Hamburg. 120 Pädagogen aus der Hansestadt arbeiten an Schulen in vielen Ländern. Die Fähigkeiten, die sie dort erwerben, nützen ihnen später.

Von Belgien bis zu den USA, von Barranquilla bis Stockholm – die Liste der deutschen Auslandsschulen umfasst beinahe den gesamten Erdball. Auch für Auslandslehrer ist das Tor zur Welt oft Hamburg. Insgesamt 120 Lehrkräfte aus dem Hamburger Schuldienst sind zeitweilig an den Schulen in aller Welt tätig. Nicht selten in leitender Position: An 16 der insgesamt 142 deutschen Auslandsschulen kommen die Schulleiter aus Hamburg. Die Hansestadt sei „die Stütze des Auslandsschulwesens“, sagt deshalb Burghard Ahnfeldt. Der Leiter des Referats für Europa und Internationales in der Hamburger Schulbehörde ist für die Auswahl der Auslandslehrer verantwortlich.

Dass derart viele Lehrer den Weg ins Ausland gehen, ist in seiner Sicht „ein Gewinn für die Hamburger Schullandschaft“. Laut Ahnfeldt bringen die sogenannten Auslandsdienstlehrkräfte (ADLK) eine gewachsene Kompetenz mit im Hinblick auf Deutsch als Fremdsprache und im Umgang mit kultureller Vielfalt, wenn sie nach drei bis sechs Jahren in den Hamburger Schulalltag zurückkehren. Denn: Die meisten Auslandsschulen sind mittlerweile Begegnungsschulen, an denen nicht nur Deutsche, sondern auch einheimische Schüler unterrichtet werden.

Für Ahnfeldt sind die Rückkehrer aus dem Ausland daher „Experten für Migrationshintergründe“ – im multikulturellen Hamburger Schulalltag eine Kompetenz von hohem Wert. Ob unter den Schützlingen der Auslandslehrer aufgrund der Schulgebühren nicht vor allem Schüler aus reichem Hause sind? Ahnfeldt räumt ein, dass die soziale Durchmischung an Auslandsschulen oft geringer sei als an staatlichen Schulen. Stipendien sollen dafür sorgen, dass auch Schüler aus einkommensschwächeren Familien den Weg an deutsche Auslandsschulen finden.

Schulleiter des Gymnasiums Lohbrügge zieht es ins Silicon Valley

Viel Wert auf international ausgerichtete Bildung legt schon jetzt das Gymnasium Lohbrügge. Dort hält Michael Koops seit zehn Jahren als Schulleiter die Fäden in der Hand. Im Juli wird der 50-Jährige seine bisherige Wirkungsstätte jedoch vorerst verlassen. Den Schulleiter zieht es samt Familie ins US-amerikanische Silicon Valley – für sechs Jahre wird er eine deutsche Schule mit Standorten in Mount View, San Francisco und Berkeley leiten. Schon am Ende seines Studiums unterrichtete der Lehrer für Deutsch und Biologie ein Jahr lang als Fremdsprachenassistenz an zwei Londoner Schulen. Seine Zeit in der Themse-Metropole beschreibt Koops als „Horizonterweiterung“. Seitdem habe ihn der Gedanke, „das später noch einmal zu machen“, nicht mehr losgelassen.

Statt typisch südenglischen Nieselregens erwartet den Schulleiter nun die Sonne des Silicon Valley. „Die Menschen haben Lust, Dinge zu verändern und zu verbessern“, zeigt sich Koops beeindruckt von der Atmosphäre im Tal der Techniktüftler. Auch die dortige Wertschätzung für sprachliche und kulturelle Vielfalt hat es ihm angetan.

An seinem neuen Arbeitsplatz werden Schüler vom Kindesalter bis zum Abitur zweisprachig unterrichtet – auf Englisch und Deutsch. „Darauf freue ich mich“, sagt Koops. Denn trotz ähnlicher Ansätze am Gymnasium Lohbrügge werde mit kulturellen Unterschieden in Deutschland nicht mit derselben Selbstverständlichkeit umge-gangen. In diesem Punkt könne das deutsche Schulsystem noch viel lernen.

Aufstieg folgt: Der Auslandsdienst gilt als „kleine Kaderschmiede“

Doch nicht nur dem Schulsystem können Auslandsaufenthalte neue Impulse geben. Laut Burghard Ahnfeldt übernehmen Lehrer nach ihrer Rückkehr nicht selten leitende Positionen an Schulen in Hamburg. Der Auslandsschuldienst sei eine „kleine Kaderschmiede“ für den Inlandsschuldienst. Auch für Berufseinsteiger kann sich der Weg ins Ausland lohnen. Denn wer nach dem Referendariat keine unbefristete Stelle findet, kann als Bundesprogrammlehrkraft (BPLK) für zwei Jahre Berufserfahrung im Ausland sammeln. Laut Ahnfeldt eine „gute Tätigkeit, um in den Job hineinzukommen“. Sie könne bei der Stellensuche später ein „ausschlaggebendes Kriterium“ sein.

Kritik an den deutschen Auslandsschulen entzündet sich oftmals an den hohen Gehältern, die Auslandsdienstlehrkräfte aus dem Kulturfonds des Auswärtigen Amtes beziehen. An vielen Standorten klafft eine große Lücke zwischen den Gehältern von deutschen und ortsansässigen Lehrern. Da diese oft Seite an Seite mit den Lehrkräften aus Deutschland unterrichten, bestehe in manchen Schulen ein „extremes Gehaltsgefüge“, so Burghard Ahnfeldt. Für den Umgang damit sollen Seminare der Zentrale für Auslandsschulwesen (ZfA) sensibilisieren.

Laut Burghard Ahnfeldt kommt es auch aufgrund dieser Gehaltsunterschiede darauf an, erfahrene und belastbare Spitzenkräfte für den Auslandsschuldienst zu gewinnen. Das Klischee vom Auslandslehrer, der auf großem Fuße in der Sonne faulenzt, will Ahnfeldt jedenfalls nicht gelten lassen.

Spitze sollen auch die Schüler sein, die die deutschen Schulen mit dem Abitur verlassen. Denn: Schüler von den Auslandsschulen an deutsche Universitäten und Arbeitsplätze zu locken ist eines der Ziele des Auslandsschulwesens. Profitieren will und kann von den ausländischen Absolventen auch Hamburg. Ein Grund mehr, weshalb Auslandslehrer in Ahnfeldts Sicht nicht zuletzt eines sein sollten: „Botschafter für Hamburg.“