Hamburg. Mit durchschnittlich 8,4 Grad liegt der Monat auf April-Niveau. Der Klimawandel ist mit voller Kraft in Hamburg angekommen.

Vor den Cafés saßen die Menschen unter funkelnder Festbeleuchtung, für Glühwein war es eigentlich nie kalt genug, und der Weihnachtsbummel um die Alster glich eher einem Frühlingsspaziergang – mit einem normalen Wintermonat hatte dieser Dezember wirklich wenig zu tun.

Tatsächlich sind die Temperaturen der vergangenen vier Wochen für Frank Böttcher vom Institut für Wetter- und Klimakommunikation in Tonndorf der endgültige Beweis dafür, dass der Klimawandel in Hamburg angekommen ist. Und zwar nicht schleichend, sondern mit voller Kraft. „Acht Temperaturrekorde zwischen dem 17. und dem 27. Dezember: Deutlicher kann das Signal kaum ausfallen“, sagt er. Zwischen 10,2 und 13 Grad lagen die Tagesmitteltemperaturen an den Rekordtagen in Fuhlsbüttel. „In einem stabilen Klimasystem läge die Wahrscheinlichkeit dafür, dass es in nur elf Tagen gleich acht Temperaturrekorde gibt, bei unter eins zu 10.000 Jahren.“

