Hamburg. Kaffeefirmawird 150 Jahre alt und will bis zu 100 Stellen schaffen. Neues Gebäude am Hamburger Stammsitz. Scholz ehrt Patriarchen.
Aufstehen um 5.30 Uhr in der Frühe, gegen 7 Uhr kurz in den Stallungen bei seinen geliebten Vollblütern vorbeischauen, und dann schnell, bevor es voll wird auf den Straßen, von Blankenese nach Billbrook ins Büro. Für Albert („Atti“) Darboven zählen zwei Dinge im Leben: Pferde und Kaffee. 150 Jahre alt wird sein Unternehmen in diesen Tagen, seinen 80. Geburtstag feiert der Kaffeekönig Mitte April. Ein guter Zeitpunkt für den Unternehmer, der für viele den Idealtypus des hanseatischen Kaufmanns verkörpert, Rückschau auf die Firmenhistorie zu halten – und über seine unternehmerischen Zukunftspläne zu sprechen.
Acht Millionen Euro hat die J.J. Darboven GmbH & Co in den vergangenen Monaten in eine neue Verwaltung und erweiterte Lagerflächen an ihrem Standort in Billbrook investiert. „Uns wuchs die Produktion schon ins Büro hinein“, sagt Darboven lachend, daher wurde es Zeit für einen Ausbau am Pinkertweg. Im vergangenen Jahr erzielte der Kaffeeröster und -lieferant mit gut 330 Millionen Euro den höchsten Umsatz der Unternehmensgeschichte, die Fabrik erreichte ihre Kapazitätsgrenzen.
Da Darboven auch für das laufende Jahr mit weiterem Wachstum rechnet, wird sich die gute Lage des Betriebs auch auf den Personalbestand auswirken. „Wir schaffen in den nächsten drei bis vier Jahren noch einmal bis zu 100 neue Jobs in Hamburg“, sagte der Chef. Bisher arbeiten am Hauptsitz 350 Beschäftigte. Insgesamt zählt Darboven, unter anderem an kleineren Produktionsstätten wie Luzern und Sauerlach bei München, 1100 Mitarbeiter.
Ans Aufhören denkt Daboven nicht
Die Aufgaben in Gestüt und Unternehmen halten den Patriarchen fit, ans Aufhören im Management denkt er vorerst nicht. „Unser Laden ist so gut aufgestellt, ich nehme die nächste Legislaturperiode in Angriff“, blickt Darboven in die Zukunft. Aktuell ist wieder ein TV-Spot mit dem Chef zu sehen. Der Freund von Krawatten mit Tiermotiven wie Eichhörnchen steht mit seinem Gesicht für die Marke.
Schon länger wird über die zukünftige Führung des Unternehmens spekuliert, es gibt nur einen Nachfahren Darbovens, einen Sohn aus erster Ehe. Der Versuch, ihn als Nachfolger aufzubauen, ist vor einigen Jahren gescheitert: Arthur Ernesto handelt heute in seinem eigenen Unternehmen mit Rohkaffee. Darboven hat angedeutet, dass er vielleicht einen Nachfolger adoptiert oder einen Teil des Vermögens an eine Stiftung abgibt.
Die Adoption wäre in der Geschichte der Firma, die „Atti“ in vierter Generation leitet, nichts Neues: Geboren wurde Darboven als Albert Hopusch in Darmstadt. Sein kinderloser Onkel Arthur Darboven adoptierte ihn 1950 im Alter von 14 Jahren und baute „Atti“ zum Nachfolger in der Familienfirma auf. Schon vorher hatte er sich als kreativer Kopf erwiesen. Schon im Grundschulalter machte er sich Gedanken darüber, wie die Firma die Zeiten des Krieges überstehen könnte, schließlich waren damals keine Kaffeebohnen zu bekommen.
„Ich sah die ausgespuckten Dattelkerne unterm Weihnachtsbaum, bin heimlich damit in die Fabrik gefahren und machte eine Röstprobe“, erinnert sich der Unternehmer. Das Ergebnis der Experimentierfreude konnte sich sehen lassen, die Firma kaufte prompt Tonnen von Dattelkernen in Teheran und hatte eine preiswerte Ersatzmischung gefunden.
Onkel Nicolaus Darboven wiederum wurde in den Sechzigern zum Pionier in der TV-Werbung. Er war als erster Unternehmer überhaupt in Fernsehspots zu sehen, „stets bekam er Wäschekörbe voll mit Fanpost, von netten Damen“, erinnert sich Darboven. Auch er selber wurde später zum lebenden Symbol seiner Firma, verleiht dem „Idee“-Kaffee das Image des Hamburger Gentleman.
Senatsempfang im Rathaus für Albert Darboven
Am Montag wird Darboven für sein Lebenswerk bei einem Senatsempfang von Bürgermeister Olaf Scholz geehrt. Das Rathaus präsentiert in den nächsten Wochen auch eine Ausstellung über die Historie der Firma, die 1866 von Johann Joachim Darboven in Hamburg gegründet wurde. Im Mittelpunkt der Feierstunde wird indes nicht allein die Firma stehen, sondern auch das soziale Engagement des Unternehmers. Darboven, der mit seiner zweiten Ehefrau, einer geborenen Prinzessin von Anhalt, seit Jahrzehnten unweit seines Gestüts an der Elbe lebt, hat sich immer auch für die Benachteiligten engagiert.
„Ich habe in Südamerika etliche Kaffeebauern kennengelernt und pflege zu vielen ein freundschaftliches Verhältnis“, begründet Darboven seinen Blick auf die Welt. Als einer der ersten Großröster führte die Firma – Darboven ist der kleinste unter fünf großen Kaffeeherstellern in Deutschland – auch Fairtrade-Kaffee im Sortiment.
Zum Jubiläum wünscht sich Darboven nun auch keine, wie er sagt „Riechbesen“ (Blumensträuße), sondern Spenden für seinen Stiftungfonds „Friede der Religionen“. Denn auch der gegenseitige Respekt der Religionen liegt dem Kaffeekaufmann am Herzen. Auf seinem Gestüt veranstaltet er regelmäßig ein interreligiöses Friedensgebet mit Vertretern aller großen Weltreligionen.