Die Komplikationen bei besonders schweren Geburten sind in den Spezialabteilungen der Stadt seltener als im Bundesdurchschnitt.

Sie sind so winzig, so verletzlich – und haben oft mit vielen Problemen zu kämpfen: Kinder, die früh oder krank auf die Welt kommen, brauchen eine spezielle Betreuung und werden auf sogenannten ­neonatologischen Intensivstationen versorgt, in Inkubatoren, besser bekannt als Brutkästen. Dort werden sie umsorgt und behandelt, bis sie der normalen Welt gewachsen sind.

Doch der Frühstart ins Leben ist mit einer Menge Risiken verbunden. Sie zu vermeiden ist das Ziel der intensiven Betreuung. Jetzt hat der Hamburger Krankenhausspiegel erstmals Qualitätsdaten für die Behandlung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen in den sieben Hamburger Spezial-Intensivstationen veröffentlicht. Sieben der zwölf Hamburger Geburtskliniken verfügen über solche Stationen. Das sind die Perinatalzentren.

Haben diese Zentren das Level 1, bieten sie die höchste Versorgungsstufe. Hier sollen vor allem Mütter eingeliefert werden, bei denen zu erwarten ist, dass das Kind vor der 29. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt, oder deren Kind bei der Geburt weniger als 1250 Gramm wiegt. Diese Zentren gibt es in den Asklepios Kliniken Altona, Nord und Barmbek sowie im Universitätsklinikum Eppendorf und im Katholischen Marienkrankenhaus. Perinatalzentren mit dem Level 2 sind vorgesehen unter anderem für Neugeborene, die zu einem späteren Zeitpunkt geboren werden, über 1250 Gramm Geburtsgewicht liegen, aber auch eine intensive Betreuung brauchen. Diese Zentren gibt es im Albertinen-Krankenhaus und in der Helios Mariahilf Klinik in Harburg.

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Für diese sieben Zentren liegen jetzt die Qualitätsdaten im Krankenhausspiegel für das Jahr 2014 vor. Dabei geht es nicht nur um eine möglichst niedrige Sterblichkeit, sondern auch um die Verhinderung von Komplikationen, die vor allem bei Frühgeborenen auftreten, wie Hirnblutungen, schwere Darmerkrankungen, chronische Lungenschäden, Schäden der Augennetzhaut. So lag die Rate für Hirnblutungen aller sehr kleinen Frühgeborenen in Hamburg insgesamt mit 2,35 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 4,25 Prozent. 29 der mehr als 380 Hamburger Frühgeborenen, die bei der Geburt weniger als 1500 Gramm wogen und zwischen der 24. und 32. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen, haben schwere chronische Lungenschäden entwickelt, weil ihre Lungen bei der Geburt noch nicht ausgereift waren. Das ist eine Rate von 4,91 Prozent. Im Bundesdurchschnitt lag die Rate bei 7,30 Prozent.

Popstar Stevie Wonder erblindete, weil er sechs Wochen zu früh zur Welt kam

Auch wenn es immer noch zu zahlreichen Schäden kommen kann, haben sich die Überlebensraten der Säuglinge doch deutlich verbessert. Dr. Axel von der Wense, Leiter der Abteilung für Neonatologie und Kinderintensivmedizin im Altonaer Kinderkrankenhaus und gleichzeitig Chefarzt der Neugeborenen-Intensivstationen in der Asklepios Klinik Altona und im Albertinen- Krankenhaus, nennt dazu eindrucksvolle Zahlen: So lag die Säuglingssterblichkeit, also die Sterblichkeit im ersten Lebensjahr, in Deutschland im Jahr 1810 noch bei über 50 Prozent. 1910 war sie bereits auf 18 Prozent gesunken. 2014 lag sie bundesweit bei 0,3 Prozent. „Das ist nicht nur ein Erfolg der Neugeborenenmedizin, sondern auch das Resultat von besserer Ernährung und Hygiene und weniger Infektionskrankheiten“, sagt von der Wense. Auch die extrem kleinen Babys, die bei der Geburt weniger als 500 Gramm wiegen, haben heute wesentlich bessere Überlebenschancen in Deutschland als früher. „1960 war ihre Überlebenschance gleich null, 1980 sind noch 80 Prozent von ihnen gestorben. 2012 hingegen haben bereits zwei Drittel dieser Kinder überlebt. Die Grenze der Lebensfähigkeit beginnt zurzeit etwa bei 23 Schwangerschaftswochen. Das war vor 20 Jahren noch undenkbar“, sagt von der Wense.