Die Blumen des Jahres seit 1980

2016: Die gelben Blüten der Wiesen-Schlüsselblume gelten als Frühlingsboten
2016: Die gelben Blüten der Wiesen-Schlüsselblume gelten als Frühlingsboten © dpa | Axel Jahn
Moorlilie ist «Blume des Jahres 2011»
2011: Die Moorlilie ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 10 bis 30 Zentimeter erreicht © dpa
2009: Auch die Wegwarte gehörte früher zu unserer Dorfflora und bevorzugt warme, sonnige, trockene Lehmböden
2009: Auch die Wegwarte gehörte früher zu unserer Dorfflora und bevorzugt warme, sonnige, trockene Lehmböden © picture alliance
2008: Die Nickende Distel gehört zur Dorfflora, sie besiedelt Wegränder, Böschungen, Weiden und zum Beispiel beweidete Deiche
2008: Die Nickende Distel gehört zur Dorfflora, sie besiedelt Wegränder, Böschungen, Weiden und zum Beispiel beweidete Deiche © picture alliance
2007: Die Bach-Nelkenwurz. Ihrer Wurzel werden gute Heileigenschaften zugeschrieben
2007: Die Bach-Nelkenwurz. Ihrer Wurzel werden gute Heileigenschaften zugeschrieben © PA
2006: Frische bis feuchte, nährstoffreiche Wiesen, Weiden und Rasenflächen sind Lebensraum des Wiesenschaumkrauts
2006: Frische bis feuchte, nährstoffreiche Wiesen, Weiden und Rasenflächen sind Lebensraum des Wiesenschaumkrauts © picture alliance
2005: Der Große Klappertopf ist eine Charakterart der wechselfeuchten Wiesen
2005: Der Große Klappertopf ist eine Charakterart der wechselfeuchten Wiesen © picture alliance
2004: Unsere Alpen sind die Heimat des Alpenglöckchens, das auf sickerfeuchten, kühlen, basenreichen Bergmatten zu Hause ist
2004: Unsere Alpen sind die Heimat des Alpenglöckchens, das auf sickerfeuchten, kühlen, basenreichen Bergmatten zu Hause ist © picture alliance
2003: Eine blühende Kornrade ist ein Ackerwildkraut, das dank moderner Ackerbautechnik in Mitteleuropa kaum noch zu finden ist
2003: Eine blühende Kornrade ist ein Ackerwildkraut, das dank moderner Ackerbautechnik in Mitteleuropa kaum noch zu finden ist © dpa | cr gr
2002: Das Hainveilchen kommt in mageren Rasen und an Waldsäumen vor
2002: Das Hainveilchen kommt in mageren Rasen und an Waldsäumen vor © picture alliance
2001: Als beliebte Gartenpflanze verwildert der Blutrote Storchschnabel immer wieder, die Vorkommen sind dann meist unbeständig
2001: Als beliebte Gartenpflanze verwildert der Blutrote Storchschnabel immer wieder, die Vorkommen sind dann meist unbeständig © picture alliance
2000: Der Purpurblaue Steinsame kommt an Waldsäumen, Niederwäldern und Hecken vor
2000: Der Purpurblaue Steinsame kommt an Waldsäumen, Niederwäldern und Hecken vor © picture alliance
1999: Feuchte Wiesen und Weiden, die Ufer der Gewässer und Röhrichte sind die Lebensräume der Sumpfdotterblume, die einst in unseren Wiesen weit verbreitet war und infolge der Intensivierung oder Nutzungsaufgabe inzwischen bedroht ist
1999: Feuchte Wiesen und Weiden, die Ufer der Gewässer und Röhrichte sind die Lebensräume der Sumpfdotterblume, die einst in unseren Wiesen weit verbreitet war und infolge der Intensivierung oder Nutzungsaufgabe inzwischen bedroht ist © picture alliance
1998: In den Flachwasserzonen der Gewässer in Norddeutschland findet sich eine inzwischen seltene Schwimmblattgesellschaft, zu der auch die Krebsschere gehört. Die Pflanze reagiert empfindlich auf landwirtschaftliche Einträge und Gewässerunterhaltung
1998: In den Flachwasserzonen der Gewässer in Norddeutschland findet sich eine inzwischen seltene Schwimmblattgesellschaft, zu der auch die Krebsschere gehört. Die Pflanze reagiert empfindlich auf landwirtschaftliche Einträge und Gewässerunterhaltung © picture alliance
1997: Die Silberdistel kommt auf kalkhaltigen Weiden vor, ist aber nur in ihrer Verbreitung auf die Alpen und die Mittelgebirge beschränkt. Gefährdet ist sie, ebenso wie die Küchenschelle, durch Nutzungsaufgabe oder -intensivierung
1997: Die Silberdistel kommt auf kalkhaltigen Weiden vor, ist aber nur in ihrer Verbreitung auf die Alpen und die Mittelgebirge beschränkt. Gefährdet ist sie, ebenso wie die Küchenschelle, durch Nutzungsaufgabe oder -intensivierung © picture alliance
1996: Auf kalkhaltigen, eher trockenen Böden wächst die Echte Kuh- oder Küchenschelle, wenn sie extensiv beweidet oder auf andere Art offengehalten werden. Besonders in Norddeutschland ist die Art sehr selten geworden
1996: Auf kalkhaltigen, eher trockenen Böden wächst die Echte Kuh- oder Küchenschelle, wenn sie extensiv beweidet oder auf andere Art offengehalten werden. Besonders in Norddeutschland ist die Art sehr selten geworden © picture alliance
1995: Die Trollblume lebt in feuchten Wiesen, wenn diese etwas quellig sind und mineralhaltiges Grundwasser austritt. Auf einer bereits 1979 gekauften Wiese der Stiftung im Westerwald gibt es noch immer ein großes Vorkommen
1995: Die Trollblume lebt in feuchten Wiesen, wenn diese etwas quellig sind und mineralhaltiges Grundwasser austritt. Auf einer bereits 1979 gekauften Wiese der Stiftung im Westerwald gibt es noch immer ein großes Vorkommen
1994: Das Breitblättrige Knabenkraut, das vor allem in feuchten Wiesen vorkommt, wo die geschützte Pflanze, wie alle Orchideen, in Symbiose mit einem Pilz lebt
1994: Das Breitblättrige Knabenkraut, das vor allem in feuchten Wiesen vorkommt, wo die geschützte Pflanze, wie alle Orchideen, in Symbiose mit einem Pilz lebt
1993: Feuchte, ein- bis zweischürige Wiesen sind der Lebensraum der Schachblume, gelegentliche Überschwemmungen ihrer Lebensräume verträgt sie gut. Sie ist sehr selten und hat im Hamburger Raum ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland
1993: Feuchte, ein- bis zweischürige Wiesen sind der Lebensraum der Schachblume, gelegentliche Überschwemmungen ihrer Lebensräume verträgt sie gut. Sie ist sehr selten und hat im Hamburger Raum ihren Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland © picture alliance / Stephan Persc
