Hamburg . Rechtsanwalt Dahlmann hat einen Roman geschrieben, der auf wahren Begebenheiten beruht. Anfragen von Filmproduktionen liegen schon vor.

Olaf Dahlmann schmunzelt amüsiert, wenn man ihn neuerdings mit dem Begriff „Nachwuchsautor“ konfrontiert. Immerhin sei er schon 59, und es habe auch vier Jahre gedauert, bis er „sein Baby“ endlich gedruckt in den Fingern halten konnte, die sich normalerweise durch Akten blättern. Durch Steuer- oder durch Steuerfahndungsakten, denn Dahlmann ist Fachanwalt für Steuerrecht, Seniorpartner in seiner Kanzlei, die gegenüber der Speicherstadt in der vierten Etage des Zippelhauses residiert.

Zum Krimi braucht es mehr als ein Blick in die reine Vergangenheit

Aber nun darf er sich auch Schriftsteller nennen: Vor wenigen Tagen ist „Das Recht des Geldes“ erschienen, das Debüt eines Autors, der aufgrund seines eigentlichen Berufs sehr genau weiß, wovon er in seinem realistisch anmutenden Kriminalroman erzählt.

Um den spannenden Plot zusammenzustricken, der sich anfänglich um gestohlene, sensible Finanzdaten aus einer Liechtensteiner Kanzlei dreht, mit denen zahllose Steuertrickser aus den angesehensten Kreisen erpresst werden, musste Olaf Dahlmann sich lediglich zu seinen zahlreichen, oftmals spektakulären Fällen in sein Archiv begeben. Zumindest glaubte er das, bevor er einsehen musste, dass zu einem Krimi noch weitere, enorm wichtige, eben auch „menschelnde“ Ingredienzien gehören. Wie etwa die junge, talentierte und selbstverständlich hübsche Referendarin Katharina Tenzer, ein durchtriebener Rechtsanwalt (ihr Chef), beziehungsunfähige Ermittler der Mordkommision, abgezockte Steuerfahnder, skrupellose Ministerialbeamte und nicht zuletzt Justitia selbst, die auf beiden Augen tatsächlich blind ist. Jedenfalls dann, wenn beispielsweise ein lukrativer, aber schmutziger Deal im Raum steht.

Bereits jetzt liegen Dahlmann drei Anfragen von Filmproduktionen vor

Mehrere Fassungen („Insgesamt waren es fünf …“) seines Romans hat Dahlmann geschrieben, zur wohl eher zweifelhaften Freude seiner Frau fast immer an den Wochenenden und im Urlaub; er hat immer wieder nachgebessert (und darüber sein exzellentes Tennisspiel in der Ü-50-Mannschaft des Tennisclubs Siek vernachlässigt); er hat akribisch immer wieder an der Struktur des Romans herumgefeilt und an den Charakteren der handelnden Personen und war am Ende selbst verblüfft darüber, was für ein komplexer Prozess es doch ist, einen Roman zu schreiben – für den sich mit dem renommierten Grafit-Verlag, der auf Kriminalromane spezialisiert ist, sogar jemand finden ließ, der an diesen Stoff glaubte. Darüber hinaus gibt es bereits Anfragen von Filmproduktionen.

„Was mich als Steueranwalt jedoch ernsthaft umtreibt, ist die Frage, wie weit der Staat wohl noch gehen würde, um abgeflossenes Geld wieder ins Land zu holen?“, sagt Olaf Dahlmann. Damit spielt er auf die umstrittene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an, den Ankauf gestohlener Steuerdaten durch die öffentliche Hand – sprich die Finanzministerien der Bundesländer – zuzulassen. In „Die Rache des Geldes“ schrecken die staatlichen Steuereintreiber jedoch nicht mal vor Mord und Totschlag zurück, wobei sie sich auf die diskrete „Amtshilfe“ durch höchst obskure freie Mitarbeiter der Geheimdienste verlassen. Was zurzeit, sagt er lächelnd, vermutlich leicht übertrieben scheine, aber, ja, durchaus vorstellbar und seinem Buch geschuldet sei: „Schließlich geht es aufgrund der Daten, die so eine CD oder DVD enthält, zumeist gleich um viele Hundert Millionen von Steuergeldern, nicht selten auch um Milliarden.“

Seinen Mandanten rät er im Zweifelsfall die Hosen lieber gleich herunterzulassen

Aus seiner täglichen Praxis kann Olaf Dahlmann berichten, dass die Finanzbehörden in den vergangenen Jahren erheblich aufgerüstet haben. Sie seien schneller geworden, effizienter und – gerade was die Hansestadt betrifft – auch sehr viel härter und strenger, meint er. „Den beliebten Stammtischspruch von den Kleinen, die man hängt und den Großen, die man laufen lässt, hat zwar im Grunde noch nie so richtig gestimmt, doch inzwischen entspricht diese Volksmeinung überhaupt nicht mehr der Realität.“ Wobei es den Beschuldigten und Angeklagten in der Regel vor allem darauf ankommt, die ganze Sache möglichst rasch und geräuschlos zu regeln – auch wenn die das manchmal ihr gesamtes Vermögen kostet.

Hinter den Kulissen, oder besser hinter den Mauern des Untersuchungsgefängnisses am Holstenglacis, habe er schon viele gestandene, eloquente und erfolgreiche Männer weinen sehen, sagt Dahlmann. Sein Job ist es vor allem, die Unschuldsvermutung seiner Mandantschaft aufrechtzuerhalten, Vorwürfe und vermeintliche Indizien seitens der Ermittlungsbehörden zu entkräften und seine Mandanten im Zweifelsfall möglichst schnell davon zu überzeugen, die Hosen lieber gleich herunterzulassen und sich reuig selbst anzuzeigen. „Denn wenn die Steuerfahndung an der Tür klingelt, ist es für strafbefreiende Maßnahmen in der Regel zu spät.“

Dahlmann verrät: Der zweite Roman sei bereits in Arbeit

Gleichwohl könnten Steueranwälte ganze Kantaten von übereifrigen Finanzbeamten singen, die am Ende vollkommen unbescholtene Geschäftsleute mehr als nur fahrlässig in den Ruin getrieben hätten. „An Stoff mangelt es in diesem Gewerbe wahrlich nicht“, sagt Olaf Dahlmann, der Blut geleckt hat. Und in einem Nebensatz verrät, dass die Arbeit an seinem zweiten Roman bereits vorangeschritten sei. Darin gehe es unter anderem um verschwundene SED-Millionen und die dramatische DDR-Vergangenheit seiner Heldin Katharina Tenzer. Diesmal will er schon in zwei Jahren das Manuskript abgeben, obwohl die Zahl der echten Fälle eher zu- als abnehmen würde. Aber nicht nur deswegen sei es bis zu John Grisham noch ein verdammt weiter Weg, sagt Olaf Dahlmann. Und lacht.

Olaf R. Dahlmann: „Das Recht des Geldes“ (Grafit-Verlag, Dortmund 2016) 388 Seiten, 12 Euro