Dass aus diesen zerbrechlichen Wesen, die sich so mühsam ins Leben kämpfen müssen, später auch berühmte Persönlichkeiten werden können, zeigen ein paar Beispiele. So ist von dem berühmten Forscher Isaac Newton überliefert, „dass er bei der Geburt in einen Bierkrug passte. Das entspricht bei den damaligen Bierkrügen ungefähr einem Geburtsgewicht von 1,4 Kilogramm“, sagte von der Wense. Auch dem Philosophen Immanuel Kant werde nachgesagt, dass er ein „schwächliches Neugebornes“ gewesen sei. Der bekannte Musiker Stevie Wonder erblindete als Baby, weil er sechs Wochen zu früh auf die Welt kam und an einer Frühgeborenen-Netzhauterkrankung litt.

Geburtenzahlen der Hamburger Kliniken

 

Universitätsklinikum Eppendorf: 3361

 

Katholisches Marienkrankenhaus: 3354

 

Asklepios Klinik Altona: 3209

 

Asklepios Klinik Barmbek: 2918

 

Albertinen-Krankenhaus: 2500

 

Asklepios Klinik Nord: 1799

 

Helios Mariahilf Klinik: 1734

 

Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg: 1434

 

Ev. Amalie-Sieveking-Krankenhaus: 1276

 

Asklepios Klinik Wandsbek: 934

 

Bethesda Krankenhaus Bergedorf: 741

 

Asklepios Klinik Harburg: 736

 

Geburtshaus Hamburg: 155

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Trotz aller Fortschritte in der Medizin – auf den neonatologischen Intensivstationen geht es doch einigermaßen ruhig zu. „Wir bemühen uns um eine möglichst sanfte Behandlung mit so wenig Hightechgeräten wie möglich, bei der auch immer die gesamte Familie integriert ist“, sagt von der Wense. Er und seine Kollegen versuchen auch, eine maschinelle künstliche Beatmung, bei der ein Schlauch in die Luftröhre des Babys geschoben wird, wenn es geht zu vermeiden.

Im Hamburger Krankenhausspiegel geht es aber nicht nur um die Behandlungsqualität bei Frühgeborenen. Insgesamt können dort Qualitätsergebnisse der Hamburger Krankenhäuser für 16 besonders häufige oder komplizierte Behandlungsgebiete abgerufen werden. Dazu gehören Brustkrebs- und Bypassoperationen, Gallenblasen-Operationen, Geburtshilfe, Gynäkologische Operationen (zum Beispiel der Eierstöcke), Herzkatheteranwendungen, das Einsetzen eines Herzschrittmachers, Hüft- und Kniegelenkersatz, Lungenentzündungen, Oberschenkelhalsbruch, Rekonstruktion der Halsschlagader, Schlaganfall, verbesserte Beindurchblutung und die Vermeidung von Druckgeschwüren. Jetzt sind auch die neuesten Qualitätsdaten aus dem Jahre 2014 nachzulesen. Außerdem werden die Ergebnisse der letzten Befragung zur Patientenzufriedenheit von 2013/2014 vorgestellt. „Der Krankenhausspiegel umfasst zum einen objektive Qualitätsergebnisse zu den angebotenen Behandlungen und zum anderen die eher subjektiv geprägten Ergebnisse der Patientenbefragung“, sagte Dr. Claudia Brase, Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft.

Bei Brustkrebs lagen Hamburgs Kliniken nicht überall über dem Bundesschnitt

Zum Beispiel sind dort die Zahl und die Qualitätsmerkmale bei Gallenblasenoperationen dargestellt. Die Entfernung der Gallenblase, zum Beispiel aufgrund von Gallensteinen, ist einer der häufigsten Eingriffe in deutschen Krankenhäusern. 2014 wurden in Deutschland 176.000 solcher Eingriffe vorgenommen, etwa 3850 davon in Hamburger Krankenhäusern. Als Qualitätsmerkmale gelten die Raten von Komplikationen während der Operation, allgemeine Komplikationen nach der Operation, erneute Operationen und die Zahl der Todesfälle. So sind 2014 in Hamburg zwei Patienten (0,05 Prozent) im Zusammenhang mit einer Gallenblasenoperation gestorben. Bundesweit waren es 0,12 Prozent. Eine Nachoperation war in 2,47 Prozent der Fälle erforderlich (bundesweit 2,56 Prozent).

Bei Brustkrebsoperationen erzielten Hamburger Kliniken ebenfalls gute Ergebnisse, lagen aber nicht bei allen Qualitätskriterien über dem Bundesdurchschnitt. Qualitätsmerkmale waren die Sicherung der Diagnose durch eine Gewebeentnahme, eine Gewebeuntersuchung während der OP, der Anteil der Lymphknotenentfernungen im Frühstadium der Erkrankung, die Untersuchung der Wächter-Lymphknoten (das ist der Lymphknoten, in den der Tumor zuerst Krebszellen streut) und die Bedenkzeit von der Diagnose bis zum Operationstermin. Als gute Behandlungsqualität gilt, wenn die Patienten frühestens sieben und spätestens 21 Tage nach Feststellung des Brustkrebses operiert werden.

Informationen im Internet:www.hamburger-krankenhausspiegel.de