1992:  Der Rundblättrige Sonnentau ist ein Bewohner der Hochmoore. Den chronischen Stickstoffmangel dieser Gebiete vermeidet er, indem er mit seinen klebrigen Tentakeln Insekten fängt und aus ihnen seine Nährsalze gewinnt
1992: Der Rundblättrige Sonnentau ist ein Bewohner der Hochmoore. Den chronischen Stickstoffmangel dieser Gebiete vermeidet er, indem er mit seinen klebrigen Tentakeln Insekten fängt und aus ihnen seine Nährsalze gewinnt © picture alliance
1991: Saure und nasse Hochmoore sind der Lebensraum der Rosmarinheide. Solche Moorgebiete brauchen lange Zeiträume zu ihrer Entstehung und wurden fast überall in Deutschland durch Torfabbau und Entwässerung zerstört
1991: Saure und nasse Hochmoore sind der Lebensraum der Rosmarinheide. Solche Moorgebiete brauchen lange Zeiträume zu ihrer Entstehung und wurden fast überall in Deutschland durch Torfabbau und Entwässerung zerstört © picture alliance
1989: Beweidete Trockenrasen auf Kalk sind die Heimat der Karthäuser-Nelke. Wenn die Beweidung nicht mehr wirtschaftlich ist und unterbleibt oder eine Intensivierung der Nutzung mit Düngung und Mahd erfolgt, verschwindet auch die Blume
1989: Beweidete Trockenrasen auf Kalk sind die Heimat der Karthäuser-Nelke. Wenn die Beweidung nicht mehr wirtschaftlich ist und unterbleibt oder eine Intensivierung der Nutzung mit Düngung und Mahd erfolgt, verschwindet auch die Blume © picture alliance
1987: An den Sandstränden und in Dünen von Nord- und Ostsee war früher die Stranddistel häufig zu finden. Ihre massenhafte Nutzung als Trockenblume sowie der Tourismus führten zu einem starken Rückgang der schönen Pflanzen
1987: An den Sandstränden und in Dünen von Nord- und Ostsee war früher die Stranddistel häufig zu finden. Ihre massenhafte Nutzung als Trockenblume sowie der Tourismus führten zu einem starken Rückgang der schönen Pflanzen © picture alliance
1986: Die einst verbreitete Heilpflanze Arnika ist besonders in Norddeutschland selten geworden. Sie bewohnt saure Wiesen und Heiden. Größere Vorkommen gibt es noch in den Mittelgebirgen und den Alpen auf Bergwiese
1986: Die einst verbreitete Heilpflanze Arnika ist besonders in Norddeutschland selten geworden. Sie bewohnt saure Wiesen und Heiden. Größere Vorkommen gibt es noch in den Mittelgebirgen und den Alpen auf Bergwiese © pa | Picture-Alliance/Klett GmbH
1985: Die Wald-Akelei wächst in lockeren Eichen- und Buchenmischwäldern auf Kalkboden, an Säumen und auf Waldlichtungen. In Norddeutschland ist sie sehr selten
1985: Die Wald-Akelei wächst in lockeren Eichen- und Buchenmischwäldern auf Kalkboden, an Säumen und auf Waldlichtungen. In Norddeutschland ist sie sehr selten © picture alliance
1984: Vor ca. 6.000 Jahren kam das Sommer-Adonisröschen mit den ersten Ackerbauern nach Deutschland. Noch immer kommt es vor allem in Äckern vor und ist unter anderem durch den Einsatz von Herbiziden stark gefährdet
1984: Vor ca. 6.000 Jahren kam das Sommer-Adonisröschen mit den ersten Ackerbauern nach Deutschland. Noch immer kommt es vor allem in Äckern vor und ist unter anderem durch den Einsatz von Herbiziden stark gefährdet © picture alliance
1983: Die Wild- oder Waldtulpe ist schon so lange bei uns heimisch, dass niemand mehr weiß, wie sie zu uns gelangt ist. Sie gilt als wärmeliebend und kommt in Weinbergen und Äckern vor, aber auch an Deichen und Böschungen
1983: Die Wild- oder Waldtulpe ist schon so lange bei uns heimisch, dass niemand mehr weiß, wie sie zu uns gelangt ist. Sie gilt als wärmeliebend und kommt in Weinbergen und Äckern vor, aber auch an Deichen und Böschungen © picture alliance
1982: Die erste Orchidee unter den Blumen des Jahres kommt nur in kalkreichen, alten Wäldern in Süd- und Ostdeutschland vor und ist auch dort überall selten
1982: Die erste Orchidee unter den Blumen des Jahres kommt nur in kalkreichen, alten Wäldern in Süd- und Ostdeutschland vor und ist auch dort überall selten © picture alliance
1981: Die Gelbe Narzisse kommt in Deutschland nur in der Eifel und im Hunsrück vor. Eine Narzissenwiese in der Eifel war die erste Fläche, die die Stiftung erwarb. Noch heute wird dort ein Narzissenfest gefeiert
1981: Die Gelbe Narzisse kommt in Deutschland nur in der Eifel und im Hunsrück vor. Eine Narzissenwiese in der Eifel war die erste Fläche, die die Stiftung erwarb. Noch heute wird dort ein Narzissenfest gefeiert © picture alliance
1980: Der Lungenenzian kommt in Mooren und auf mageren Wiesen vor. Loki Schmidt wählte ihn zur ersten Blume des Jahres, weil sein Rückgang sie dazu brachte, sich dem Naturschutz als ihrem Lebensthema zu widmen
1980: Der Lungenenzian kommt in Mooren und auf mageren Wiesen vor. Loki Schmidt wählte ihn zur ersten Blume des Jahres, weil sein Rückgang sie dazu brachte, sich dem Naturschutz als ihrem Lebensthema zu widmen © picture alliance
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Generell lag der Dezember in Hamburg mit 8,4 Grad auf April-Niveau und damit rund 6,5 Grad über den für Dezember üblichen Werten. Ähnliche Differenzen gab es in der Hansestadt nur in den Dezembermonaten 2006 (+4,8 Grad) und 1974 (+4,1 Grad). Bundesweit lagen die Temperaturen in diesem Dezember um 5,7 Grad höher als die üblichen Mittelwerte und damit höher als alle Werte, die in diesem Monat zuvor gemessen wurden. Die höchsten Anomalien gab es bislang im Februar 1990 und im Januar 2007 mit je + 5,3 Grad und im Juli 2006 mit + 5,1 Grad. „Der Dezember 2015 ist also der Monat mit der bisher höchsten positiven Abweichung überhaupt“, sagt Böttcher. Nicht nur der Dezember, das ganze Jahr 2015 fiel bundesweit zu warm aus. Im Mittel lag die Temperatur etwa 1,8 Grad über den Normalwerten. Damit wurde direkt nach dem Rekordjahr 2014 nun das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1861 in Deutschland registriert.

