St. Pauli. Erste Erfolge sind spürbar. Der Druck auf Mongols und Hells Angels bleibt bestehen. Es soll weitere Razzien geben
„Wir werden einen langen Atem haben und für Ruhe sorgen“, sagt Mirko Streiber, Leiter der Sonderkommission „Rocker“, die nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der Hells Angels und der Mongols eingesetzt wurde. Die Erfolge sind bereits spürbar. Fünf den Hells Angels oder ihrem Umfeld zuzurechnende Rocker sitzen in Untersuchungshaft, darunter Dariusch F., 35, einer der führenden Köpfe des Hells Angels Charters „Southport“.
An Gewalttaten beteiligte Rocker einsperren oder es für Angehörige der verfeindeten Gruppen zum unkalkulierbaren Risiko machen, bewaffnet unterwegs zu sein – das sind Ziele der Polizei. Mittlerweile finden die Beamten keine Waffen mehr, wenn sie Wohnungen, Autos oder Treffpunkte der Rocker durchsuchen. Selbst beim jüngsten Einsatz, einem der größten im Bereich Organisierte Kriminalität der Hamburger Polizei in den vergangenen Jahren, wurde nicht eine scharfe Schusswaffe gefunden, obwohl man 20 Objekte durchsucht hatte. Am Ziel sieht Streiber die Soko dennoch nicht. „Das Problem ist, dass Personen in dieser Szene oft eine niedrige Schwelle zur Gewalt haben.“ Deshalb müsse man den Druck weiter aufrechterhalten. „Wir werden auch in Zukunft Überprüfungen und Durchsuchungen durchführen“, kündigt der Soko-Chef an.
Die zeigen offenbar Wirkung. Aus dem Bereich Hells Angels kamen bereits Signale, dass man dort „wenig erfreut“ über die Maßnahmen der Polizei sei und sie als „geschäftsschädigend“ empfindet. Die direkte Konfrontation mit der Polizei gibt es dennoch nicht. „Wir hatten bislang keine Widerstände bei unseren Maßnahmen“, so Streiber.
Die Mongols machen es dabei den „Höllenengeln“ leicht. Der Rockerclub, der sich um den mittlerweile in Haft sitzenden Ex-Präsidenten Erkan U. scharte, steht offenbar kurz vor der Auflösung. „Die Mongols scheinen in einer Art Findungsphase zu sein“, sagt Streiber. „Zerfallprozesse“ seien zu beobachten. Ohnehin waren die Mongols nicht das, was man einen Rockerclub nennen mag. „Viele haben kein Motorrad oder nicht mal einen entsprechenden Führerschein“, weiß er.
Richtig Fuß im Rotlichtmilieu fassten nur einige Mongols. Selbst der Versuch, ein Clubheim in einem ehemaligen Schweinestall vor den Toren Hamburgs zu etablieren, scheiterte. Einfluss auf das Rotlichtmilieu rund um die Reeperbahn ist nach Erkenntnissen der Ermittler nicht vorhanden. Mittlerweile werden die Mongols innerhalb der Polizei als ein Club gesehen, der 2014 nur gegründet worden sein könnte, damit der Ex-Präsident Erkan U. wieder eine Möglichkeit hatte, zurück auf den Kiez zu kommen. Dort war er mal als eine Art Wirtschafter in einem Bordell tätig gewesen. Erkan U. konnte kürzlich nur aus dem Verkehr gezogen werden, weil er gegen Bewährungsauflagen verstieß, die aus einer Strafe resultieren, die er vor rund zehn Jahren begangen hatte. Damals war er zusammen mit Prostituierten an Betrügereien zum Nachteil von Freiern beteiligt gewesen. Dass Erkan U. nach Ansicht der Sicherheitsbehörden dringend von der Straße genommen werden musste, hing auch mit seiner „kurzen Lunte“ zusammen, wie es ein Beamter ausdrückt. Damit meinte er eine niedrige Reizschwelle in Kombination mit einem begrenzten Bewusstsein für die Folgen einer Tat.
Der nach Polizeierkenntnissen dazukommende Kokainkonsum und der Hang zu Schusswaffen bei Erkan U. habe die Einschätzung verstärkt. Unklar ist der Soko, die mit 56 Beamten mit Hochdruck in der Rockerszene ermittelt, was die Hells Angels überhaupt veranlasste auf die Mongols loszugehen. „Höllenengel“ hatten nahe der Reeperbahn auf ein Taxi geschossen, in das drei Mongols geflüchtet waren. Dabei wurden zwei der Rocker verletzt. Später wurde ein Mongol in einen Hinterhalt gelockt und mit Messern schwer verletzt. Eigentlich waren die Mongols für die Hells Angels keine Konkurrenz. Vielmehr wird vermutet, dass es noch persönliche Differenzen zwischen Mitgliedern der verfeindeten Rockerclubs gab. Bestätigt wurde diese These bislang nicht. Denn die Rocker halten sich an eine eiserne Regel: keine Aussagen bei der Polizei.