Eppendorf. Der Bundesgerichtshof bemängelte Fehler im ersten Verfahren. Der Vermieter hatte seinen Mieter mit einem Hammer getötet.

Jürgen W., 71, galt seinen Nachbarn in der blauen Villa an der Erikastraße als besonnener, weltoffener Mann. Ganz anders als sein Vermieter Fritz H.-B., ein nervöser, ruheloser Kauz mit Hang zu unvorsehbaren Wutanfällen.

Am 12. Februar 2014 verlor Fritz H.-B. im Treppenhaus seiner Villa das letzte bisschen Kontrolle, das ihm nach all den Jahren des Streits mit Jürgen W. geblieben war. Bekleidet mit einem Pyjama und einem Bademantel streckte der 65-Jährige im Wahn seinen sechs Jahre älteren Mieter mit einem Faustschlag nieder, dann zerschmetterte er mit einem Zimmermannshammer sein Gesicht und stach noch mit einem Küchenmesser auf den Sterbenden ein.

Wie das Gericht später feststellte, sei die brutale Tat als „Übertötung“ zu werten: Dem Täter sei es um die gänzliche Auslöschung seines Opfers gegangen. Polizeibeamten erklärte Fritz H.-B. nach der Tat: „Ich konnte nicht mehr.“ Er sei nun glücklich.

Ende Dezember 2014 war Fritz H.-B. wegen Totschlags zu acht Jahren Haft verurteilt worden, gleichzeitig hatte das Gericht seine Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet. Weil der Bundesgerichtshof (BGH) auf Revision der Hamburger Staatsanwaltschaft hin Rechtsfehler in dem Urteil der Großen Strafkammer 2 festgestellt hatte, wurde der Fall zur erneuten Verhandlung zurück ans Landgericht verwiesen. Von diesem Montag an steht Fritz H.-B. deshalb erneut vor Gericht, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mord vor.

Klärungsbedarf sieht der Fünfte BGH-Strafsenat insbesondere bei der Frage, inwieweit sich die psychische Störung des Angeklagten auf seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt ausgewirkt hat. Allzu leichtfertig war die Hamburger Strafkammer beim ersten Prozess von einer verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ausgegangen.

„Gegen die Schuldfähigkeitsprüfung der Schwurgerichtskammer bestehen durchgreifende Bedenken“, heißt es in der Entscheidung vom 11. November 2015. Die Kammer hatte Fritz H.-B. damals zudem nicht wegen heimtückischen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt. Begründung: Sein Opfer sei nicht arglos, sondern ständig auf der Hut vor Fritz H.-B. gewesen, deshalb habe es immer Pfefferspray bei sich gehabt. Stimmt so nicht, befand der BGH. Für die Annahme einer Arglosigkeit komme es darauf an, ob das Opfer zum konkreten Tatzeitpunkt mit einem Angriff auf sein Leben gerechnet habe.

Der Streit zwischen Täter und Opfer hatte seinen Ursprung in einer Mietpreiserhöhung vor sechs Jahren. Jürgen W. wehrte sich dagegen mit Verweis auf rigide Mängel in dem Haus, das für Fritz H.-B. eine „überwertige Bedeutung“ besaß. So sehr verstrickte sich der Mann in seine wahnhaften Ideen, dass er glaubte, Jürgen W. wolle ihm „wohl den Krieg erklären“ und sei Kopf einer Bande, die ihn ausrauben wolle. 2012 dann streckte er seinen Mieter mit einem Faustschlag nieder und verletzt ihn schwer – so wurde der Wahn des einen zum Leid des anderen. Jürgen W. verließ aus Angst vor seinem Vermieter seine Wohnung jedenfalls nicht mehr ohne Pfefferspray.

Am 12. Februar 2014 eskalierte die Situation erneut, weil sich Fritz H.-B. bei einer zufälligen Begegnung im Treppenhaus von seinem Mieter als „Wurzelzwerg“ einmal mehr herabgewürdigt glaubte. Nach der brutalen Tat, noch vor Eintreffen der Polizei, klingelte er bei einer Nachbarin, offenbar um ihr und anderen den Anblick der entsetzlich zugerichteten Leiche zu ersparen. „Es ist etwas Schönes passiert“, sagte Fritz H.-B. laut Zeugen. „Aber es ist besser, sie bleiben vorerst im Haus!“