Hamburg. Der 13 Monate alte Tayler starb an Hirnschäden – weitere Untersuchungen notwendig

Jan Haarmeyer

Aus der schlimmen Vermutung ist Gewissheit geworden: Die Obduktion des Leichnams im Rechtsmedizinischen Institut des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) hat ergeben, dass der kleine Tayler infolge „schwerster Hirnschäden“ verstorben ist. Es bestehe der „hochgradige Verdacht“, dass die Verletzungen auf ein Schütteltrauma zurückgehen, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Carsten Rinio. Das Ergebnis erhärte die Annahme, dass das Kind von seiner Mutter Jacqueline B., 22, oder deren Lebensgefährten Michael Q., 26, der nicht Vater des Kindes ist, heftig geschüttelt worden sei. Wie berichtet, war der zeitweise vom Jugendamt betreute 13 Monate alte Junge am 12. Dezember ins UKE eingeliefert worden. Eine Woche später erlag er seinen Verletzungen.

„Zur abschließenden Beurteilung sind weitere Untersuchungen erforderlich“, sagte Carsten Rinio. Ein Ergebnis liege frühestens in drei Wochen vor. Aus dem jetzt vorliegenden Befund zur Todes­ursache ließe sich noch nicht ableiten, wann der Junge misshandelt worden ist. Die möglichst exakte Bestimmung des Tatzeitpunkts ist für die Ermittler evident, weil sich so die Angaben der Verdächtigen überprüfen ließen, wer sich wann in der Wohnung aufgehalten hat.

Michael Q. und Jacqueline B. bestreiten, schuld am Tod des Kindes zu sein, belasten sich sogar gegenseitig. Zu weiteren Ermittlungsansätzen will sich die Staatsanwaltschaft aus taktischen Gründen nicht äußern. Gegen die Verdächtigen liegt bisher kein dringender Tatverdacht vor, sie befinden sich auf freiem Fuß. Mit seiner Urlaubsreise nach Spanien bis zum Jahreswechsel hat Michael Q. vor wenigen Tagen einen Sturm der Empörung in Hamburg ausgelöst.

Für die Sozialarbeiter, die mit der Familie aus Altona-Nord befasst sind, ging von Michael Q. jedoch keine Gefahr für den kleinen Tayler aus. Er galt in ihren Augen sogar eher als ein stabilisierender Faktor. „Der Lebensgefährte von Jacqueline B. ist unseren Mitarbeitern in keiner Weise negativ aufgefallen“, sagt Uwe Mann van Velzen, 59, Sprecher des Rauhen Hauses. Der freie Träger betreut die Familie seit dem 21. August dieses Jahres. Wochen zuvor hatte sich Tayler einen Schlüsselbeinbruch zugezogen. Daraufhin war der Junge das erste Mal im Institut für Rechtsmedizin des UKE untersucht worden. Es wurde aber keine Anzeige wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung gestellt. „Wir haben das Kind rechtsmedizinisch untersucht und entschieden, die Polizei nicht einzuschalten“, sagte Institutsdirektor Klaus Püschel der „Bild“-Zeitung.

Das Jugendamt Altona aber veranlasste nach dem Vorfall immerhin die Inobhutnahme des kleinen Tayler. Er kam in eine Pflegefamilie. Dies geschah im Einvernehmen mit der leiblichen Mutter Jacqueline B. – und deshalb auch ohne Mitwirkung des Familiengerichts. „Das Familiengericht ist im Fall des kleinen Tayler erst am 14. Dezember vom Jugendamt eingeschaltet worden“, sagt Kai Wantzen, stellvertretender Gerichtssprecher. Also zwei Tage, nachdem der Junge mit Verdacht auf Schütteltrauma erneut ins UKE kam.

Das Rauhe Haus begleitete Jacqueline B. immer mit zwei Pädagogen. Erst zwölf Stunden, dann noch acht Stunden die Woche. Sie sprachen mit der Mutter und beobachteten ihr Verhalten bei den Treffen mit Tayler in der Pflegefamilie. Und sie haben den kleinen Jungen, der einen großen Kopf hatte, deswegen zeitweise eine Art Helm trug und motorisch unsicher war, auch unbekleidet gesehen. „Es gab nie Anzeichen von Gewalt“, sagt Uwe Mann van Velzen. Die Mutter habe sich liebevoll gekümmert.

Deshalb begleiteten die Pädagogen die Rückführung von Tayler zur leiblichen Mutter, die das Jugendamt schließlich am 5. Oktober veranlasste. Jacqueline wurde weiter betreut. Am 11. Dezember entdeckte die Mitarbeiterin des Rauhen Hauses bei einem Hausbesuch blaue Flecken am Körper von Tayler. „Weil der Junge aber häufiger hingefallen ist, erschien ihr die Erklärung der Mutter absolut plausibel“, sagt Mann van Velzen.