Hamburg. Das Haushaltsjahr 2015 verlief für Finanzsenator Peter Tschentscher eher ernüchternd. Er hofft auf eine schwarze Null und will von 2017 an dauerhaft tilgen

Der rot-grüne Senat hält trotz der enormen Herausforderungen durch den Flüchtlingszustrom an seinem Ziel fest, von 2017 an dauerhaft keine neuen Schulden mehr zu machen. Stattdessen soll von dem Jahr an damit begonnen werden, den riesigen Schuldenberg der Stadt in Höhe von rund 24 Milliarden Euro abzutragen. Das geht aus der Finanzplanung bis 2019 hervor, die der Senat jetzt beschlossen hat und die dem Abendblatt vorliegt. Demzufolge könnte die Schuldentilgung 2017 mit 41 Millionen Euro beginnen, 2018 bei 156 Millionen und 2019 schon bei 346 Millionen Euro liegen.

Gleichzeitig plant der Senat aber, die Ausgaben gegenüber der bisherigen Planung deutlich anzuheben. So will er die Investitionen um rund 150 Millionen Euro pro Jahr anheben auf dann deutlich über 800 Millionen Euro jährlich. Investiert werden soll das Geld „insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Wohnungsbau und Digitalisierung der Verwaltung“, heißt es in dem Papier. Wie berichtet, will der Senat zum Beispiel das bisherige Programm, das den Neubau von 6000 Wohnungen pro Jahr vorsieht, noch einmal erheblich ausweiten. Außerdem sind diverse große Infrastrukturprojekte in Planung, etwa der A 7-Deckel und der Bau neuer U- und S-Bahnlinien.

Die Möglichkeit, mehr Geld auszugeben, hatte die rot-grüne Regierungsmehrheit in der Bürgerschaft erst im Dezember geschaffen – mit einer Änderung des Finanzrahmengesetzes. Es schreibt für jedes Jahr bis 2020 Ausgabeobergrenzen vor. Diese wurden für die Jahre 2016 bis 2020 um rund 400 bis 500 Millionen Euro pro Jahr angehoben – insgesamt 2,3 Milliarden für fünf Jahre. Die neue Finanzplanung berücksichtigt diesen größeren Spielraum bereits und schöpft ihn weitgehend aus – mit Ausnahme des Jahres 2016, für das bereits ein beschlossener Haushalt vorliegt. Wie viel Geld die Stadt tatsächlich ausgeben darf und wofür, wird aber erst mit dem nächsten Doppelhaushalt 2017/2018 konkretisiert.

Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) sagte auf Abendblatt-Anfrage, der Senat halte mit der neuen Finanzplanung „an seinen bewährten Grundlinien der Haushaltspolitik fest“. So wurden die Ergebnisse der Steuerschätzung für die Jahre 2017 bis 2019 wie in den Vorjahren um „Vorsichtsabschläge“ von zusammen mehr als einer Milliarde Euro nach unten korrigiert – also ein Sicherheitspuffer geschaffen. Tschentscher: „Auch mit dieser Planung hält Hamburg die Schuldenbremse bereits 2017 ein und kann ab 2018 Altschulden in nennenswerter Höhe tilgen.“ Die gesetzliche Schuldenbremse gilt ab 2020, in Hamburg haben SPD, Grüne und FDP gemeinsam beschlosen, schon ab 2019 ohne neue Kredite auszukommen. Diese Vorgabe hat der Senat bislang und mit der neuen Planung übererfüllt.

Bereits 2014 hatte die Stadt erstmals seit Jahrzehnten einen Überschuss von rund 420 Millionen Euro erzielt und mit diesem Geld im Wesentlichen Altschulden getilgt. Das entsprang jedoch nicht der Finanzplanung, sondern vor allem den überraschend hohen Steuereinnahmen, die 2014 nah an die Zehn-Milliarden-Euro-Marke heranreichten. Eigentlich war eine Kreditaufnahme in Höhe von 300 Millionen Euro geplant, die jedoch nicht gebraucht wurde.

„Das Haushaltsergebnis 2015 wird auf keinen Fall so positiv ausfallen wie im Vorjahr“, sagte Finanzsenator Tschentscher. „Insgesamt gehen wir aber weiterhin davon aus, dass der Haushalt 2015 tatsächlich besser abschließen wird als in der Planung, die für 2015 noch eine Nettokreditaufnahme von rund 230 Millionen Euro vorgesehen hat.“ Ob am Ende eine „schwarze Null“ steht, der Etat also ohne neue Schulden ausgeglichen werden kann, wisse man aber erst, wenn alle Buchungen für das Jahr 2015 abgeschlossen sind.

Dass 2015 nicht an das Rekordjahr 2014 heranreichen wird, hat vor allem drei Gründe: Erstens die hohen Kosten für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen. Nachdem diese schon 2014 bei rund 300 Millionen Euro gelegen hatten, waren sie im Laufe des Jahres 2015 noch zwei Mal auf insgesamt rund 600 Millionen Millionen Euro erhöht worden. Mit diesem Geld werde man „voraussichtlich“ auskommen, so die Finanzbehörde.

Zweitens hätten die Behörden „in größerem Umfang“ Geld ausgegeben, das in früheren Jahren bewilligt worden war – die sogenannten „Reste“. Ein prominentes Beispiel sind Bauprojekte wie die Elbphilharmonie, bei denen die Mittel nach Baufortschritt ausgezahlt werden – der muss sich jedoch nicht an die Veranschlagung im Etat halten.

Drittens gab es einen Sondereffekt bei den Gewerbesteuereinnahmen. Die waren im Dezember sogar „negativ“, die Stadt musste also mehr Geld zurückzahlen als sie eingenommen hat. Grund sind laut Finanzbehörde „einzelne, nicht erwartete hohe Erstattungsfälle“. Gegenüber der Schätzung, die Gewerbesteuereinnahmen von gut 1,7 Milliarden Euro für das Gesamtjahr vorausgesagt hatte, fehlen daher mehr als 100 Millionen Euro.