Ottensen. Anwohner-Initiative bleibt kritisch, warnt vor einem „Hinterhof-Getto“. SPD und CDU begrüßen den Plan

Seit gut zwei Jahren gibt es in Ottensen einen Streit um eine geplante Innenhofbebauung am Hohenzollernring. Eine Anwohnerinitiative lehnt dort Investorenpläne als zu hoch und zu viel ab und fordert stattdessen „moderaten Wohnungsbau zu bezahlbaren Preisen“. Doch jetzt bekommt der argumentativ teils heftig geführte Disput eine völlig neue Wendung: Der Innenhof soll nach einem Vorschlag der Altonaer SPD zu einer Flüchtlingsunterkunft ausgebaut werden.

Im Gesprächen sind Wohnungen für bis zu 600 Flüchtlinge

Im Gespräch sind etwa 120 Einheiten, die nach der üblichen Faustformel dann mit bis zu 600 Menschen belegt werden könnten. Investoren und Grundeigentümer würden den Plan ebenfalls unterstützen, hieß es bei den Sozialdemokraten. „Wenn eine Integration gelingen kann, dann hier in Ottensen“, sagt der örtliche SPD-Distriktsvorsitzende Mithat Capar.

Tatsächlich gibt es in dem beliebten Szene-Stadtteil, einer Hochburg von Grünen- und Linkenwählern, bisher aber kaum Flüchtlingsunterkünfte. Das würde sich nun ändern. Zumal eine weitere Fläche neben dem Bauwagenplatz an der Gaußstraße in Ottensen den Vorschlägen zufolge ebenfalls mit einer Folgeunterkunft mit etwa 120 Flüchtlingswohnungen bebaut werden soll. Beide Standorte würden zusammen mit einem dritten Areal am UCI-Kino in Othmarschen nach Vorstellung der SPD dazu dienen, eine in Rissen geplante Flüchtlings-Großsiedlung kleiner bauen zu können.

Hintergrund ist die Forderung des Senats an jeden der sieben Hamburger Bezirke, jeweils Flächen für rund 800 spezielle Flüchtlingswohnungen bereit zu stellen. Diese „Expressbauten“ sollen bereits Ende des Jahres fertig sein und nach 15 Jahren in normale Sozialwohnungen umgewandelt werden. Bisher hatte der Bezirk Altona lediglich eine Fläche in Rissen genannt, wo dann bis zu 4000 Flüchtlinge einziehen würden.

Wie überall in Stadtteilen, wo solche Großsiedlungen derzeit geplant sind, hat sich aber auch in Rissen eine Bürgerinitiative gebildet, die vor „Gettos“ warnt. Aber auch bei der Planung für kleinere Einheiten, wie etwa an der Sophienterrasse in Harvestehude, hatten Anwohner eine Verkleinerung der geplanten Unterkünfte gefordert. Flüchtlinge ja, aber nicht so viele – so lautet überall der Tenor des Protests.

Ganz ähnlich argumentiert nun auch die Ottenser Anwohner-Initiative: Vor einem „Getto im Hinterhof“ warnt einer der Sprecher, Detlef Brunkhorst. Die Initiative stehe dem Bau von Flüchtlings-Wohnungen „grundsätzlich positiv“ gegenüber. Aber es müsse dort eine Durchmischung von verschiedenen Wohnungen geben, damit Inte­gration funktionieren könne. Zudem lehne die Initiative weiter den aktuell geplanten Umfang ab. Tatsächlich sah ein ursprünglicher Vorschlag der Bezirkspolitik einmal vor, dort lediglich rund 70 Wohnungen zu bauen – und nicht 120.

Die CDU in der Bezirksversammlung sieht daher noch Klärungsbedarf, wie ihr Vorsitzender Uwe Szczesny sagt. „Das wird wohl auf einem Kompromiss hinauslaufen müssen“, so der CDU-Politiker. Grundsätzlich aber begrüßte auch die CDU die Pläne für Flüchtlingsunterkünfte in Ottensen. Es sei ja auch eine Art „Testfall“, wie weit die Integrationsfähigkeit in Ottensen tatsächlich reiche, sagt der CDU-Politiker

Anders argumentiert die Linkspartei in Altona, die sich weitgehend den Argumenten der Anwohnerinitiative anschließt. Das Flüchtlingsthema werde hier benutzt, um durch die „Hintertür“ doch die massive Bebauung des Innenhofs durchzusetzen, kritisiert Linken-Fraktionschef Robert Jarowoy.

Bei der Grünen-Bezirksfraktion in Altona ist indes die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen, man müsse noch über die konkreten Bedingungen reden, hieß es.

Am kommenden Donnerstag berät die Bezirksversammlung Altona

Voraussichtlich am kommenden Donnerstag wird die Bezirksversammlung Altona über die drei Zusatz-Areale debattieren, die einen Teil der Rissener Pläne kompensieren sollen. An allen drei Ersatz-Standorten könnten relativ zügig Flüchtlingsunterkünfte gebaut werden, heißt es aus Politikerkreisen. Zwar sind alle drei bisher als Gewerbegebiet ausgewiesen, ein langwieriges Bebauungsplanverfahren für eine andere Nutzung wäre dennoch nicht notwendig. So hatte der Bund angesichts der Flüchtlingskrise erst kürzlich das Baugesetzbuch geändert. Flüchtlings-unterkünfte können seitdem auch in Gewerbegebieten gebaut werden – was vorher nicht genehmigungsfähig war.