Eidelstedt. Geplanter Standort liegt in einem sozialen Brennpunkt, Anwohner fordern bessere Verteilung der Flüchtlinge. Bezirk will Bürger mit Workshops in Gestaltung einbinden
Das zweitgrößte Bauvorhaben für 3000 Flüchtlinge in Hamburg stößt bereits im Vorfeld auf den Widerstand der Anwohner. Die Bürgerinitiative „Sozial gerechtes Eidelstedt“, die sich im Februar gegründet hatte, fordert, dass Eidelstedt verschont bleibt und Flüchtlingsunterkünfte auf die anderen Stadtteile in Eimsbüttel verteilt werden. Auf ihrer Homepage heißt es: „Wir setzen uns für ein friedliches und soziales Zusammenleben der Bevölkerung in Eidelstedt ein, das heißt: keine Ausgrenzung durch Schaffung sozialer Brennpunkte, sondern Einbeziehung durch vernünftige Stadtplanung.“
Denn Eidelstedt ist nicht nur der Stadtteil im Bezirk mit der höchsten Arbeitslosenquote – die Fläche, auf der das Flüchtlingsquartier geplant ist, befindet sich zwischen zwei bereits bestehenden Saga-Siedlungen. Bezirksamtschef Torsten Sevecke (SPD) ist sich der Problematik des Standorts bewusst: „Es gibt sicher Gegenden, bei denen das soziale Umfeld besser ist“, sagt er. Aus diesem Grund gebe es bei dem Bauprojekt auch „soziale Begleitmaßnahmen“. Sevecke: „Das ist sehr ungewöhnlich, aber auch unbedingt notwendig.“
Zum einen ist Eidelstedt jüngst vom Senat zu einem Fördergebiet erklärt worden. Mit Mitteln des Rahmenprogramms Integrierte Stadtteilentwicklung (RISE) soll die Aufenthaltsqualität künftig verbessert werden. Hintergrund ist, dass es in Eidelstedt überdurchschnittlich viele Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Arbeitslose, Hartz-IV-Empfänger und Sozialhilfeempfänger gibt. „Zum anderen laufen bereits Gespräche mit der Schulbehörde, mit Schulleitern, Kindertagesstätten und Sportvereinen, um Flüchtlinge besser zu integrieren“, sagt Sevecke. Das neue Quartier mit maximal viergeschossigen Wohnhäusern sei eine große Herausforderung für Anwohner und Bezirkspolitik. „Wir haben uns diese gesellschaftliche Aufgabe nicht ausgesucht“, so Sevecke, „aber wir gehen sie gemeinsam an.“
Eine kritische Diskussion sei unbedingt erwünscht, sagt der Bezirksamtsleiter. Aber die Vorstellung der Bürgerinitiativen, die keine Sozialwohnungen und generell höchstens 100 Wohnungen auf der Fläche wollen, sei inakzeptabel. Die letzte Entscheidung bezüglich der Größe obliege ohnehin dem Stadtplanungsausschuss.
Nicht zuletzt hatte Eimsbüttel lange Zeit Schwierigkeiten, überhaupt geeignete Flächen für Flüchtlingsunterkünfte zu finden. Die Fläche am Hörgensweg erfüllt laut Behörde viele wichtige Kriterien. „Das Gelände ist verfügbar, gut angeschlossen und angebunden“, so Sevecke. „Gerade weil die neue S-21-Haltestelle Hörgensweg in etwa zwei Jahren in Betrieb genommen wird, handelt es sich um einen sehr guten Standort.“
Bei der Infoveranstaltung am Mittwoch (ab 18 Uhr in der Aula der Julius-Leber-Schule, Halstenbeker Str. 41) solle es intensive Gespräche mit den Bürgern auch hinsichtlich der Größe der Unterkunft geben. „Wir werden mit ihnen darüber sprechen, welche Größe für den Stadtteil verträglich ist.“ In den geplanten Workshops können die Eidelstedter zudem gemeinsam mit Stadtplanern etwa die Gestaltung der Plätze auf dem Areal mitbestimmen. Ihre Meinung ist auch bei der Entscheidung gefragt, wo etwa ein Spielplatz entstehen könnte und welche sozialen Einrichtungen und Läden es in dem neuen Quartier geben sollte.
Trotz der sinkenden Zahl der Flüchtlinge, die nach Hamburg kommen, hält Torsten Sevecke die Errichtung von Wohnungen für Flüchtlinge nicht für überflüssig. „Wir haben jetzt eine Atempause – aber es gibt keinen Grund für Entspannung. Denn wir wissen nicht, wie sich die Situation an den Außengrenzen entwickelt“, sagt er. Eimsbüttel brauche auch dringend Sozialwohnungen, so Sevecke. Er will vorbereitet sein. „Warten, bis es Probleme gibt, will ich nicht.“