Neustadt. Zwei Jahre und vier Monate Haft für 57-Jährigen. Richterin nennt Videos auf dem Computer des Beamten „schlimmsten Missbrauch“.
Nein, er will unter keinen Umständen erkannt und gefilmt werden. Lieber stülpt sich der Mann auf dem Weg zum Gerichtssaal eine dunkle Mappe über den Kopf, wie eine steife, schwarze Kapuze. Der Polizist und die Kinderpornos – bis zuletzt behauptete der Mann, dass er mit den widerlichen Bildern und Videos, die den grausamen sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen und in Massen auf seinem Computer gefunden wurden, rein gar nichts zu tun habe. Doch nach einem monatelangen Prozess steht für das Schöffengericht fest, dass Armin F. (Name geändert) selbst und niemand anderer es war, der die Filme mit den Qualen der Kinder konsumiert hat.
Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und vier Monate Haft gefordert
Am Dienstag wurde gegen den 57 Jahre alten Hamburger Polizeibeamten unter anderem wegen Verbreitens kinderpornografischer Schriften eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängt. Bei den Filmen handele es sich teilweise um solche „mit dem schlimmsten Missbrauch, zum Teil auch von Kleinstkindern“, betont die Richterin. „Und Sie tun den Kindern damit weh, dass Sie die Nachfrage anheizen. Sie sind massiv daran beteiligt, den Markt am Leben zu halten.“
Wird dieses Urteil rechtskräftig, bedeutet das für den Angeklagten, dass er aus dem Polizeidienst entfernt würde und wohl auch seine Pensionsansprüche verliert. „Sie werden möglicherweise zum Sozialfall“, sagt die Richterin. Was Armin F. angesichts dieser Zukunftsaussichten empfindet, hält er hinter einem bis zur Ausdruckslosigkeit erstarrten Gesicht verborgen. Nur die verkrampften Hände lassen die Anspannung erahnen, unter der der Hamburger steht. Die Staatsanwaltschaft hatte für Armin F. drei Jahre und vier Monate Haft gefordert, die Verteidigung auf Freispruch plädiert.
Der Angeklagte hat Filme heruntergeladen und auch angeboten
Dem Angeklagten wurde unter anderem vorgeworfen, zwischen 2009 und 2013 an mehr als 100 Tagen über eine Internet-Tauschbörse Videos mit Kinderpornografie heruntergeladen und auch anderen Nutzern zur Verfügung gestellt zu haben. Armin F. hatte über seinen Verteidiger angegeben, dass er „zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Form Videos hoch- oder runtergeladen“ habe. Er sei ja Polizeibeamter, und „verabscheue als solcher Kinderpornografie per se“. Er sei aber seit seiner Jugend homosexuell veranlagt und habe regelmäßig auch Kontakt zu Strichern gehabt, die teilweise in seiner Wohnung ein- und ausgegangen seien. Es müsste wohl jemand dieser flüchtigen Bekannten gewesen sein, der die Filme heruntergeladen habe, und zwar ohne sein Wissen.
Doch nach Überzeugung des Gerichts will der Angeklagte damit nur seine eigenen Taten vertuschen. Ein Geständnis wäre bei dieser Beweislage besser gewesen. „Das waren Sie. Alles andere ist lebensfremd.“ Ein Sachverständiger hatte nach Auswertung der Rechner von Armin F. festgestellt, dass von dem Computer aus immer wieder gezielt mit eindeutigen Begriffen nach Hardcore-Kinderpornografie gesucht wurde, auch auf einer Tauschbörse. Ein Download müsse aktiv gestartet werden, erläuterte der Experte. „Man bekommt nur das, was man will.“ Zudem wisse jeder Besucher dieser Tauschbörse, dass er gleichzeitig auch selber Dateien zur Verfügung stellen müsse. „Alle Tauschbörsen zeigen das an.“
Für seine Filme wurden mehr als 5000 Kinder missbraucht
Während solche Programme zum Herunterladen der Videos liefen, hatte der Angeklagte laut Analyse des Sachverständigen zeitweise gleichzeitig unter seinem Namen am selben Rechner unter anderem Mails geschrieben und Onlinebanking gemacht. Bei den ausgewerteten rund 6000 kinderpornografischen Bildern und Videos auf dem Computer des Polizisten handelt es sich nach Aussage des Gutachters nur „um die Spitze des Eisbergs“.
Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer die Einlassung von Armin F., andere hätten die Taten begangen, als „aus der Luft gegriffene Verdächtigungen“ und den „verzweifelten Kampf gegen Windmühlen à la Don Quijote“ bezeichnet. Dass der Angeklagte nichts davon gewusst haben will, dass fast 50 Stunden Videos mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Rechner waren, sei „ausgeschlossen und geradezu absurd“. Bei den Bildern und Videos müsse man zudem immer bedenken, dass es sich „um reale Missbrauchsfälle handelt. Es sind mehr als 5000 Kinder, die dafür missbraucht worden sind.“ Es handele sich, so die Anklägerin, bei der Herstellung von Kinderpornografie um eine „gnadenlose Produktion“ und „sexuelle Ausbeutung. Jeder, der das bezieht, macht sich mitschuldig.“