen ihrer bis dahin acht Abgeordneten: Ludwig Flocken verließ die Fraktion und kam so einem Ausschluss durch die Parteifreunde zuvor. Anlass waren u. a. fremdenfeindliche Formulierungen, die Flocken laut Fraktionsführung unabgesprochen in Kleinen Anfragen an den Senat untergebracht hatte. Mit dem angedrohten Ausschluss Flockens machte die AfD deutlich, dass sie sich in Hamburg von rechtsextremem Gedankengut distanzieren will.
Die anderen Fraktionen allerdings zeigten, dass sie nicht gewillt sind, die AfD in die parlamentarische Arbeit zu integrieren. So verweigerten sie ihren Kandidaten wiederholt die für den Einzug in die Härtefallkommision nötigen Stimmen, in der über das Bleiberecht von Ausländern aus humanitären Gründen entschieden wird. Nun hat die AfD Verfassungsbeschwerde erhoben.
Ob und wie sich die neue Fraktion künftig in die Arbeit der Bürgerschaft einbringen kann, hängt also nicht nur von ihr selbst ab. So oder so: Bisher haben die AfD-Abgeordneten keinen sonderlich großen Eindruck auf die Hamburger gemacht. Mit dem jüngsten Umfrageergebnis von acht Prozent liegt die Partei in Hamburg zwar über ihrem Wahlergebnis von 2015 – aber deutlich unter Wahlergebnissen und Umfragewerten, die sie im Bund und in anderen Bundesländern zuletzt erzielte.