Wärmste Jahr in Hamburg seit 60 Jahren

In Hamburg war das Jahr 2014 jedoch „nur“ das wärmste seit 60 Jahren. Den Zahlen und Prognosen des Deutschen Wetterdiensts (DWD) zufolge ist die Jahresdurchschnittstemperatur in der Hansestadt allein in den Jahren 1971 bis 2000 um gut ein Grad angestiegen. Der Höhepunkt ist damit allerdings noch längst nicht erreicht: Dem DWD zufolge könnte die Durchschnittstemperatur in Hamburg bis 2050 um weitere 1,2 Grad steigen.

Schneeballschlachten und Schlittschuhlaufen auf der zugefrorenen Alster dürften damit noch seltener werden – und für viele eine fröhliche Erinnerung aus Kindertagen bleiben. So wie für Mojib Latif, Ozeanograf der Universität Kiel. Während seiner Kindheit sei es in Hamburg im Winter fast immer kalt gewesen, sagt er. „Es gab viel Schnee und Eis.“ Damals, in den 1950er- und 1960er-Jahren, hätten sich auf der Elbe oft dicke Eisschollen gebildet, und Hafenbecken seien zugefroren. „Wenn das heute geschieht, wundern sich die Leute, und es gibt eine Sondersendung im NDR“, sagt Latif. Seit drei Jahrzehnten beschäftigt er sich als Forscher mit dem Klima; er kann Indizien mit wissenschaftlichen Daten abgleichen. Und das macht den Professor sicher: „Dass die Erwärmung auch in Norddeutschland zunimmt, ist nicht nur eine gefühlte Entwicklung – es ist mit Messungen eindeutig belegt. Der Klimawandel ist bei uns angekommen.“

Den extremen Temperaturanstieg am Nordpol, wo die Temperaturen gerade mit 0 Grad mehr als 30 Grad höher liegen als sonst, hält der Klimaforscher jedoch für eine Ausnahme. „Das ist ein kurzfristiges Wetterphänomen“, sagte er. Man müsse sich aber darauf einstellen, dass solche Wetterphänomene in Zukunft häufiger auftreten.

Für Frank Böttcher beeinflusst neben der globalen Erderwärmung, die zu den derzeit milden Temperaturen über Westeuropa führe, auch das Klimaphänomen „El Niño“ unser Wetter. Das hat gerade über dem pazifischen Raum seinen Höhepunkt erreicht, wo es die zu dieser Jahreszeit übliche Temperatur des Ozeans um 2,8 Grad hat ansteigen lassen. „Dieser El Niño ist der stärkste, den wir je hatten“, so Böttcher. Eine Auswertung habe gezeigt, dass der Dezember bei sehr starken El-Niño-Ereignissen bei uns in 70 Prozent aller Fälle zu warm ausgefallen sei. Der Januar lasse der Statistik nach dann wieder etwas kältere, Februar und März voraussichtlich mildere Temperaturen erwarten.

Tatsächlich soll es gleich nach Silvester kalt werden. „Nachdem Orkantief ,Eckhart’ seine milden Luftmassen zum Nordpol geschoben hat, kommt die so verdrängte Arktiskälte nun zu uns“, so Böttcher. Zunächst gelange kalte Luft nach Osteuropa. Auf den Bergen Kretas dürfte es daher heute mit null Grad ebenso kalt sein wie am Nordpol. In Hamburg erwartet Böttcher im Verlauf des Sonnabends einen Temperaturabfall von +2 auf -3 Grad. Eisiger Ostwind bringe Tiefsttemperaturen um -7 Grad. Zwischen Montag und Mittwoch soll es schneien – mit der Option, den Rekord von Anfang 2015 (zwei Zentimeter) zu brechen.