Hamburg. Bürgerschaft beschließt Verkauf der denkmalgeschützten Hochhäuser am Klosterwall. Investor will Neubau

Der strittige Verkauf der City-Hochhäuser in der Nähe des Hauptbahnhofs ist perfekt. Die Bürgerschaft hat am Donnerstag für den 35,2-Millionen-Euro-Deal mit der Immobilienfirma Aug. Prien gestimmt. Auch wenn die Abgeordneten lediglich für den Verkauf der städtischen Immobilie gestimmt haben, ist damit das Ende der vier Häuser am Klosterwall, die offiziell City-Höfe genannt werden, praktisch besiegelt. Der Investor Aug. Prien will die aus den 50er-Jahren stammenden und seit 2013 unter Denkmalschutz stehenden Hochhäuser abreißen und durch Neubauten ersetzen.

Wie zu erwarten war, ist es deshalb in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft zu eine hitzigen Auseinandersetzung zwischen Gegnern (die komplette Opposition) und Befürwortern (Rot-Grün) gekommen. Dies hatte sich nicht nur in den vergangenen Monaten, sondern zuletzt auch im Stadtentwicklungsausschuss so abgezeichnet.

Im Kern ging es um die Frage, ob das Denkmal überhaupt abgerissen werden darf. „Hübsch oder hässlich sind keine Kategorien für den Denkmalschutz“, mahnte Jens Meyer, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der FDP. Er warf dem Senat vor, ein „duales Vergabeverfahren“ betrieben zu haben, weil sowohl der Erhalt als auch der Abriss der Hochhäuser vorgesehen ist. „Das ist schon deshalb widersprüchlich, weil ein Denkmal nur abgerissen werden darf, wenn der Erhalt wirtschaftlich unzumutbar ist oder das öffentliche Interesse den Abbruch erfordert.“ Beides sei aus seiner Sicht nicht der Fall.

Letzterem widersprach SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf: „Die schlichten City-Hochhäuser hatten von Anfang an eklatante, funktionale Schwächen, die ursprüngliche Fassade war nicht wetterbeständig und zugig, die Arbeitsbedingungen im Haus äußerst schwierig, die Ladenpassage funktionierte von vornherein nicht.“

Mit der Neubebauung werde auch dem Weltkulturerbe Kontorhausviertel zu einem würdigeren Abschluss verholfen. Zudem werde der Neubau „selbstverständlich weltkulturerbekonform“ erfolgen. Es werde einen internationalen Architekturwettbewerb geben, an dessen Vorbereitung und Durchführung die Unesco beteiligt sein werde, versprach Kienscherf. Kritiker hatten vor einem Monat angemahnt, dass ein Abriss den Weltkulturerbe-Titel von Speicherstadt und Kontorhausviertel mit dem Chilehaus gefährden könnte.

Zuvor hatte es einen städtischen Investoren-Wettbewerb gegeben. Sechs der eingereichten Entwürfe hatten einen Erhalt vorgesehen, acht einen Neubau. Das Sanierungsmodell des Hamburger Architekten Volkwin Marg für den Baukonzern Hochtief schaffte es in die Endrunde und wurde in letzter Sekunde wegen eines Formfehlers vom Wettbewerb ausgeschlossen. Marg wollte unter anderem 310 Wohnungen und ein Hotel errichten. Geboten hatten die Projektentwickler nach eigenen Angaben einen Kaufpreis von 32 Millionen Euro.

Den Zuschlag erhielt aber Aug. Prien. Wohl auch wegen des Kaufpreises in Höhe von 35,2 Millionen Euro. 40 Prozent der Fläche sind für Büros vorgesehen, 30 für Wohnungen, 20 für ein Vier-Sterne-Hotel. Hinzu kommen Geschäfte, Restaurants, eine Galerie sowie ein Kindergarten. Einen Abriss-Antrag muss das Unternehmen trotz des Bürgerschaftsvotums noch stellen. Jörg Hamann (CDU), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, kritisierte, dass der Senat bislang nicht gesagt habe, auf welcher gesetzlichen Grundlage die vier unter Denkmalschutz stehenden Gebäude abgerissen werden können. „Es sind gesetzlich geschützte Gebäude, die nicht zufällig unter Denkmalschutz gestellt worden sind. Oder wollen Sie behaupten, Ihr Regierungshandeln sei zufällig“, sagte Hamann in Anspielung auf den Hinweis der SPD, dass die City-Hochhäuser lediglich im Zuge der Reform des Denkmalschutzgesetzes den Schutzstatus erhalten hätten.

Linke: Der Senat schafft einen Präzedenzfall gegen den Denkmalschutz

Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) verwies darauf, dass ein Neubau eine „städtebauliche Aufwertung des Stadteingangs“ bedeute. Es sei zudem infrage gestellt worden, ob die Gebäude denkmalschutzwürdig seien. „Die Tristesse der Bauten wird von niemandem bezweifelt. Welch guter Grund für eine Veränderung.“

Heike Sudmann (Linke) sagte, dass nicht das Gebäude-Ensemble ein Schandfleck sei, sondern „der Umgang des Senats mit dem Denkmalschutz“. Der Senat schaffe mit dem Verkauf an Aug. Prien einen Präzedenzfall, auf den sich Eigentümer berufen können, um gewinnbringend Neubauten über den Denkmalschutz zu stellen. Detlef Ehlebracht (AfD) monierte, dass bei den Abriss-Überlegungen der Umweltgedanke keine Rolle gespielt habe. Dem widersprach Olaf Duge von den Grünen. Ein Neubau spare im Vergleich zu einem sanierten Gebäude Energie ein.

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