Hafencity. Schüler der Joop van den Ende Academy vor ungewisser Zukunft. Das Theaterunternehmen muss sparen – und stellt alle seine Shows auf den Prüfstand
Stage Entertainment schließt nach Abendblatt-Informationen ihre Joop van den Ende Academy mit Sitz an der Straße Kehrwieder in der Hamburger Speicherstadt.
Die Musicalschule nimmt keine neuen Teilnehmer mehr an. Sechs der 24 Schüler können ihre Ausbildung in diesem Schuljahr noch beenden, die Zukunft von 18 weiteren ist ungewiss: „Wir suchen nach Lösungen, wie diese Schüler ihre Ausbildung abschließen können“, sagte Stage Entertainment-Sprecher Stephan Jaekel.
Die 2003 gegründete Joop van den Ende Academy gehört zu den renommiertesten Musical-Akademien in Deutschland und bietet eine dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung zum Musicaldarsteller an. Mehr als 100 Nachwuchsdarsteller haben dort ihre Ausbildung absolviert.
Der Grund für die Schließung sind Sparmaßnahmen, die der neue Stage-Mehrheitseigner CVC Capital Partners mit umsetzt. Der Investor aus Luxemburg hatte im Sommer vergangenen Jahres einen Anteil von 60 Prozent an dem Theaterunternehmen übernommen. Stage-Gründer Joop van den Ende hält 40 Prozent der Firmenanteile.
Nach der Übernahme hatte CVC geprüft, wie profitabel die einzelnen Geschäftsfelder sind. Die Joop van den Ende Academy sei ein reines Zuschussgeschäft, sagte Sprecher Jaekel. Das Ziel dieser Schule sei immer gewesen, auch für die eigenen Produktionen, den talentierten Nachwuchs auf höchstem Niveau auszubilden, so Jaekel.
Die Studenten mussten keine der an anderen Schulen üblichen Gebühren bezahlen. Bis zu 49 Dozenten unterrichteten die Musicalstars von morgen. Die Schule hat 14 Studios mit rund 2500 Quadratmetern in der Stage-Deutschlandzentrale an der Straße Kehrwieder. Es werde nun geprüft, wie die Räume nach Beendigung des Schulbetriebs genutzt werden können.
Wie berichtet, wird der Musicalkonzern sein Stage Theater am Potsdamer Platz in Berlin Ende August schließen. Etwa 100 Mitarbeiter verlieren ihren Job. Hier wurde seit fünf Jahren „Hinterm Horizont“ aufgeführt. Das Mauerfallmusical mit der Musik von Panikrocker Udo Lindenberg unter der Regie des St.-Pauli-Theater-Chefs Ulrich Waller, ist laut Stage das erfolgreichste Berliner Musical aller Zeiten. Mehr als zwei Millionen Zuschauer haben das Stück gesehen. Doch in der letzten Zeit hat „Hinterm Horizont“ keinen Gewinn mehr erzielt – und fiel deshalb dem Rotstift zum Opfer.
Stage-Sprecher Stephan Jaekel betont, dass kein weiteres Theater in Deutschland geschlossen werden soll. Vorerst – denn wie lange dieses Versprechen gilt, kann niemand sagen. Fest steht: Jede einzelne Produktion muss Gewinn abwerfen, ansonsten wird diese eingestellt.
Das heißt, auch die Zukunft der vier Musicals in Hamburg steht laufend auf dem Prüfstand. Die Hansestadt ist nach London die größte Musicalmetropole in Europa.
Noch läuft es allerdings gut. Nach Abendblatt-Informationen konnte Stage die Zwei-Millionen-Besuchermarke in Hamburg im vergangenen Jahr zum ersten Mal deutlich überschreiten. Als besonders erfolgreich gilt „Das Wunder von Bern“, das im November 2014 Premiere feierte. Für das Musical hat Stage eigens ein Theater mit 1850 Sitzplätzen auf Steinwerder mit Blick auf den Hamburger Hafen errichtet. Bereits im ersten Jahr besuchten mehr als eine halbe Million Zuschauer das Musical, das von der Fußball-WM 1954, bei der Deutschland überraschend Weltmeister wurde, handelt.
Im vergangenen Jahr feierten mit „Aladdin“ im Theater Neue Flora an der Stresemannstraße und „Liebe stirbt nie“ im Operettenhaus am Spielbudenplatz zwei weitere Stage-Produktionen Premiere: „Hamburg als Standort ist für uns von großer Bedeutung, und wir sind mit dem Geschäft zufrieden. Wir können bei den vier Musicals in der Hansestadt eine große Nachfrage verzeichnen“, sagte Sprecher Stephan Jaekel.
Stage Entertainment hat in Deutschland rund 1650 Mitarbeiter. Seit Herbst 2013 ist Uschi Neuss die Vorsitzende der Geschäftsführung.
Im Abendblatt-Interview im vergangenen Jahr hatte Neuss noch angekündigt, dass Stage auf der Suche nach einem attraktiven Standort für ein weiteres Musicaltheater ist. Doch diese Pläne dürften im Zuge der Sparmaßnahmen vorerst nicht mehr verfolgt werden.